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Inflation, Geldpolitik und Kreditkrise heizen den Märkten ein

Stehen wir vor einer längeren Phase höherer Inflation? (Bild: Shutterstock.com/Noska Photo)
Stehen wir vor einer längeren Phase höherer Inflation? (Bild: Shutterstock.com/Noska Photo)

Das Schreckgespenst Inflation beherrscht derzeit die Diskussion an den Märkten. Vor allem in den USA ist unklar, für welche Kombination aus höheren Zinsen und Bilanzverkürzung sich die Fed entscheiden wird. Und nicht zuletzt brodelt es in Fernost: In China droht eine riesige Kreditblase zu platzen – mit globalen Folgen, sagt Lucio Soso von Bellevue.

08.02.2022, 15:13 Uhr
Notenbanken

Redaktion: rem

Das Jahr 2022 hat mit hohen Inflationszahlen und einem gespannten Blick auf die Zentralbanken begonnen. Vor allem in den USA ist die Geldpolitik eines der beherrschenden Themen. Wie Lucio Soso, Lead Portfolio Manager des Bellevue Global Macro Fonds, vorrechnet, hat das Fed im Kampf gegen die Corona-Pandemie 4.5 Bio. USD in die Hand genommen – über eine Billion mehr als Ben Bernanke im Rahmen aller seiner QE-Programme. Seine Bilanz hat sich seit 2008 auf knapp 9 Bio. USD verzehnfacht, die Geldmenge ist innerhalb von nur zwei Jahren um 41% gestiegen. Beides sei inflationär.

Die Konsumentenpreisinflation ist im Dezember auf 7% gestiegen – ob es sich um eine vorübergehende Spitze oder den Beginn einer längeren Phase höherer Inflation handelt, hänge nicht zuletzt von den Massnahmen der Fed ab. Die kommenden sechs Monate dürfte die Teuerung uns aber zunächst erhalten bleiben. Denn aufgrund des Ende 2021 klar gestiegenen darunterliegenden Verbraucherpreisindex sollte die Inflationsrate, selbst wenn die Preise ab heute unverändert bleiben, per Ende Juni noch 5% betragen, aber wahrscheinlicher sich um die 6% bewegen, meint Soso.

Wie der Lead Portfolio Manager weiter ausführt, haben gleichzeitig die realen Zinssätze, die sich aus der Rendite der 10-jährigen Staatsanleihen abzüglich der Inflation ergeben, die Negativrekorde der 1970er Jahre übertroffen. Ein Renditeniveau des 10-jährigen US-Treasuries von 6% bis 8%, das es bräuchte, um die realen Renditen in den positiven Bereich zu bringen, sei derzeit nicht in Sicht. Nachhaltig sei diese Situation nicht – entweder müssten mittelfristig die Anleiherenditen steigen oder die Inflation müsse sinken. "Höchstwahrscheinlich werden wir eine Kombination aus beidem sehen", ist Soso überzeugt und fügt hinzu: "Zusammenfassend gehen wir davon aus, dass die Inflation in den USA für den Grossteil des Jahres 2022 hoch bleiben wird." Bis März führe die Fed das QE klar zurück – wie es danach weitergehe, darüber werde derzeit noch debattiert. Ziel sei aber eine steile Renditekurve. Der Markt rechne entsprechend kurzfristig mit vier Zinserhöhungen von je 0.25% im Jahr 2022. Für die meisten Anlageklassen wären mittelfristig weiter deutlich steigende Zinsen keine gute Nachricht.

Weniger Dramatik in Europa

In Europa ist die Inflation ebenfalls gestiegen, mit 5% allerdings nicht ganz so stark wie in den USA. Auch die Geldmenge wuchs wesentlich weniger, sodass die inflationäre Situation deutlich schwächer ist – was allerdings auch auf das Wirtschaftswachstum zutrifft. "Wichtig ist aber vor allem, dass die Negativzinsen dazu geführt haben, dass sich die Anleiherenditen der Eurozonen-Peripherie verengen und sich den deutschen Renditen annähern, was für das Überleben des Euro unerlässlich ist. Negative deutsche Anleiherenditen treiben die Anleger dazu, italienische Anleihen zu kaufen. Wenn die Zinsen in Deutschland auf ein positives Niveau steigen, werden die Renditen italienischer Anleihen vermutlich wieder ansteigen. Daher gehen wir davon aus, dass die EZB im Laufe des Jahres mit dem Tapering des QE beginnen wird. Die Zinsen dürfte sie aber nur sehr vorsichtig anheben", meint der Lead Portfolio Manager.

China vor massivem Abschwung?

Dagegen stehen wir nach Sosos Ansicht In China vor einem ganz anderen Problem: Hier bildet sich gerade eine Kreditblase von epischem Ausmass. Der Anteil der Kredite am chinesischen BIP ist von 160% im Jahr 2008 auf 320% im Jahr 2020 angestiegen – und die Unternehmensverschuldung, auf die aktuell 70% dieser Kredite zurückgehen, hat sich im gleichen Zeitraum versiebenfacht. Ein grosser Teil der Kredite sei zur Finanzierung von Immobilien verwendet worden – deren Preise massiv überbewertet sind. Bedenke man, dass der Immobiliensektor in China bereits seit acht Jahren 27% bis 28% des BIP ausmacht (ähnlich wie der von der Blase von 2006 bis 2008 massiv betroffene spanische Immobiliensektor), werde die Dramatik der Lage deutlich. Kreditkrisen würden in der Regel durch eine Kombination aus Schuldenrückzahlung, Schuldenerlass und Monetarisierung bewältigt. Wie die chinesische Regierung dem begegnen werde, lässt sich derzeit nur mutmassen.

Was bedeutet dies für die Finanzmärkte? "Ein starker wirtschaftlicher Abschwung Chinas dürfte weltweit spürbar werden, der Renminbi könnte vorübergehend oder langfristig abwerten, chinesische Investitionen ins Ausland dürften eingeschränkt werden. Gleichzeitig könnte aber ein Abschwung in China die US-Notenbank dazu veranlassen, das Tempo der geldpolitischen Straffung zu verlangsamen. Für US-Anleihen und weltweite Aktien wäre das eine gute Nachricht", sagt Soso.

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