05.07.2024, 10:08 Uhr
«Chinesische Zustellunternehmen sind grosse Profiteure des E-Commerce-Booms in China, aber ihre Aktien spiegeln den sprunghaften Anstieg der Liefermengen nicht wider. Diese Diskrepanz ist eine wichtige Lektion für...
Der Einkaufsbummel der chinesischen Verbraucher während des Mondneujahrsfestes Ende Januar gab einen ersten Einblick in die aufgestaute Nachfrage des Landes nach drei Jahren COVID-Beschränkungen. «Die politischen Entscheidungsträger schalten einen Gang höher, um das Wachstum anzukurbeln», schreibt Lynda Zhou, Portfolio Manager bei Fidelity.
Es war eine emotionale Angelegenheit für Hunderte von Millionen Chinesen, die während der langen Feiertage zu Neujahr in ihre Heimatstädte zurückreisten, zu beliebten Reisezielen flogen oder sich in Einkaufszentren drängten. Für einige war dies die erste Gelegenheit zum Reisen seit drei Jahren, nachdem die pandemiebedingten Beschränkungen endlich aufgehoben worden waren.
In gewisser Weise waren die wirtschaftlichen Auswirkungen unmittelbar spürbar. Die Einnahmen aus dem Tourismus während des Mondneujahrsfestes stiegen auf 375,8 Milliarden Renminbi (55,2 Milliarden US-Dollar), was etwa 73 Prozent des Umsatzes in einem ähnlichen Zeitraum im Jahr 2019 entspricht. Der Umsatz an den Kinokassen stieg im Vergleich zum letztjährigen Neujahrsfest um 11,9 Prozent. «Und, Chinas Verbraucher wärmen sich gerade erst auf», weiss Zhou.
Nachdem die politischen Entscheidungsträger im Dezember die Null-Covid-Politik ad acta gelegt hatten, schwenkten sie schnell auf die Ankurbelung des Wachstums und die Priorisierung des Konsums um. «So wie die aufgestaute Nachfrage in den USA und der Eurozone nach den Lockdowns für starken Rückenwind sorgte, wird die konsumgetriebene Nachfrage auch bei der Erholung in China eine wichtige Rolle spielen – eine untypische Entwicklung für eine Wirtschaft, die zuvor auf staatliche Ausgaben, Investitionen und Warenexporte angewiesen war, um das Wachstum anzukurbeln», heisst es in der Studie.
Das potenzielle Ausmass dieser aufgestauten Nachfrage wird deutlich, wenn man sich die enormen Ersparnisse ansieht, die im vergangenen Jahr gehortet wurden. Nach Angaben der People's Bank of China stockten die chinesischen Haushalte ihre Bankeinlagen im Jahr 2022 um die Rekordsumme von 17,8 Billionen Renminbi (2,6 Billionen US-Dollar) auf, 80 Prozent mehr als im Vorjahr.
WIND, People’s Bank of China, Fidelity International, February 2023
Während die heftige Welle der Covid-Infektionen des Winters nach der Öffnung abschwillt, kehrt das Leben allmählich zur Normalität zurück. «Nach den üppigen Weihnachtsausgaben erwarten wir einen weiteren Aufschwung in Kategorien wie Haushaltsgeräte, Möbel sowie Lebensmittel und Getränke. Einige Hauskäufer könnten auf dem angeschlagenen Immobilienmarkt wieder auf Schnäppchenjagd gehen. Die Regierung hat seit November ein umfassendes Massnahmenpaket zur Unterstützung der Immobilienfinanzierung vorgestellt. Die Stimmung der Hauskäufer dürfte sich dadurch verbessern. Angesichts der Bedeutung des Immobiliensektors für die Wirtschaft gehen wir davon aus, dass die Regierung mehr Spielraum hat, um den Wohnungsmarkt dort zu stimulieren, wo sie eine Stabilisierung der Preise für notwendig erachtet.»
Der Weg zur Erholung werde jedoch holprig sein, heisst es bei Fidelity weiter. Da die USA und Europa mit Rezessionsrisiken konfrontiert sind, könnte sich die Auslandsnachfrage nach chinesischen Produkten abschwächen. Und obwohl die Gesamtinflation in China bisher harmlos war, könnte der derzeitige rasche Abbau des Nachholbedarfs die Verbraucherpreise in die Höhe treiben, insbesondere im Dienstleistungssektor.
«Trotz dieser Risiken - und der jüngsten Rallye bei chinesischen Aktien - bietet der Markt für A-Aktien Chancen für langfristige Anleger. Zu den Gewinnern werden diejenigen hochwertigen Unternehmen gehören, die über eine nachhaltige Kapitalrendite, eine stabile Finanzleistung, ein zuverlässiges Management und eine gesunde Unternehmenskultur verfügen. Zudem sind einige Firmen in den Sektoren Konsumgüter und Baumaterialien gut positioniert, um von der anhaltenden wirtschaftlichen Erholung zu profitieren. Nach einem langen, harten Winter kommt nun endlich der Frühling.»