Ist Chinas Wirtschaftswachstum nachhaltig?

Thomas Heller, CIO der Schwyzer Kantonalbank.
Thomas Heller, CIO der Schwyzer Kantonalbank.

Wachstum ist unmittelbar nicht Chinas Problem. Es sind die Ungleichgewichte bei Kreditwachstum und Investitionsquote, welche die Entwicklung langfristig belasten können, sagt Thomas Heller, CIO der SZKB.

03.02.2017, 10:32 Uhr
Finanzplätze

Redaktion: jog

Am World Economic Forum (WEF) hat sich Chinas Präsident Xi unter Anspielung auf die protektionistischen Tendenzen des neuen US-Präsidenten als Verfechter des Freihandels präsentiert. Mit dem Rückzug der USA aus dem transpazifischen Freihandelsabkommen TPP bietet sich China womöglich die Chance, das amerikanische Vakuum zu füllen. Dem kommt zunächst allerdings eher geopolitische Bedeutung zu, als dass es unmittelbar realwirtschaftliche Auswirkungen hätte.

Wie steht es um die wirtschaftliche Verfassung Chinas? 2016 lag das Wachstum bei 6.7% und damit (verdächtig) genau im Zielkorridor der Regierung von 6.5%-7%. Die offiziellen Angaben werden aber auch von alternativen Messmethoden (welche z.B. den Stromverbrauch oder die Frachtmengen heranziehen) bestätigt. Die Massnahmen, welche die Regierung ergriffen hat, stützen das Wachstum also nach wie vor. Die Kehrseite der Medaille: Es basiert zu einem grossen Teil auf Pump.

Die Staatsausgaben haben sich seit 2008 verdreifacht, wobei sich die Verschuldungsquote mit ca. 45% noch immer relativ bescheiden ausnimmt (Japan 229%, USA 104%, Eurozone 90%). Im Privatsektor, wo das Kreditwachstum die letzten Jahre über dem nominellen Wirtschaftswachstum lag, nimmt China hingegen mit einer Verschuldungsquote von über 200% mittlerweile einen Spitzenplatz ein (Japan 165%, USA 151%, Eurozone 164%). Damit hat sich der Verschuldungsgrad seit der Finanzkrise fast verdoppelt, während er in vielen Industrieländern rückläufig ist. Da eine so markante Ausweitung des Kreditvolumens fast zwangsläufig mit einer Verschlechterung der Schuldnerqualität einhergeht, sind auch die faulen Kredite deutlich gestiegen. Das enorme Kreditwachstum widerspiegelt sich in einer Investitionsquote von 40%-50% des Bruttoinlandprodukts. In den Industrieländern liegt diese meist bei lediglich rund 20%. China investiert auch deutlich mehr als andere Schwellenländer. Die Folge davon sind eine sinkende Kapazitätsauslastung, unrentable Betriebe, leere Strassen und Häuser.

Chinas Regierung hat in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass sie gewillt und in der Lage ist, das Land auf dem angepeilten Wachstumspfad zu halten. Wachstum ist unmittelbar nicht Chinas Problem. Es sind die beschriebenen Ungleichgewichte, welche die Entwicklung langfristig belasten können. Die Situation ist nicht nachhaltig, sondern verstärkt im Gegenteil die Schieflage. Die Rechnung kann auf Dauer nicht aufgehen.

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