«Das Zinsniveau unterstützt weiterhin Value»

Laut Rothschild hilft das Zinsniveau aktuell eher den Value-Titeln. (Bild Shutterstock/Olivier Lo Moal)
Laut Rothschild hilft das Zinsniveau aktuell eher den Value-Titeln. (Bild Shutterstock/Olivier Lo Moal)

Auch wenn die Sorge um eine erneute Finanzkrise im April unterschwellig noch vorhanden war, erholten sich die Aktienindizes im Berichtsmonat wieder. Für Auftrieb sorgten solide Konjunkturdaten, durchwachsene, insgesamt aber positive Inflationsdaten und der erfreuliche Auftakt der Berichtssaison der Unternehmen, schreiben Anthony Bailly und Vincent Iméneuraët, Fondsmanager europäische Aktien bei R-co Conviction Equity Value Euro von Rothschild & Co.

16.05.2023, 17:03 Uhr
Notenbanken

Redaktion: sw

Der Global Composite-PMI stieg von 49,8 Zählern im Vormonat auf 52,1 Punkte. Der MSCI World-Index schloss den April letztendlich mit einem Plus von 1,8 Prozent ab (gerechnet in Dollar und bei Wiederanlage der Dividenden), der S&P 500- und der Eurostoxx-Index verzeichneten mit einem Anstieg von 1,6 Prozent in US-Dollar beziehungsweise 1,4 Prozent in Euro (jeweils bei Wiederanlage der Dividenden) ein ähnliches Ergebnis.

In den USA beschloss die Federal Reserve auf ihrer Sitzung Anfang Mai erwartungsgemäss eine weitere Anhebung ihres Leitzinses um 25 Basispunkte, der im Einklang mit dem Dot Plot nunmehr in einer Spanne von 5 Prozent bis 5,25 Prozent liegt. Jetzt stellt sich die Frage, ob diese Zinserhöhung — wie vom Rentenmarkt erwartet — die letzte sein wird und dann vor Jahresende noch drei Zinssenkungen kommen.

Die ambivalente Rhetorik von Fed-Chef Jerome Powell könnte auch bedeuten, dass die Fed die Zinsschraube erneut anzieht, wenn die Inflation nicht dem von ihr erwarteten Trend folgt. Die im April veröffentlichten CPI-Daten fielen mit einem Rückgang von 6,0 auf 5,0 Prozent eher ermutigend aus, doch die Core-Inflation verharrte mit einem Anstieg von 5,5 auf 5,6 Prozent auf hohem Niveau.

Die Prognosen der Zentralbank gehen von einer nachlassenden Dynamik der US-Wirtschaft aus:

- Das BIP-Wachstum im ersten Quartal 2023 sorgte mit einem annualisierten Wert von +1,1 Prozent gegenüber den erwarteten 1,9 Prozent und dem deutlichen Rückgang gegenüber dem Vorquartal (+2,6 Prozent) für Enttäuschung.

- Der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe signalisierte im sechsten Monat in Folge eine Schrumpfung und lag auf einem aus historischer Sicht sehr niedrigen Niveau von 47,1 Punkten, jedoch über dem Vormonatsstand von 46,3 Zählern.

Europa kämpft mit Inflation

In der Eurozone, die im Gegensatz zu den USA mit einer noch immer steigenden Inflation zu kämpfen hat, hob die EZB ihre Leitzinsen auf ihrer Sitzung Anfang Mai ebenfalls um 25 Basispunkte auf nunmehr 3,75 Prozent an und zieht derzeit noch kein Ende ihres geldpolitischen Straffungszyklus in Betracht.

Die Kerninflation kam erstmals seit Juni 2022 ins Stocken und sank leicht von 5,7 auf 5,6 Prozent, während der Headline-CPI um 0,1 Prozentpunkte auf 7,0 Prozent anzog. Bei den Einkaufsmanagerindizes blieb der Composite-Index im Aufwärtstrend (54,4 Zähler, +0,3 Punkte). Doch dieses Ergebnis überlagerte die hohen Diskrepanzen zwischen den Sektoren: Während sich der Dienstleistungssektor mit einem Anstieg um 1,2 Punkte auf 56,2 Zähler weiter sehr dynamisch zeigte, verzeichnete das verarbeitende Gewerbe, das stärker durch die verschärften Kreditbedingungen belastet wird, einen deutlichen Rückgang um 1,7 Punkte auf 45,8 Zähler.

China wächst solide

China veröffentlichte ein solides Wirtschaftswachstum von 4,5 Prozent (erwartet waren +4,0 Prozent), wobei die Daten für den Dienstleistungssektor (+5,4%) und die Industrie (+3,3%) auch hier uneinheitlich ausfielen. Die Frühindikatoren dagegen enttäuschten leicht: beide Komponenten des PMI (verarbeitendes und nicht-verarbeitendes Gewerbe) waren rückläufig (um 2,7 Punkte auf 49,2 Zähler beziehungsweise um 1,8 Punkte auf 56,4 Zähler. Diese Daten deuten auf eine Erholung hin, die einerseits zwar durch die Inlandsnachfrage befeuert, andererseits aber durch die rückläufige globale Nachfrage belastet wird.

Vor diesem Hintergrund bleiben die Renditen im April praktisch unverändert: die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen gaben 5 bp auf 3,42 (Realrenditen: +8 bp) per 28. April nach, während Bundesanleihen um 2 bp auf 2,31% (Realrenditen: +5 bp) zum Monatsende anzogen.

Die Berichtssaison für das erste Quartal steht im Zeichen positiver Ergebnisse – fast die Hälfte der im Eurostoxx-Index geführten Unternehmen haben ihre Zahlen vorgelegt: knapp 70 Prozent übertreffen die Konsenserwartungen für den Gewinn pro Aktie (GpA), wobei die positiven Gewinnüberraschungen bei 6 bis 7 Prozent liegen. Die Prognosen für das Wachstum des GpA liegen inzwischen bei +1,5 für 2023 und +8,3 Prozent für 2024 (beziehungsweise bei +7,8 Prozent und +10,5 Prozent ohne Rohstoffe).

Das KGV des europäischen Marktes stand Ende April bei 13,3, nach 12,7 Ende März. Der Bewertungsaufschlag von Wachstumswerten gegenüber Value-Titeln blieb stabil bei 143 Prozent. Dies entspricht einem historisch hohen Niveau, das angesichts des Paradigmenwechsels an der Zinsfront seit der Covid-19-Krise nur schwer nachvollziehbar ist.

Wertentwicklung und Positionierung des Fonds

Der Eurostoxx (bei Wiederanlage der Dividenden) blieb somit im April im Aufwärtstrend und legte um 1,4 Prozent zu, beflügelt durch die erfreuliche Kursperformance des Versicherungssektors (+5,5 Prozent), der Erholung von Immobilienaktien (+5,5 Prozent) und der Freizeit- und Reisebranche (+4,5 Prozent). Das andere Ende des Performancespektrums war von Unsicherheit in Bezug auf die Konjunkturentwicklung infolge der Abschwächung der Wirtschaft überschattet. So schloss die Automobilbranche, die unter der Verschlechterung der Preisbedingungen leidet, mit einem Verlust von 2,6 Prozent, während Technologie und Rohstoffe im Monatsverlauf über 5 Prozent abgaben. Mit Blick auf die Anlagestile überflügelten Value-Titel nach ihrer Unterperformance im Vormonat Wachstumswerte im Monatsverlauf um 2,1 Prozent, so dass sich ihr Performancerückstand seit Jahresbeginn auf 7,5 Prozent verringerte.

Der R-Co Conviction Equity Value Euro stieg im Berichtsmonat um 0,7 Prozent und schloss mit einem Unterperformance von 0,7 Prozent auf seinen Referenzindex. Seit Jahresbeginn verzeichnet er damit einen Anstieg um +11,8 Prozent, was einem Rückstand von 1,6 Prozent auf seinem Referenzindex und von 1,8 Prozent auf den Value-Index entspricht. Während der Allokationseffekt im Berichtsmonat vor allem angesichts der Unterperformance des Technologiesektors einen positiven Performancebeitrag leistete, litt der Fonds unter dem Selektionseffekt, da einige der zyklischen Aktien im Portfolio wie STMicroelectronics, Nokia, ProSieben und Alstom eine schwache Performance ablieferten.

Im April führten wir keine nennenswerten Transaktionen durch, sondern stockten lediglich unsere Position in AB InBEv auf. Die Aktie liegt seit Jahresbeginn noch immer im Rückstand (+5,0 Prozent) auf den Eurostoxx-Index (+13,4 Prozent) und seinen Sektor (Nahrungsmittel und Getränke: +12,5 Prozent). Im Bankensektor führten wir eine Arbitrage durch: Nach ihrer jüngsten Überperformance (+42,2 Prozent) nahmen wir bei der Position in UniCredit eine leichte Reduzierung zugunsten von Société Générale (-6,2 Prozent) vor.

Der Bankensektor ist mit 5,6 Prozent gegenüber 5,2 Prozent im Vormonat noch immer die im Portfolio am stärksten übergewichtete Branche.

Wie Anfang April erläutert, wurde diese Übergewichtung in den Vormonaten (Ende Januar stand sie bei 11 Prozent) bereits deutlich reduziert:

Nach der soliden Kursperformance zu Jahresbeginn nahmen wir zunächst einige Gewinne mit, durch die im März ausgebrochene Finanzkrise hat der Bankensektor in unseren Augen an Attraktivität verloren. Allerdings bietet der Sektor angesichts seiner nach wie vor sehr attraktiven Bewertung (KBV 2023 von 0,78 und KGV 2023 von 6,5) und des erwarteten Wachstums des GpA von über 13 Prozent für 2023 auch weiterhin ein hohes Kurssteigerungspotenzial, vor allem, wenn die Konjunktur in der Eurozone so widerstandsfähig bleibt wie bisher.

Angesichts der Verlangsamung der Konjunktur und des anhaltenden Aufwärtstrends der Märkte halten wir eine hohe Liquiditätsreserve im Portfolio. Ende April stand sie bei 7,7 Prozent gegenüber 8,1 Prozent Ende März. Darüber hinaus ist unsere Positionierung defensiver als am Jahresanfang und entspricht derjenigen, die wir im letzten Monat beschlossen haben. Die Gewichtung der defensiven Komponente/Barmittel im Portfolio ist nach 28 Prozent per Ende Februar mit nunmehr 34 Prozent des Nettovermögens noch immer hoch. Diese Positionierung spiegelt das makroökonomische Umfeld wider, dessen Verschlechterung mittlerweile Fakt ist, wobei das Ausmass dieser Abschwächung noch ungewiss ist.

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