Warum Unternehmen von Abes neuem Konjunkturpaket profitieren können

Das vom japanischen Premierminister Abe iniziierte Wirtschaftsprogramm mit dem Ziel der Belebung und Schaffung einer nachhaltigen Wirtschaft bleibt bislang ohne Erfolg. Chern Kwok Yeh, Head of Investment Management, Japan, Equities - Asia bei Aberdeen, erklärt warum.

19.10.2016, 16:57 Uhr

Redaktion: jog

Mit der erneuten Auflage eines fiskalischen Konjunkturprogramms im August hat Premierminister Abe stillschweigend eingestanden, dass sein Abenomics genanntes Programm zur Belebung der japanischen Wirtschaft gescheitert ist vielleicht sogar auf der ganzen Linie.

Trotz aller Massnahmen einschliesslich der Einführung von negativen Zinsen ist es bislang nicht gelungen, das von der japanischen Zentralbank avisierte Inflationsziel von 2 % und nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erreichen. Nun musste man also wieder zurück ans Reissbrett und sich mit einer Neuauflage des mit Abenomics im Januar 2013 eingeführten Aktionsplans koordinierter fiskalischer und geldpolitischer Massnahmen versuchen.

Anfang August hat Premierminister Abe ein Konjunkturprogramm von 28 Billionen JPY (245 Mrd. EUR) aufgelegt, das unter anderem staatliche Direktinvestitionen von rund 7,5 Billionen JPY beinhaltet. Der erneute Fokus auf Strukturreformen lässt hoffen: Häfen werden modernisiert, um den Zugang für grosse Kreuzfahrtschiffe zu verbessern; Hotelneubauprojekte werden gefördert, um den Tourismus zu beleben; es werden neue Wege beschritten, um den Export von Agrar- und Fischereiprodukten zu steigern und regionale Verkehrsnetze werden unter Nutzung modernster Technologien ausgebaut und weiterentwickelt. All das spielt bei der Steigerung der Produktivität und der Förderung von nachhaltigem Wachstum eine wichtige Rolle.

Massnahmen dieser Art können helfen, das BIP in den nächsten beiden Jahren um 1,5 Prozentpunkte anzuheben. Die Bank of Japan hat ihr ETF-Ankaufprogramm verlängert, was den Aktienpreisen Auftrieb verleihen sollte und weitere Massnahmen in Aussicht gestellt. Dennoch könnte die Zentralbank am Ende eingestehen müssen, dass sie ihr Inflationsziel von 2 % bis zum letzten Zieltermin Ende März 2018 nicht erreichen kann.

Der Markt hat sich von alledem kaum beeindrucken lassen. Es zeigt sich, dass es an Vertrauen in die politischen Entscheidungsträger mangelt (und wie wenig Spielraum der Bank of Japan verblieben ist), wenn solche geldpolitische und fiskalische Anreize von den Anlegern kaum beachtet werden. Der Yen hat sogar zugelegt, obwohl er doch - bei allem was recht ist - eigentlich hätte fallen müssen.

Ein Grund hierfür könnte die zunehmende Erkenntnis sein, dass es mit konjunkturbelebenden Massnahmen allein nicht getan ist und diese ohne bedeutende Fortschritte bei den Strukturreformen nicht greifen werden. Für ein Land wie Japan, dessen Nettoverschuldung bei 160 % des BIP liegt, gibt es keine schnelle Rosskur. Die Bevölkerungsalterung lässt die Zahl der Erwerbstätigen sinken und die heimischen Märkte schrumpfen.

Die Regierung hat versucht gegenzusteuern und Frauen und Betreuungskräfte wieder in Arbeit zu bringen. Des Weiteren könnte in Betracht gezogen werden, die Zuwanderung von Arbeitskräften nach Japan zu erleichtern. Wenn Japan wieder einen grösseren Teil der globalen Exporte erbringen will, muss es seine Produktivität steigern und die innovativen Fähigkeiten, die das Land einst so berühmt gemacht haben, wieder neu für sich entdecken.

Stärke und Widerstandskraft gewonnen
Es gibt in Japan aber auch weiterhin viele Unternehmen, die ordentliches Wachstum und attraktive Gewinne vorweisen können. Diese Unternehmen sind in den zwei Jahrzehnten der wirtschaftlichen Stagnation durch eine harte Schule gegangen und haben an Stärke und Widerstandskraft gewonnen.

Viele dieser Unternehmen sind sehr liquide: als Japans Vermögenspreisblase vor rund 25 Jahren platzte, trockneten die Refinanzierungsquellen aus und die Unternehmen mussten sich auf die Generierung von internen Cashflows konzentrieren, um ihr Überleben zu sichern. In späteren Jahren haben diese Unternehmen ihre Schulden abgebaut und können heute starke Bilanzen und positive Cashflows vorweisen.

Viele der besten japanischen Unternehmen haben einen Teil ihrer Produktion ins Ausland verlagert, um neue Märkte zu erschliessen und die Produktionskosten zu senken. Zu diesen Unternehmen gehören nicht nur die weltweit bekannten grossen Markennamen, sondern auch sehr spezialisierte Hersteller und Lieferanten. Jene, die sich in den schnell wachsenden Schwellenländern niedergelassen haben, sollten von den Veränderungen der globalen Konsumentwicklung und -dynamik am stärksten profitieren können.

Darüber hinaus sind japanische Unternehmen inzwischen auch bei Corporate Governance-Themen und den internationalen Best-Practice-Standards engagierter: es werden mehr Dividenden gezahlt und Aktien zurückgekauft und Mitglieder des Top-Managements sind offener und zugänglicher als früher.

Unternehmen mit höherer Liquidität wurd dazu ermuntert, überschüssiges Kapital in Form von Sonderdividenden auszuschütten, anstatt Aktien zurückzukaufen. Aktienrückkäufe können den Aktienpreis kurzfristig nach oben treiben. Wenn die Rückkäufe bei ungünstigen Bewertungen getätigt werden, kann dies aber einer Fehlallokation von Kapital gleichkommen.

Ganz unabhängig davon, welche Massnahmen von der Zentralbank oder der Regierung ergriffen werden, oder welche Bedenken man hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage des Landes hegen mag, findet man in Japan auch weiterhin attraktive Anlagemöglichkeiten. Die wirklich guten Unternehmen warten nicht auf Abe und wir sollten das auch nicht tun.

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