Unternehmensgewinne: Krisen als grosse Wendepunkte

Mikio Kumada, Global Strategist von LGT Capital Management
Mikio Kumada, Global Strategist von LGT Capital Management

Die Ertragskraft der Unternehmen der Industrieländer hat sich relativ zur Ertragskraft der Schwellenländer-Konzerne bereits kurz nach der letzten Finanzkrise stabilisiert – und erholt sich seit Ende 2010 moderat, aber kontinuirlich. Zugleich haben die "Emerging Markets" ihren einst deutlichen Profitabilitätsvorsprung inzwischen fast gänzlich verloren. Es ist möglich, dass wir es mit einer längerfristigen Trendwende zugunsten der Industrieländer zu tun haben.

19.02.2014, 10:15 Uhr

Redaktion: dab

"Aus Anlegersicht könnten sich die Industrieländer als die grossen Gewinner der Finanzkrise von 2007/2008 herausstellen – so wie die "aufstrebenden Länder" gestärkt aus der Asien- und Russlandkrise von 1997/1998 hervorgingen und ein Jahrzehnt lang eine bessere Performance lieferten. Darauf verweisen zumindest die mittel- bis langfristigen Ertragstrends der im MSCI World und MSCI Emerging Markets vertretenen Unternehmen.

Betrachtet man die Gewinne je Aktie (EPS) in US-Dollar seit dem 1. Quartal 1995 (soweit reichen die Daten zurück) scheinen auf den ersten Blick die Schwellenländer im Vorteil: Ihre EPS haben sich seitdem vervierfacht, was einem jährlichen Wachstum von 7.2% entspricht. Die Industrieländer haben es hingegen "nur" auf eine Verdreifachung der EPS gebracht, bzw. auf 5.6% pro Jahr. Das macht intuitiv Sinn, da die Schwellenländer ein strukturell deutlich höheres Wirtschaftswachstum ausweisen.

Bei näherer Betrachtung holen die Industrieländer auf
Diese Zahlen verdecken jedoch die moderate, aber gleichzeitig stetige Entwicklung zugunsten der Industrieländer, die kurz nach der letzten Finanzkrise begann: Relativ zu den EPS der "EM" haben die EPS der Industrieländer nach zehnjähriger Talfahrt im September 2009 ihren Tiefpunkt erreicht – seitdem haben sie um gut 20% aufgeholt und der mittelfristige Trend zeigt seit Herbst 2010 aufwärts. Bemerkenswert ist auch die Entwicklung der Betriebsgewinnspannen: Vor 20 Jahren genossen die "EM" eine EBITDA-Marge von mehr als 30%. Im Laufe der vergangenen zwei Jahrzehnte ist diese aber allmählich auf knapp 18% gesunken, während die Industrieländer-Marge von knapp 14% auf fast 17% gestiegen ist. Der Vorsprung der "EM" ist also massiv geschrumpft.

"EM" nur mehr in wenigen Bereichen weiter im Vorteil
Gewiss, auf Gesamtindexebene ist der relative EPS-Trend zugunsten der "Developed Markets" ist noch sehr flach – doch das könnte sich durchaus ändern. Auf Länder- und Sektorenebene ist nämlich deutlicher erkennbar, wie die "EM" seit einigen Jahren in einem Bereich nach dem anderen von den "DM" eingeholt werden. Waren es Ende 2009 nur die USA, die aus EPS-Sicht trend-mässig besser als die "EM" liefen, so holt seit Ende 2011 auch Japan (rasant) auf. Ende 2012 stabilisierte sich schliesslich auch der Trend in Europa. Dazu kommt die globale Branchenebene: Einen erkennbaren (leichten) Trendvorteil haben die Schwellenländer nämlich in nur mehr zwei von zehn MSCI-Sektoren (Finanzdienstleistungen und Informationstechnologie).

Weitere Stärkung der aktuellen Trends durchaus denkbar
Gerade in diesem zwei Sektoren müssen die "EM" aber zukünftig wahrscheinlich mit stärkeren Gegenwinden rechnen. In China und anderen "Wachstumsmärkten" fanden ja seit 2008 fallweise extreme Kreditexzesse statt. Selbst im Falle einer gutartigen realwirtschaftlichen Entwicklung dürften die Risikorücklagen und Abschreibungen der Banken in diesen Ländern daher tendenziell weiter steigen. Dies wiederum würde die Bankengewinne in den Schwellenländern belasten – und dies in einer Phase, in der die Folgen der letzten Finanzkrise in den "DM" tendenziell weiter abklingen. Im IT-Sektor könnten es gerade die Unternehmen der wirtschaftlich relativ robusten Leistungsbilanzüberschussländer sein, welche die Konsequenzen der kompetitiven Abwertung des japanischen Yen am deutlichsten zu spüren bekommen (z.B. Südkorea). Alternativ könnten auch diese Länder ihre Währungen abwerten – was deren EPS in US-Dollar aber ebenso reduzieren würde. Sollten diese Entwicklungen jedenfalls auch nur teilweise eintreffen, dann dürfte sich die Ertragssituation zukünftig noch deutlicher zugunsten der traditionellen Industrieländer entwickeln."

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