Unternehmensanleihen bleiben auch 2013 erste Wahl

Nicolas Forest, Leiter Zins- und Währungsstrategie bei Dexia Asset Management
Nicolas Forest, Leiter Zins- und Währungsstrategie bei Dexia Asset Management

Der positive Trend bei Unternehmensanleihen dürfte sich auch 2013 fortsetzen. Attraktiv sind ausgewählte erstrangige Bankanleihen, Covered Bonds und Industrieanleihen von Emittenten aus den Peripherieländern. Etwas mehr Vorsicht ist bei Staatsanleihen geboten. Schwellenländer-Anleihen, kurzlaufende kanadische Staatsanleihen und norwegische, in Kronen denominierte Anleihen bieten aber auch in diesem Segment Chancen für Investoren.

17.12.2012, 17:22 Uhr

Redaktion: sek


2012 war nicht nur für Aktionäre attraktiv, sondern auch für Obligationäre. Mit amerikanischen Treasury Bills hat man in den letzten zwölf Monaten fast 4% verdient und die Erträge europäischer Anleihen waren zweistellig – weil die Risikoprämien von Peripherieländerstaatsanleihen und Unternehmensanleihen zurückgegangen sind. Aber ist diese Performance gerechtfertigt? Welche anderen Chancen gibt es für Anleiheninvestoren?

Staatsanleihen 2013: Vorsichtig bleiben
Der Rückgang der Anleiherenditen war keine Überraschung. Seit dem Platzen der Kreditblase in den Industrieländern hatten die Notenbanken keine andere Wahl, als die Leitzinsen fast auf null zu senken und in grossem Umfang Staatsanleihen zu kaufen. Hauptziel der Notenbanken waren niedrigere Langfristrenditen, obwohl die Staatsverschuldung drastisch zunahm. Auch wenn jetzt wieder mit einem höheren Weltwirtschaftswachstum gerechnet wird: Fest steht, dass die Konjunktur noch immer auf niedrige Zinsen angewiesen ist. Dennoch ist nicht völlig auszuschliessen, dass die Leitzinsen 2013 leicht angehoben werden.

In den USA fragt man sich nach dem Ende der Operation Twist, ob die Fed erneut Staatsanleihen kaufen wird. Zurzeit hält sie fast 30% der amerikanischen Bundesschuld, und von einigen längerfristigen Titeln befinden sich sogar 40% in den Büchern der Notenbank. Die Staatsanleihenkäufe stossen also allmählich an ihre Grenzen, und auch wenn die Fed den Leitzins aller Voraussicht nach 2013 bei 0,25% belässt, wird die Frage der Ausstiegsstrategie bei einem Rückgang der Arbeitslosenquote immer drängender. Hinzu kommt, dass die neue Obama-Administration angesichts eines Wirtschaftswachstums von voraussichtlich etwa 2% und einem Haushaltsdefizit von 7% im Jahr 2012 Kompromisse finden muss, um die Staatsschulden zu senken und die bereits zu Jahresbeginn drohende Fiscal Cliff zu umschiffen.

Vor diesem Hintergrund rechnen wir mit einem allmählichen Anstieg der amerikanischen Langfristrenditen auf über 2%. Am stärksten werden die Zinsen langlaufender Anleihen steigen, während kürzerlaufende Papiere noch immer von den Massnahmen der Fed profitieren.

Massnahmen der EZB haben Spekulanten entmutigt
In Europa ist das Bild aufgrund der Bewertungsdifferenzen zwischen den einzelnen Ländern der Währungsunion weniger klar. Als ein Auseinanderbrechen des Euroraums drohte, wurde mit koordinierten geld- und fiskalpolitischen Massnahmen eine weitere Eskalation der Krise verhindert, so dass die Risikoprämien der Peripherieländer auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren zurückgingen.

2012 ist im Euroraum die Wende gelungen, insbesondere aufgrund der Massnahmen der EZB, die einmal mehr ihre Doktrin einer restriktiven Geldpolitik aufgab und sich zu expansiven Massnahmen entschloss. Im Spätsommer wurde mit den Outright Monetary Transactions (OMT, also dem Kauf kurzlaufender Anleihe ggf. auch in unbegrenztem Umfang) eine neue Initiative vorgestellt. Auch wenn die neuen Massnahmen bislang noch nicht zum Einsatz kamen, reichte allein das Wissen, dass sie der EZB bei Bedarf zur Verfügung stehen aus, um alle Spekulanten zu entmutigen.

Fortschritte gab es auch in der Fiskalpolitik. Weniger strenge Haushaltsziele und die Bemühungen um niedrigere Zinsen sind nur zwei Beispiele für eine Lockerung der Sparprogramme. Niedrigere Kreditzinsen erwiesen sich aber als nicht erreichbar; die Troika hatte die Staatsausgabenmultiplikatoren und die desaströsen Auswirkungen der Austeritätsprogramme auf das Wachstum unterschätzt. Wenig überraschend war hingegen, dass man auf eine weitere Beteiligung des privaten Sektors an Umschuldungsmassnahmen verzichtete, da dies 2011 als ein Hauptgrund für das Übergreifen der Krise gegolten hatte.

Ist die Krise im Euroraum wirklich vorüber?
Ob die Krise im Euroraum tatsächlich überstanden ist, lässt sich angesichts der zahlreichen Hindernisse noch nicht abschliessend beurteilen. Die Implementierungsrisiken der OMT werden von den Märkten möglicherweise unterschätzt. Die Interventionsmöglichkeiten der EZB, die Bedingungen, an die das Programm geknüpft ist und die impliziten Risiken für den Rang der übrigen Anleihen sind Unbekannte, die schnell geklärt werden müssen. Anderenfalls könnte sich die Krise erneut ausweiten. Wenn Anfang 2013 Collective Action Clauses eingeführt werden, werden alle Marktteilnehmer sicher zwei Mal nachdenken, wenn die EZB im kommenden Jahr spanische Anleihen kauft – denn die Investoren könnten dann an einer möglichen Restrukturierung beteiligt werden.

Das zweite Hindernis für eine endgültige Lösung der Krise ist der Wachstumsausblick in Zeiten der Sparprogramme. Angesichts der möglichen Rezession im Euroraum im Jahr 2013 könnten erneut aufflammende politische Risiken in Italien und Haushaltsrisiken in Spanien die Nerven der Investoren strapazieren. Aufgrund solcher Risiken bleiben wir zurückhaltend. Zum Kauf von Peripherieländeranleihen würden wir, wenn überhaupt, nur unter bestimmten Bedingungen raten. Denkbar wären beispielsweise (nach der Aktivierung der OMT) Käufe spanischer Staatsanleihen mit Laufzeiten von etwa drei Jahren, die vor 2013 emittiert worden sind.

Die Kernländer des Euroraums haben weniger zu bieten. Wir rechnen mit einem allmählichen Anstieg der deutschen Bundesanleiherenditen aufgrund der Bilanzausweitung der EZB. Vorsicht ist angesagt, denn die Spreads zwischen Deutschland und den anderen Kernländern waren niemals kleiner.

Portfolios weiter diversifizieren
Nicolas Forest, Leiter Zins- und Währungsstrategie bei Dexia Asset Management, meint daher Folgendes: „Da viele Anleihen jetzt sehr hoch bewertet sind, müssen sich die Investoren schon Einiges einfallen lassen, um die Chance auf höhere Erträge zu haben.“ Wir raten Investoren, ihre Portfolios weiter zu diversifizieren – und zwar mit norwegischen, in Kronen denominierten Anleihen. Wegen der guten Fundamentaldaten und des im Vergleich zum Euroraum höheren Wachstums halten wir es jetzt für interessant, norwegische Kurzläufer mit einem Renditevorsprung von 1,20 Prozentpunkten gegenüber deutschen Anleihen zu kaufen. Da der Euro nach einer Aktivierung der OMT seinen Höchststand gegenüber dem Dollar erreicht haben könnte, halten wir kurzlaufende kanadische Staatsanleihen für attraktiv, insbesondere aufgrund ihres Renditevorsprungs von 0,70 Prozentpunkten gegenüber US-Schatzwechseln. Da sich die Industrieländer noch immer nicht vollständig von der jüngsten Krise erholt haben, beobachten wir auch die Emerging Markets weiter mit grossem Interesse. „Ihr hohes Wachstum und ihre geringe Verschuldung stellen sicher, dass Emerging-Market-Anleihen eine echte Alternative für Anleiheinvestoren sind“, so die klare Aussage von Nicolas Forest.

Unternehmensanleihen 2013: Weiterhin interessant
Nach dem beeindruckenden Rückgang der Risikoprämien um über 180 Basispunkte und aufgrund der niedrigen deutschen Bundesanleiherenditen ist die Endfälligkeitsrendite von Unternehmensanleihen mit 2,18% heute so niedrig wie seit zehn Jahren nicht mehr. Das Niedrigzinsumfeld spricht auch 2013 weiter für Unternehmensanleihen. Trotz der schwachen Konjunktur in Europa dürften zahlreiche Investoren auf der Suche nach höher rentierlichen Papieren die Assetklasse stützen. Hinzu kommt, dass die Unternehmen aufgrund der aktuellen Unsicherheit eine konservative Ausgabenpolitik verfolgen. Es fällt ihnen daher leicht, sich zu refinanzieren, und sie haben darüber hinaus hohe Kassebestände aufgebaut.

Dennoch droht eine leichte Verschlechterung der Fundamentaldaten. Die Kreditqualität lässt allmählich nach, da viele Unternehmen bereits viel Fremdkapital aufgenommen haben und der Umsatzausblick für Europa nachlässt. Zwar sind die Qualitätsemittenten international diversifiziert, doch könnten aufgrund der hohen Erwartungen die kommenden Quartalsgewinne enttäuschen. Der Finanzsektor, der in den letzten vier Jahren sehr kritisch gesehen wurde, bemüht sich hingegen weiter um eine Stabilisierung der Bilanzen durch höhere Eigenkapitalquoten und niedrigere Risiken, auch zu Lasten der Gewinne. Aufsichtsrechtliche Entwicklungen wie ein neuer Abwicklungsmechanismus für Problembanken, die Möglichkeit, Fremdkapital zwangsweise in Eigenkapital umzuwandeln und die geplante europäische Bankenaufsicht sollen auf lange Sicht zu einem gesunderen und krisenfesteren Finanzsystem führen.

Die systemischen Risiken haben in Europa etwas nachgelassen. Die Liquiditätsspritzen der Zentralbanken haben den südeuropäischen Ländern wieder etwas Leben eingehaucht. Doch trotz der Konzepte zur Lösung der Staatsschuldenkrise bleiben noch immer grosse politische Herausforderungen.

Erträge zwischen 2 und 3% und eine grosse Vielfalt
Dennoch wird die Suche der Anleger nach höherrentierlichen Papieren die Risikoprämien bis Ende 2013 noch weiter zurückgehen lassen. Bei Geldmarktzinsen nahe 0% und einem negativen Nettoangebot (da den fällig werdenden Anleihen nur wenige Neuemissionen gegenüberstehen) werden Unternehmensanleihen für Investoren weiterhin interessant sein. Die Kreditqualität vieler Unternehmensanleihen ist besser als die anderer Anleiheprodukte. Sie bieten Anlegern die Aussicht auf Erträge zwischen 2 und 3% und eine grosse Vielfalt. „Für besonders interessant halten wir ausgewählte erstrangige Bankanleihen, Covered Bonds und Industrieanleihen von Emittenten aus den Peripherieländern“, so Koen Van de Maele, Leiter Anleihenmanagement bei Dexia Asset Management.

Abschliessend sagt er: „In Zukunft halten wir die folgenden Anleihearten dennoch für interessante Alternativen zu Euro-denominierten Investmentgrade-Unternehmensanleihen: Dollar-denominierte Investmentgrade-Anleihen, weil deren Erträge höher sind als die von europäischen Papieren mit vergleichbaren Ratings, Dollar-denominierte High-Yield-Anleihen mit BB-Rating, weil sich deren Ausfallrisiko in Grenzen hält, und Emerging-Market-Anleihen, weil sie vom günstigen Konjunkturumfeld profitieren und ihre Fundamentaldaten solide sind.“

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