Ken Van Weyenberg, Investmentspezialist, Dexia Asset Management
Wenn der amtierende US-Präsident wiedergewählt wird, winkt in der Regel schon im ersten Jahr nach der Wahl eine Aktienrallye. Dies ergibt eine Studie von Dexia Asset Management.
29.10.2012, 15:43 Uhr
Redaktion: sek
Dass in den USA zwischen Präsidentschaftswahlen, Wirtschaftslage und Aktienbörsen ein enger Zusammenhang besteht, ist schon lange bekannt. Zu verdanken ist dies vor allem der Fed, der US-Notenbank. Sie steuert die amerikanische Geldpolitik und kann unter anderem Zinsen und Geldmenge beeinflussen. Im Vorfeld von Wahlen haben Politiker häufig versucht, die Fed zu beeinflussen und auf eine für sie günstige Geldpolitik hinzuwirken. Eine expansive Geldpolitik ist gut für das Wirtschaftsklima und kann dem Amtsinhaber nutzen. Dies gelingt aber nicht immer. So machte George Bush Senior 1992 die Federal Reserve für den Wahlsieg Bill Clintons verantwortlich. Bush hatte die Geldbehörde vergeblich gedrängt, die Zinsen vor den Wahlen zu senken, um die schwache Wirtschaft zu beleben. Wäre die Fed seinem Wunsch gefolgt, hätte vielleicht Bush die Wahl gewonnen.
Der US-Präsidentenzyklus Die US-Zentralbank ist eine unabhängige Institution. Möglicherweise sind aber die kürzlich angekündigten Massnahmen der Fed günstig für Barack Obama. Das Versprechen, die Zinsen bis 2015 niedrig zu lassen und jeden Monat 40 Mrd. US-Dollar in die amerikanische Wirtschaft zu pumpen, muss das Wachstum stärken und die Arbeitslosigkeit verringern. Schon jetzt haben sich zahlreiche Konjunkturdaten verbessert. So hat der ISM-Einkaufsmanagerindex im September wieder die 50-Punkte-Marke überschritten (51,5), welche die Grenze zwischen Auf- und Abschwung markiert. Der Michigan Consumer Sentiment Index reagierte ebenfalls. Er stieg auf 81,3 Punkte und damit auf den höchsten Stand seit fünf Jahren. Nach den jüngsten Intrade-Wahlumfragen hat Obama davon profitiert. Die Wahrscheinlichkeit einer Wiederwahl stieg auf nahezu 62% (Stand Oktober 2012).
Der Zusammenhang zwischen dem US-Präsidentenzyklus und den amerikanischen Aktienmärkten war schon immer ein heikles Thema, vor allem im Vorfeld der Wahlen. Deshalb überrascht es nicht, dass es eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen darüber gibt, darunter eine Studie des unabhängigen Consulting-Unternehmens Ned Davis Research, das den Zyklus seit 1900 unter die Lupe genommen hat. Ned Davis zufolge liefern die Aktienmärkte in Wahljahren und im dritten Jahr einer Amtsperiode hohe Erträge.
Der Aktienmarkt bevorzugt Demokraten Dexia Asset Management hat die Studie von Ned Davis Research ausgeweitet. Betrachtet wurde dabei die Jahresperformance des S&P 500 seit dem Zweiten Weltkrieg. Zudem wurde zwischen der Wertentwicklung unter einem demokratischen und einem republikanischen Präsidenten unterschieden. Die ersten Ergebnisse bestätigen die Erkenntnisse von Ned Davis Research: Im dritten Jahr einer Amtsperiode entwickeln sich die Aktienmärkte am besten.
Republikaner gelten zwar traditionell als unternehmensfreundlich (weniger Regulierung) und tendieren eher zu Steuersenkungen (z.B. die Steuerprogramme von George Bush Junior). Wenn die Demokraten die Regierung übernehmen, tendieren sie für verschärfte Regulierungen und höhere Steuern, um Sozialprogramme zu finanzieren. Weitergehende Analysen zeigen allerdings, dass der durchschnittliche Aktienmarktertrag unter einem demokratischen Präsidenten mit 8,74% um fast 2 Prozentpunkte höher ist als unter republikanischer Führung (7,04%). Im ersten Jahr nach einer Wahl entwickelt sich der S&P 500 deutlich besser, wenn die Demokraten gewonnen haben; im dritten Jahr nach einer Wahl ist die Performance allerdings erheblich besser, wenn die Republikaner das Sagen haben.
Interessant ist auch, dass die Aktienmarktperformance davon abhängt, ob eine Partei wiedergewählt wird. Dexia Asset Management hat die Monatserträge der Aktienmärkte im ersten Jahr nach den Wahlen seit 1944 untersucht und herausgefunden, dass die Chance auf eine Rallye grösser ist, wenn die Regierungspartei, zurzeit vertreten durch Barack Obama, wiedergewählt wird. In solchen Fällen betrug der durchschnittliche Jahresertrag etwas mehr als 10%. Wenn der Amtsinhaber verliert, ist das Risiko einer Seitwärtsbewegung oder eines Abschwungs grösser.
Fiscal Cliff als grösstes Problem Abgesehen von der Aktienmarktentwicklung ist das sogenannte Fiscal Cliff eine der grössten Herausforderungen für die neue Regierung. Mit Fiscal Cliff werden die haushaltspolitischen Massnahmen bezeichnet, die am 1. Januar 2013 in Kraft treten. Unter anderem laufen dann die vorübergehenden Einkommensteuererleichterungen aus, womit Arbeitnehmern eine Steuererhöhung um 2% bevorsteht. Ausserdem enden mehrere steuerliche Ausnahmeregelungen für Unternehmen, und erstmals werden die zusätzlichen Steuern im Zusammenhang mit Obamas Gesundheitsreform erhoben. Die automatischen Sparprogramme könnten das Wachstum der US-Wirtschaft um 4 Prozentpunkte dämpfen.
Anders ausgedrückt: Es ist ausserordentlich wichtig, dass Republikaner und Demokraten eine Einigung über den Haushalt erzielen. Ein unklares Wahlergebnis wird die Verhandlungen jedoch erschweren und den produktivsten Sektoren der US-Wirtschaft schaden. Sowohl die Republikaner als auch die Demokraten stehen vor einer wichtigen politischen Entscheidung. Die Republikaner stehen für drastische Kürzungen der Staatsausgaben und wollen Steuererhöhungen vermeiden. Die Demokraten planen hingegen, die Staatsausgaben weniger stark zu kürzen, dafür aber die Steuern zu erhöhen.
Wir gehen davon aus, dass die beiden Parteien zu einer Einigung kommen werden â unabhängig davon, wer die Präsidentschaftswahl gewinnt. Währenddessen werden Bushs Steuersenkungen, die sehr beliebt waren, für 5% der Bevölkerung auslaufen, und zwar für die wohlhabendsten. Dies wird das Wachstum im Jahr 2012 um 1,7 Prozentpunkte dämpfen.
Fazit Zwar gibt es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen den US-Präsidentschaftswahlen und der Aktienmarktentwicklung, doch ist es nicht sicher, dass sich in jedem Wahlzyklus das gleiche Muster wiederholt. Die Anomalie kann aber zusammen mit den Ergebnissen anderer fundamentaler und technischer Analysen weiter Hinweise darauf geben, welche Investmententscheidungen jetzt Erfolg versprechen.
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