Keine Divergenzen im Westen und Japan

Der befürchtete Beginn der Normalisierung der US-Geldpolitik hat sich vorerst als "Papiertiger" erwiesen und die Aktienbörsen boomen weiter. Wie wird es weitergehen? Eine Analyse der inneren Verfassung der grossen Märkte zeigt, dass sich Kurstrend und Marktbreite im Westen und Japan gegenseitig bestätigen - hier dürfte das Regime der Hausse weiter intakt bleiben. In den Schwellenländern bleibt vorerst allerdings weiter eine gewisse Vorsicht ratsam.

25.09.2013, 10:55 Uhr

Redaktion: jf

Marktbreite bietet Aufschluss über die «innere Verfassung» eines Marktes
Die Analyse der Marktbreite betrachtet den Kurstrend eines Aktienindex im Kontext der Beteiligung der einzelnen Aktien eines Marktes an diesem Trend. Eine Divergenz von Indexpreis und Marktbreite nimmt in der Regel eine Trendwende vorweg, während eine gleichlaufende oder konvergierende Entwicklung das existierende Marktregime (Baisse oder Hausse) bestätigt. Im Wesentlichen geht es um folgende Kombinationen:

1. Negative Divergenz: Steigender Aktienindex, kombiniert mit stagnierender/sinkender Marktreite
Diese Entwicklung ist typisch für eine "alternde" Hausse – d.h. für einen Markt im Endstadium eines Booms. Der Aktienindex steigt weiter, doch eine zunehmende Anzahl von Aktien macht diesen Trend nicht mehr mit. Irgendwann steigt nur mehr eine Minderheit– oft sind es jene Aktien, die in den grossen Indizes vertreten sind. Sehr viele Aktien befinden sich jedoch auf Talfahrt, obwohl der steigende Index weiter die Illusion einer intakten Hausse suggeriert. Allgemeiner sprechen wir immer dann von einer negativen Divergenz, wenn der Index steigt, die Marktbereite aber stagniert oder fällt. Im kurzfristigen Bereich (seit Ende Juni) weist derzeit beispielsweise Hong Kong eine negative Divergenz aus. Im übergeordneten Trend gibt es aber keine Divergenz: Die Marktbreite sinkt seit Anfang Jahr weiter – und auch der Index notiert immer noch tiefer. Für eine mittelfristige Trendwende scheint es daher noch früh. Wenn wir US-Markbreiteindizes verwenden, die auch die in den USA kotierten ausländischen Aktien einbeziehen, dann zeichnet sich auch in den USA eine Divergenz ab. Dieses vermeintliche Warnsignal wird jedoch von den weiter steigenden Trends der «reinen» US-Marktbreitenindizes stark relativiert.

2. Positive Divergenz: Sinkender Aktienindex, kombiniert mit stabiler/steigender Marktbreite
Hierbei handelt es sich um den umgekehrten Fall, der typischerweise das Endstadium einer Baisse charakterisiert. Oberflächlich betrachtet suggeriert der fallende Aktienindex, dass die Baisse noch intakt ist. Eine wachsende Anzahl von Aktien im Markt hat jedoch bereits begonnen, trendmässig zu steigen. Ein gutes Beispiel im kurzfristigen Bereich ist derzeit Brasilien: Seit Ende Juni steigt die Marktbreite, während der Indexkurs noch bis Mitte Juli weiter sank. In der mittelfristigen Betrachtung ist jedoch auch in Brasilien keine Divergenz ersichtlich. Trotzdem ist die jüngste Rallye in Brasilien breiter abgestützt, als in Hong Kong. Sollte sich diese Entwicklung in Brasilien fortsetzen, dann könnten wir durchaus ein erstes Signal für eine die grössere Trendwende im Bereich der Schwellenländer erhalten.

3. Trendbestätigende Konvergenz: Kurse und Marktbreite bewegen sich in die gleiche Richtung
Gleichlaufende und/oder konvergierende Preis- und Marktbreitenindizes deuten auf einen intakten Börsentrend hin. Dies gilt für das grössere Gesamtbild wie auch für die nicht-trendgefährdenden Konsolidierungs- und Korrekturphasen zwischendurch. Während einer Hausse werden neue Kursehochs im Aktienindex mehr oder weniger gleichzeitig auch von Hochs in der Markbreite bestätigt. Selbst-verständlich finden in jeder Hausse (oder Baisse) immer wieder Gegenbewegungen statt. Hierbei ist wichtig, dass Preise und Marktbreite gemeinsam fallen oder steigen, ohne vorher durch eine Phase der Divergenz gegangen zu seinen. Ist dies der Fall, dann gilt die Gegen-bewegung als temporär und das vorexistierende Regime (Hausse oder Baisse) als intakt. Aktuelle Beispiele: USA (auf Basis der "reinen" US-Marktbreite), Europa und Japan. In diesen Märkten sind weder kurz- noch mittelfristige Divergenzen auszumachen.

So bereitet uns das Gesamtbild der Märkte trotzt des etwas «reiferen Alters» der Aktienhausse noch keine Sorgen. Gleichzeitig ist es nach viereinhalb Jahren steigender Kurse natürlich ratsam, die weitere Entwicklung auf globaler und regionaler Ebene genauer zu beobachten.

Lesen Sie hier den Kommentar von Mikio Kumada, Global Strategist von LGT Capital Management.

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