Hart erkämpfte Fortschritte

Mikio Kumada, Global Strategist bei LGT Capital Management
Mikio Kumada, Global Strategist bei LGT Capital Management

Die konjunkturellen Frühindikatoren für den Euroraum haben sich im August weiter aufgehellt. Deutschland und Frankreich bleiben "Wachstumslokomotiven", doch auch im Süden gibt es Anzeichen einer Stabilisierung. Letzteres wäre für Europa von besonderer Bedeutung. Neben den vorauslaufenden Konjunkturbarometern signalisieren auch die Finanzmärkte seit einiger Zeit, dass der "alte Kontinent" in den kommenden Quartalen positiv überraschen könnte.

28.08.2013, 09:23 Uhr

Die Einkaufsmanagerumfragen der Eurozone haben die Erholung des Währungsraums in der vergangenen Woche weiter bestätigt. Während der entsprechende Index für die verarbeitende Industrie bereits im Juli die 50-Punkte-Marke übersprungen hatte, kletterte im August auch der Dienstleistungsindex über die Wachstumsschwelle. Das lässt auf anhaltendes Wachstum in den kommenden Quartalen schliessen. Deutschlands Industrie- und Dienstleistungsbetriebe befinden sich dabei auf solidem Expansionspfad. Doch wenn die aktuelle Lage mit der Situation vor drei Monaten oder vor einem Jahr verglichen wird, so sind nun auch die Beiträge aus Südeuropa weniger negativ und am Rande auch erstmals positiv. Das Wachstumsgefälle ist jetzt auch weniger gross als in früheren Phasen der "Eurokrise".

Lebenszeichen aus Südeuropa: Portugal überrascht mit hohem Wachstum

Es gibt zudem Indizien, dass sich im Süden nach vielen Jahren in tiefer Rezession eine Stabilisierung anbahnt. Nach einschlägigen Berichten ist die Sommertourismussaison im europäischen Mittelmehrraum sehr gut ausgefallen, was für die betroffenen Länder durchaus von grosser Bedeutung sein kann. So konnte die griechische Industrieproduktion im Juni entgegen den Prognosen etwas zulegen. In Portugal ist die Wirtschaft im zweiten Quartal dank sehr guter Exportbeiträge sogar überraschend stark gewachsen – nämlich aufs Jahr hochgerechnet um 4.5%. Damit wächst weltweit unter den wichtigen Märkten derzeit nur China mit höherem Tempo. Allerdings werden in China jährlich immer noch Neukredite im Umfang von gut 20% des Bruttoinlandsprodukts in die Wirtschaft gepumpt, während in Portugal die Sparpolitik herrscht und die Kreditmenge weiter schrumpft. Portugals Leistung dürfte daher stark auf Produktivitätsgewinnen basieren – was potentiell eine gute Grundlage für nachhaltigeres Wachstum schafft.

Die Finanzmärkte haben schon für Südeuropa "gestimmt"

Auch die Finanzmärkte suggerieren seit mehr als einem Jahr, dass sich die Situation in den Krisenländern des Euroraums langsam entspannt. Die relative Performance des griechischen Börseindex hatte beispielsweise bereits im Juni 2012 ihren Tiefpunkt. Danach setzte eine Stabilisierung ein und inzwischen gehört der Athener Markt mit einem Plus von 43% im Jahresvergleich zum zweitbesten Aktienmarkt weltweit nach Japan. Auch Spanien, Portugal und Irland haben ansehnliche Kursgewinne von mehr als 20% geboten. Italiens Ergebnis wirkt mit einem Plus von "nur" 13% enttäuschend – ist allerdings immer noch besser als jene der meisten Wachstumsmärkte Asiens. Die Staatsanleihenmärkte der Euro-Peripherieländer gehören seit etwa Mitte 2012 zu den besten der Welt – nicht von der Kreditbewertung, sondern von der Performance und Rendite her.

Partei der "Euroraum-Bullen" dürfte auf Sicht weiter Zulauf erhalten

Wenn die verschiedenen Segmente der Finanzmärkte über längere Zeiträume hindurch eindeutige und stimmige Signale senden, dann ist es wahrscheinlich, dass wichtige Trendwenden im Gange sind – auch dann (oder vielleicht erst recht), wenn es an überzeugenden Begründungen diesbezüglich noch mangelt. An den Märkten wird schliesslich die wirtschaftliche Zukunft vorweggenommen, nicht selten mit erheblicher Vorlaufzeit. Es können Jahre vergehen, bis ein neuer Trend ausreichend durch fundamentale Argumente untermauert werden kann und zum "Konsens" unter Experten und Anlegern wird. Gewiss ist es immer riskanter, in die Frühphase einer Trendwende zu investieren. Wer aber abwarten will, bis ein Trend ausreichend "gesichert" ist, der muss bereit sein, auf einen möglicherweise grossen Teil der potentiellen Überrendite zu verzichten. Über die mittel- und längerfristigen Aussichten des Euroraums, insbesondere der Krisenstaaten, streiten sich derzeit "Bären" und "Bullen" immer noch, was hohe Kursschwankungen auslösen kann. Nach den jüngsten Konjunkturindikationen aus dem Euroraum dürfte die Partei der "Bullen" allerdings weiter mit Zulauf rechnen – und das Reservoir der "Nicht-Bekehrten" ist sehr gross.

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