Koen Van de Maele, Leiter Anleihen bei Dexia Asset Management
Die europäische Staatsschuldenkrise hat dazu geführt, dass die Anleihenkurse aus Ländern mit guter Kreditqualität enorm gestiegen sind. Die langfristigen Renditen der Industrieländer bewegen sich mittlerweile auf einem extrem niedrigen Niveau, obwohl all sie mit einer galoppierenden Staatsverschuldung zu kämpfen haben. Empfehlenswert bleiben laut Dexia Asset Management Anleihen von soliden Industrieunternehmen, auch aus Ländern ausserhalb Kerneuropas.
28.06.2012, 10:12 Uhr
Redaktion: sek
Die amerikanische Zehnjahresrendite ist auf 1,45 Prozent gefallen obwohl die Bundesschulden nahezu 90 Prozent des BIP betragen. Ein Grossteil dieses Renditerückgangs lässt sich mit den massiven Stützungsmassnahmen der Fed erklären. 2011 hat die Notenbank fast die Hälfte der neu emittierten langfristigen Staatsanleihen gekauft. Mit der Verlängerung der Operation Twist bis zum Jahresende wegen der schwächeren Konjunkturdaten dürfte die Geldpolitik auch weiter extrem expansiv bleiben. Ausserdem rechnen wir mit einer weiteren Aufwertung des US-Dollars, insbesondere gegenüber dem Euro. Die Schuldenkrise und die Rezession im Euroraum könnten den Kurs der Gemeinschaftswährung bis auf 1,20 US-Dollar zurückgehen lassen. Auf kurze Sicht bieten die USA europäischen Investoren interessante Diversifikationsmöglichkeiten, denn die Turbulenzen im Euroraum halten weiter an.
Deutsche Bundesanleihen bald über 2 Prozent Die Möglichkeit von Austritten aus dem Euroraum und die Diskussion über die Umlage der Staatschulden auf die Gemeinschaft dürften auch in den kommenden Monaten für Aufregung sorgen. Für viele Investoren steht der Austritt Griechenlands der Grexit unmittelbar bevor. Wir meinen hingegen, dass der Ausgang der Juni-Wahlen eher für ein Fortbestehen des Status Quo spricht. Griechenland muss sich mit den Geldgebern noch vor Mitte Juli über die Bedingungen für weitere Hilfen einigen, sonst geht dem Staat das Geld aus. Was genau ein Austritt Griechenlands bedeuten würde, bleibt weiter unklar. Die direkten Kosten dürften mit etwa 4 Prozent des EU-BIPs handhabbar sein. Unberechenbarer sind hingegen die indirekten Kosten durch Dominoeffekte. Zweifellos wäre der Austritt eines Landes ein gefährlicher Präzedenzfall. Nicolas Forest, Leiter Zinsstrategie von Dexia AM, meint dazu: Wir rechnen nicht mit einer sofortigen Vergemeinschaftung der Staatsschulden. Auch wenn immer neue Vorschläge gemacht werden wie Schuldentilgungsfonds oder Staatsanleihekäufe durch den ESM glauben wir, dass Eurobonds eher ein Ergebnis der Krise sein werden als eine Voraussetzung zur Lösung. In den nächsten Tagen werde es darauf ankommen, dass die Politik intelligente und tragfähige Lösungen finde. Interventionen der Europäischen Zentralbank allein könnten das politische Vakuum nicht füllen. Wir beobachten die kurzfristigen Entwicklungen in den Peripherieländern deshalb sehr genau, so Forest. Langfristig dürften die deutschen Bundesanleiherenditen wieder deutlich über 2 Prozent steigen, unabhängig davon, ob die Schulden auf alle Mitglieder umgelegt werden oder der Euroraum auseinanderbricht.
Industrieanleihen bieten das beste Risiko-Ertrags-Profil Der europäische Industrieanleihemarkt wird weiter von der Staatsschuldenkrise und der Unsicherheit über mögliche (klassische und unkonventionelle) Lösungen bestimmt. Trotz der beeindruckenden Rallye dieser Assetklasse nach dem Dreijahrestender der EZB zu Jahresbeginn, haben neue Schwierigkeiten die Risikoprämien seit Anfang April um mehr als 50 Basispunkte steigen lassen. Dazu zählen die spanische Bankenkrise, das politische Patt in Griechenland und die schwächeren Konjunkturdaten. Wir empfehlen daher Anleihen von Industrieunternehmen mit soliden Fundamentaldaten, einem diversifizierten Geschäftsmodell, hohen Kassebeständen und einem geringen kurzfristigen Refinanzierungsbedarf wie Vale, Vinci und Veolia Environment. Mit Renditen von fast 3 Prozent haben sie das beste Risiko-Ertrags-Profil, meint Koen Van de Maele, Leiter Anleihen bei Dexia AM.
Interessant sind aber auch viele Unternehmen aus Ländern ausserhalb Kerneuropas, etwa Telefonica, Iberdrola und Enel. Auch sie haben gute Fundamentaldaten und zumeist diversifizierte Geschäftsmodelle, ihre Risikoprämien sind vor allem durch die Korrelation zu ihren Herkunftsländern bestimmt. Mit Renditen von 3 Prozent sind auch Kurzläufer interessant. Bei einem mittleren Break-even von etwa 150 Basispunkten bieten Unternehmensanleihen mit Laufzeiten von ein bis drei Jahren auch bei einem Anstieg der Risikoprämien einen ausreichenden Puffer. Aber auch der überdurchschnittliche Anteil der Risikoprämien am Gesamtertrag (90%) spricht für eine gute zukünftige Wertentwicklung. In diesem Marktsegment empfehlen wir sowohl Industrieanleihen als auch erstrangiges Bankkapital, das von den neuen Plänen für das Fremdkapital von Problembanken nicht betroffen sein wird. Schliesslich bieten die Dollar-denominierten Papiere vieler Emittenten (wie Veolia und BNP) nahezu 200 Basispunkte höhere Renditen als die Euro-denominierten Titel und damit zusätzliches Ertragspotenzial.
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