23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
Engagement-Aktivitäten konzentrieren sich vor allem auf Unternehmen. Im Fixed-Income-Universum ist es laut Thede Rüst von Nordea Asset Management hingegen mindestens genauso wichtig, in den Dialog mit Regierungen zu treten.
Active Ownership – das Engagement und die Wahrnehmung von Stimmrechten zur Beeinflussung von Unternehmen – wird inzwischen von der grossen Mehrheit der Anlegerinnen und Anleger als positives Mittel anerkannt. Das beobachtet Thede Rüst, Head of Emerging Markets Debt bei Nordea Asset Management. Das sei nicht immer so gewesen. Neben der Förderung von Fortschritten werde der konstruktive Dialog mit Unternehmen zunehmend als ein wesentliches Element der langfristigen Wertschöpfung sowohl auf den Aktien- als auch auf den Anleihenmärkten akzeptiert.
"Da die Mehrheit der festverzinslichen Vermögenswerte jedoch von Ländern und regierungsnahen Behörden emittiert wird, besteht nach wie vor grosse Skepsis hinsichtlich der Fähigkeit von ESG-orientierten Vermögensverwaltern, staatliche Einrichtungen – insbesondere in Schwellenländern – positiv zu beeinflussen", sagt Rüst. Am Beispiel Russlands, das früher ein bedeutender Bestandteil der Schwellenländeranleihen-Indizes war, zeigt er auf, dass die Engagement-Bemühungen nicht in jedem Fall zum Erfolg führen könnten.
In solchen Fällen gebe es keinen Ersatz für ein robustes ESG Research-Rahmenwerk, in dem Menschenrechte und Governance-Faktoren eine bedeutende Rolle spielen. Deshalb habe Nordea AM im Falle Russlands 2020 aufgrund der zunehmenden Anzeichen für sich verschlechternde Governance-Standards alle Käufe der Staatsanleihen des Landes eingefroren. Im Januar 2022 habe das Unternehmen dann alle verbleibenden Vermögenswerte veräussert.
Auch wenn die Zusammenarbeit mit Regierungen, insbesondere in den Schwellenländern, oft schwierig sein könne, sei es dennoch möglich, positive Veränderungen zu bewirken, erklärt Rüst: "Angesichts der negativen finanziellen Auswirkungen der anhaltenden Regenwaldzerstörung haben wir bei Nordea beispielsweise 2019 beschlossen, keine brasilianischen Staatsanleihen mehr für unsere intern verwalteten Strategien für Schwellenmarktanleihen zu kaufen."
2020 wurde Nordea dann jedoch Gründungsmitglied und beratendes Mitglied des Investors Policy Dialogue on Deforestation (IPDD), einem gemeinsamen Engagement zur Initiierung und Koordinierung eines politischen Dialogs zur Eindämmung der Abholzung. Die Brasilien-Arbeitsgruppe war der erste formelle Länder-Workstream des IPDD, der inzwischen auf Indonesien ausgeweitet wurde.
"Die brasilianische Regierung hat noch nicht genug getan, um uns dazu zu bringen, unsere Investmenthaltung zu ändern – aber wir sind durch die jüngsten Fortschritte ermutigt", so Rüst. "Beispielsweise sind die Ende letzten Jahres von der brasilianischen Zentralbank angekündigten weitreichenden ESG-Vorschriften ein guter Schritt nach vorn. Die neue Verordnung enthält die Anforderung, dass alle ökologischen, sozialen und klimabedingten Auswirkungen für alle Finanzdienstleistungen und -Produkte berücksichtigt werden." Die Zentralbank bereite sich auch darauf vor, von den Banken des Landes zu verlangen, potenzielle Verluste durch Phänomene im Zusammenhang mit dem Klimawandel – wie Dürren, Überschwemmungen und Waldbrände – zu berücksichtigen.
Während sich das Engagement in der Klimakrise in den letzten Jahren beschleunigt habe, seien auch grosse Fortschritte bei der positiven Beeinflussung von Regierungen in Bezug auf das "S" in ESG gemacht worden. Mit der ghanaischen Regierung diskutiere Nordea beispielsweise die weitverbreitete Kinderarbeit in der Kakaobranche des Landes.
Thede Rüst wurde in eine hochrangige Expertengruppe der Europäischen Kommission einberufen. Diese setzt sich für den Ausbau eines nachhaltigen Finanzwesens in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen ein. Rüst und die anderen 19 Mitglieder sollen Empfehlungen entwickeln, wie mehr Mittel aus dem Privatsektor mobilisiert werden können, die es den Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen unter anderem ermöglichen, nachhaltige Infrastrukturprojekte umzusetzen.
Studien zur Wirksamkeit politischer Massnahmen gegen Kinderarbeit haben gezeigt, dass die wirksamsten Massnahmen nicht unbedingt diejenigen sind, die speziell auf die Verhinderung von Kinderarbeit ausgerichtet sind. Bemühungen zur Erhöhung der Einschulungs- und Verbleibsquote haben sich neben dem Bau von Schulen und der Modernisierung anderer Infrastrukturen als am effektivsten erwiesen. In Ghana stieg die Einschulungs- und Verbleibsquote in den letzten Jahren auch auf allen Bildungsebenen. Die Alphabetisierungsrate kletterte in den letzten zwei Jahrzehnten sogar von unter 60% auf fast 80%.
"Trotz staatlicher Interventionen ist Kinderarbeit nach wie vor weit verbreitet. In den jüngsten Gesprächen mit der Regierung wurde uns mitgeteilt, dass die Zahl der an der Kakaoproduktion in Ghana beteiligten Kinder stabil geblieben ist, obwohl die Kakaoproduktion in den letzten Jahren um mehr als 50% gewachsen ist. Wir werden unseren Dialog mit den Behörden fortsetzen, um die Bedeutung der laufenden Investitionen in Bildung und Infrastruktur hervorzuheben, insbesondere da die Covid-19 Pandemie den Bildungsfortschritt in vielen Teilen der Dritten Welt zum Erliegen gebracht hat", kommentiert Rüst das Engagement. Darüber hinaus müsse mehr Arbeit geleistet werden, da die Kakaoproduktion in neue geografische Gebiete des Landes expandiere und die Infrastruktur, die zur Eindämmung von Kinderarbeit erforderlich sei, in abgelegenen Regionen weniger entwickelt sei.