20.12.2024, 10:54 Uhr
Aus der Krise der Credit Suisse und der von den Behörden erzwungenen Notfusion der Grossbank mit der UBS sollen Lehren gezogen werden. Dieser Ansicht ist die parlamentarische Untersuchungskommission. Sie hat ihren...
Anna Bretschneider, Head of Switzerland bei Baillie Gifford spricht im Interview über den schwierigen Start in der Schweiz und den langfristigen Ansatz der privat gehaltenen Partnerschaft. «Wir haben ein grosses Glück, keine externen Investoren und Eigentümer zu haben und sind somit vom Druck befreit, kurzfristige Ziele erreichen zu müssen.»
Frau Bretschneider, Baillie Gifford startete mit Ihnen als Länderchefin in der Schweiz im Jahr 2019: Auftakt einer der schwierigsten und turbulentesten Marktphasen seit langem. Wie verläuft der Aufbau in der Schweiz?
Tatsächlich, der Zeitpunkt unseres Starts in der Schweiz war etwas speziell! Kurz nachdem wir das Büro in Zürich aufgemacht haben, kam die Pandemie mit allen dazu gehörenden Einschränkungen. Nun mussten wir uns, wie die ganze Finanzindustrie, den neuen und bis dahin unbekannten Herausforderungen stellen. Hinsichtlich Performance war das Jahr 2020 sehr positiv und hat uns in der Schweiz Rückenwind gegeben. Darauf folgten bekanntlich einige schwierige Jahre für Growth Investoren. Ein unangenehmer Cocktail aus steigenden Zinsen, geopolitischen Turbulenzen und extremer Risikoaversion hat zu enormen Marktschwankungen und einem scharfen Rückgang der Performance geführt. Umso wichtiger ist es in solchen Perioden, unsere Kunden daran zu erinnern, dass in der Vergangenheit schwierigen Marktphasen dieser Art häufig Zeiten gefolgt sind, in denen hervorragende Renditen erzielt werden konnten. Als privat gehaltene Partnerschaft mit langfristiger Ausrichtung haben wir ein grosses Glück, keine externen Investoren und Eigentümer zu haben und sind somit vom Druck befreit, kurzfristige Ziele erreichen zu müssen. Das macht die Aufgabe des Geschäftsaufbaus in der Schweiz nicht nur angenehm, sondern auch in vielerlei Hinsicht effektiver.
Für Aufsehen sorgte das Investment von Baillie Gifford in Climeworks, einem in Zürich ansässigen auf die Extraktion von CO2 spezialisierten Unternehmen. Was gab den Ausschlag an dieser Finanzierungsrunde teilzunehmen?
Climeworks entwickelt und vermarktet die Technologie zur Abscheidung von Kohlenstoffdioxid aus der Luft und zur Speicherung unterirdisch. Diese Methode der direkten Luftabscheidung (DAC) könnte eine Schlüsselrolle bei der Verfolgung von negativen Emissions-Technologien spielen, die benötigt werden, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden. Heute verfügt Climeworks über die grösste betriebsbereite DAC-Speicheranlage der Welt, die Orca-Anlage in Island. In den letzten Jahren hat Climeworks seine Aktivitäten auf Nordamerika ausgeweitet und Verträge mit grossen Unternehmen wie Microsoft, Stripe & Shopify unterzeichnet, um ihnen bei der Erreichung ihrer Klimaneutralitätsziele zu helfen. Die Vorteile von Climeworks resultieren aus seiner Vorreiterrolle, die es unserer Meinung nach ermöglichen wird, früher als die Konkurrenz die Kostenkurve zu senken. Wir glauben, wenn diese Kostensenkung Climeworks gelingt, kann die Technologie schnell von anderen eingesetzt und skaliert werden. Dies wird sich auf das Wachstum, die Renditen und den positiven Einfluss auf die Gesellschaft erheblich auswirken.
Baillie Gifford ist bekannt für den Global Discovery Fund, der auf neue Technologien und Innovationen setzt. Ist Climeworks Teil des Portfolios?
Nein, der Fonds investiert ausschliesslich in Börsen gelistete Unternehmen. Climeworks finden Sie in unseren Investmenttrusts, welche auch in privat gehaltene Unternehmen investieren können. Das wäre in diesem Fall unser Global Investment Trust, Scottish Mortgage, und unser Impact Global Investment Trust, Keystone Positive Change.
Baillie Gifford ist eng mit Unternehmen von Elon Musk verbunden und stieg sehr früh in Tesla sowie SpaceX ein. Beide Unternehmen waren mehrmals nahe am Konkurs. Wie vermittelt ein Asset Manager solche Risiken seinen Kunden?
Uns ist bewusst, dass unsere Kunden unterschiedliche Risikobereitschaften haben. Wir bieten daher eine breite Palette von globalen und regionalen Aktienportfolios mit unterschiedlichen Risikoprofilen an. Ausserdem legen wir vollständig offen, was wir in unseren Portfolios halten. Oftmals sind die attraktivsten Anlageideen mit erheblicher Volatilität verbunden, da der Markt dazu neigt, sich auf kurzfristige Nachrichten und Quartalsergebnisse zu konzentrieren. Die Fähigkeit darüber hinwegzusehen, ist tatsächlich eine Kunst und erfordert viel Disziplin, einen langfristigen Anlagehorizont und Vorstellungskraft. Das bedeutet, dass wir oft über mehrere Jahre, manchmal sogar Jahrzehnte, in Unternehmen investieren. Die Ergebnisse können sehr lohnend sein. Tesla ist nur ein Beispiel für eine Erfolgsgeschichte, aber es gibt viele andere wie Amazon, Hermès International, NVIDIA oder Tencent.
Sie waren zuvor bei der Macquarie Investment Management, ein australisches Unternehmen, und leiteten den Aufbau in der Schweiz. Nun machen Sie dasselbe mit Baillie Gifford. Suchen Sie solche Herausforderungen?
Das bringt mich zum Lachen! Ich glaube es ist eher umgekehrt, die Herausforderungen haben mich gesucht. Aber es stimmt schon, ich hatte immer Freude etwas Neues anzupacken und zu gestalten. Das war auch schon am Anfang meiner beruflichen Karriere der Fall.
Wie gehen Sie vor, um in diesem stark umkämpften Schweizer Markt Fuss zu fassen?
Ich gehe mit Geduld und viel Enthusiasmus an die Aufgabe heran! Wir arbeiten seit vielen Jahren mit Kunden in der Schweiz zusammen und haben einen sehr guten Ruf auf dem Markt, den wir erhalten und weiter ausbauen wollen. Unser Fokus liegt ausschliesslich auf professionellen Anlegern. Wir sind ein kleines Team und setzen deshalb klare Prioritäten. Damit meine ich unter anderem, dass wir gleichgesinnte Kunden suchen, die unseren Anlagestil verstehen und unser langfristiges Denken teilen.
In Asset Management Kreisen gilt der Schweizer Markt als einer der begehrtesten überhaupt. Sehen Sie das auch so?
Ja, definitiv. Aber es ist auch kein neues Phänomen. Deshalb sind auch so viele ausländische Asset Manager auf dem Schweizer Markt präsent und der Markt ist hart umkämpft.
Was würde dem Schweizer Asset Management Markt zu noch mehr Bedeutung verhelfen?
Das Jahr 2023 brachte mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS einen richtigen Wirbelsturm. Das hat auch international für sehr grosses Aufsehen gesorgt und meines Erachtens dem Image des Schweizer Finanzmarktes geschadet. Ich denke es wäre gut, wenn wieder mehr Stabilität und Vertrauen in das System einkehrt.
Anna Bretschneider verfügt über langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit professionellen Anlegern in der DACH-Region, wobei ihr Hauptaugenmerk auf der Schweiz liegt. Zuvor war sie als Head of Distribution Switzerland bei Macquarie Investment Management tätig und arbeitete 14 Jahre lang bei MFS Investment Management, zuletzt als Managing Director Schweiz, Österreich und Luxemburg. Bretschneider hat einen Master of Arts von der Universität Danzig und einen MBA von der FOM Fachhochschule in München.