19.02.2025, 15:33 Uhr
Der Elektro- und Wasserstoff-Lkw-Hersteller Nikola kämpft schon seit längerem mit einer schwachen Nachfrage. Mit Schulden von bis zu 10 Milliarden Dollar versucht es nun eine Rettung nach Chapter 11. Im...
Die US-Notenbank belässt in der ersten Sitzung des Jahres und der ersten in der neuen Präsidentschaft Trump den Leitzins unverändert. Während Fed-Chef Jerome Powell Trumps wirtschaftspolitische Pläne unkommentiert lässt, hält dieser nicht mit Kritik zurück. Die US-Zentralbank steht vor kniffligen Zeiten.
Die US-Notenbank hatte im vergangenen Jahr den Leitzins dreimal in Folge gesenkt. Vergleicht man ihn mit den US-Inflationszahlen von knapp unter 3 Prozent und einer Kerninflation von 3,2 Prozent, ist er mit 4,25 bis 4,50 Prozent noch immer relativ hoch. Der Weg zur Senkung der Inflationsrate sei manchmal holprig, erklärte Fed-Chef Jerome Powell nach der jüngsten Sitzung des Offenmarktausschusses am Mittwoch.
Die Inflation habe deutliche Fortschritte gemacht und vom Arbeitsmarkt gehe derzeit kein Preisdruck aus. Allerdings sei bei der Anpassung der Geldpolitik keine Eile geboten. Es gebe keinen fixen Weg und man sei bereit, in beide Richtungen zu reagieren. Auf die Frage nach den möglichen Auswirkungen politischer Entscheidungen der Regierung antwortete er, dass man erst konkrete Ergebnisse sehen müsse, bevor man geldpolitisch reagiere.
Kein Blatt vor den Mund nahm derweil Donald Trump. Der neue (alte) Präsident, aus der Immobilienbranche kommend, ist erklärtermassen ein Anhänger von niedrigen Zinsen. Die Notenbank habe es nicht geschafft, das Problem zu stoppen, das sie mit der Inflation geschaffen habe, kommentierte er auf Social Media.
Er wolle – was auch in seiner Inaugurationsrede ein Thema war – die Inflation senken, indem er die Energieproduktion entfessle, die Regulierung abbaue, den internationalen Handel wieder ins Gleichgewicht bringe und das verarbeitende Gewerbe wieder ankurble.
Am Finanzmarkt war ein Nullentscheid des Fed erwartet worden. Beobachter bewerten den Kurs der Zentralbanken mehrheitlich positiv. Weitere Zinssenkungen würden entweder neue Fortschritte bei der Inflation oder eine anhaltende Abschwächung am Arbeitsmarkt erfordern, ist der Konsens.
«Die Notenbanker scheinen auf Zeit zu spielen. Wir sind schon lange der Meinung, dass die letzten Meter der Desinflation mehr Zeit in Anspruch nehmen werden», kommentiert Christian Scherrmann, Chefökonom USA von DWS. «Wir erwarten, dass die Inflationsdaten zumindest im ersten Quartal unterstützend wirken können. Dies macht eine weitere Zinssenkung im März und vielleicht im Juni denkbar.»
Der deutsche Vermögensverwalter Main Sky Management ist überzeugt, dass der nächste Zinsschritt eine Senkung wird, wenn auch noch nicht im März. Mit Blick auf die Unabhängigkeit der US-Notenbank gehe Fed-Chef Powell auf Konfrontationskurs zu Präsident Trump. Powell gehe davon aus, dass der rechtliche Rahmen des Fed den Angriffen des Präsidenten standhalten werde und dieser eine Konfrontation – ähnlich wie bei einer Veränderung des Staatsangehörigkeitsrechts – verlieren werde.
Powell werde keinen «Deal» mit Trump eingehen, so Main Sky, und zieht ein drastisches Bild heran: «Hier rasen zwei Züge aufeinander zu und es bleibt zu hoffen, dass Powell mit seiner Einschätzung richtig liegt», kommentiert der deutsche Vermögensverwalter.
Die Helvetische Bank bringt die Zinsen in Zusammenhang mit der Währung: «Im langjährigen Durchschnitt präsentiert sich die Zinsdifferenz zwischen der Schweiz, Europa und den USA auf historischen Höchstständen. Während die 10-jährigen Zinsen in der Schweiz bei rund 0,5 Prozent liegen, bewegen sie sich im Euroraum bei rund 2,5 Prozent und im US-Dollar bei rund 4,5 Prozent. Der Aufwertungsdruck des Frankens gegenüber dem Euro und dem Dollar wird damit reduziert, was auch die disinflationäre Wirkung der Importe in die Schweiz lindert.»
Auf der anderen Seite sollte der eher zur Stärke tendierende Dollar die Inflation in den USA tendenziell eindämmen. «Von dieser Seite betrachtet machen die Zentralbanken aus unserer Sicht eine hervorragende Arbeit», betont die Bank.
Max Stainton, leitender globaler Makrostratege bei Fidelity International, spricht von der ersten Pause seit Beginn des Zinssenkungszyklus, «während das Komitee sich in einem zunehmend komplexen wirtschaftlichen Umfeld zurechtfinden muss.»
Punkto weiterer Zinssenkungen äussert er sich weniger zuversichtlich als der Konsens. Von politischer Seite sei ein Cocktail aus Zöllen und einer deutlich reduzierten Einwanderung zu erwarten, der die Inflationsrisiken erhöhe.
«Angesichts eines Arbeitsmarkts, der sich derzeit stabilisiert und nicht abschwächt, bestärkt uns dies in unserer Ansicht, dass das Fed die aktuellen politischen Vorgaben bis 2025 beibehalten und der politischen Stabilität Vorrang vor vorzeitigen Anpassungen einräumen wird», hält Stainton fest.
Der Zwist zwischen Präsident und Notenbank erfährt eine Neuauflage. Der Ausgang ist offen. Fundamental hat das Fed die Argumente auf seiner Seite. Das Urteil der Helvetischen Bank, die Zentralbanken machten gute Arbeit, besticht.