19.11.2024, 12:28 Uhr
Die Inflation in der Eurozone ist im Oktober merklich gestiegen. Die Verbraucherpreise legten um 2,0 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat zu, wie das Statistikamt Eurostat nach einer zweiten...
Vermögende Schweizer Anleger haben aus den Krisenerfahrungen der letzten Jahre Lehren gezogen, ihr Portfolio haben sie aber kaum geändert. Persönliche Beratung bleibt trotz der Digitalisierungswelle wichtig und nachhaltige Anlagen werden noch wenig genutzt.
Krisen wecken unter Anlegern in der Schweiz, Österreich und Deutschland zwar durchaus Ängste, beeinflussen den Anlagemix aber meist nur kurzfristig, so der neueste LGT Private Banking Report. Die Suche nach Rendite bleibe für viele der stärkste Treiber ihres Anlageverhaltens und effektive Verhaltensänderungen ergeben sich höchstens bei einer Minderheit. Die Finanzkrise 2008 als auch die derzeitige Corona-Krise haben jeweils zu einer kritischeren Haltung gegenüber Banken und Kundenberatern geführt: Besonders unter den sogenannten Soloisten, die wachsende Gruppe von Private-Banking-Kunden, die Anlageentscheidungen selbstständig treffen, sei die Veränderung signifikant gewesen.
63% der Befragten, die die Finanzkrise als Anleger miterlebt haben, meiden seither Anlagen, die sie nicht verstehen. Zudem treffen sie ihre Anlageentscheidungen vermehrt faktenbasiert (60%), sind vorsichtiger geworden (60%) und haben ihr Portfolio konservativer ausgerichtet, um weniger Risiken einzugehen (52%). Auch die Corona-Krise stütze diese These: Panikkäufe waren selten, die befragten Schweizer Anleger haben die Nerven behalten. Wie weiter aus der Studie hervorgeht, hat nur die Hälfte zwischen Mitte Februar und Ende April 2020 Veränderungen im eigenen Anlageportfolio vorgenommen und dabei mehrheitlich günstige Kurse für Aktienkäufe genutzt. Seit 2010 erhöhte sich die Aktienquote und der Cash-Anteil nur leicht (von 34% auf 36% bzw. von 28% auf 29%), während bei den Anleihen eine signifikante Abnahme festgestellt werden konnte (von 14% auf 6%).
Krisen und andere Negativereignisse führen auch immer zu einer kurzzeitigen Flucht in Cash oder Gold. So hat der Cash-Anteil in den Portfolios in den vergangenen zehn Jahren zwischen 28% und 34% je nach Börsenlage fluktuiert und eine gegenläufige Entwicklung zum Aktienanteil gezeigt. Die Abkehr von risikoreichen Anlagen sei aber jeweils nur von kurzer Dauer. Die Befragten seien sich zwar der Risiken von Aktien bewusst und halten diese im Vergleich zu anderen Anlageklassen für höher, 59% der Schweizer Befragten sahen aber Anfang 2020 keine andere Anlageklasse, die im aktuellen Tiefzinsumfeld interessante Renditen versprechen würde. "Den Banken ist es nicht gelungen, den Anlegern zu vermitteln, wie alternative Anlagen sinnvoll zur Portfolio-Diversifikation genutzt werden können", so der Studienleiter und Univerisätsprofessor Teodoro Cocca. Zudem verstehen Anleger diese Alternativen zu wenig. Auch geografisch scheinen Schweizer Anleger nur suboptimal zu diversifizieren: Heimische Titel werden in 66% der Fälle bevorzugt, etwas seltener als noch 2010 (72%).
Auch wenn einzelne Anleger aufgrund von Krisenerfahrungen vermehrt auf die eigenen Fähigkeiten gesetzt haben, bleibt für die Mehrheit der Kunden (59%) die persönliche Beratung mit dem eigenen Kundenberater sehr wichtig. Dabei werde sogar eine höhere Kontaktintensität gewünscht, speziell im Rahmen von persönlichen Gesprächen und Events. Der Digitalisierungstrend sei vor allem in den letzten zwei Jahren abgeflacht. Online-Angebote, v.a. für die Auftragserteilung und das Monitoring der Portfolios, haben zwar mittlerweile in allen Altersklassen eine konstant hohe, teils aber sogar leicht rückläufige Bedeutung (2020: 75% vs. 2018: 79%).
Was die Beratung anbelange, werde der Mensch also zwar der Maschine vorgezogen, Kunden wünschten sich aber ein "Sowohl-als-auch", so Cocca. Dies könnte auch damit zu tun haben, dass sich zwar 60% der Anleger selbst mehr Finanzwissen angeeignet haben, dass der Anteil der Befragten mit keinen oder begrenzten Finanzkenntnissen aber erstaunlich hoch geblieben sei (zwischen 32% und 49%).
Zudem habe in den letzten zehn Jahren die Wechselbereitschaft der Private-Banking-Kunden abgenommen (von 26% in 2010 auf 12% Anfang 2020). Gleichzeitig habe die Bindung der Kunden an die Banken zu Lasten der Rolle des Kundenberaters zugenommen.
Anleger betonen die Wichtigkeit von ökologischen, sozialen und ethischen Aspekten bei der Auswahl von Anlagen: Die Hälfte der Anleger gibt sich überzeugt, dass nachhaltige Vermögensanlagen helfen würden, ethische Standards in der Wirtschaft durchzusetzen, soziale Bedingungen zu verbessern und die Umwelt und das Klima zu schützen. Ein Grossteil zeigt sich sogar "besorgt" über den Klimawandel (83%) und die sich zunehmend öffnende Schere zwischen Armen und Reichen (75%). Ebenfalls signalisieren sie ein grosses Interesse an der Integration von ESG-Kriterien (43%) in Anlagen, nachhaltigen Fonds (48%), Impact Investing und Microfinance (55%). Zwischen diesen Aussagen und dem tatsächlichen Verhalten klaffe allerdings eine grosse Lücke: Nur gerade 10% des Vermögens von Schweizer Anlegern sei auch wirklich nach nachhaltigen Kriterien investiert. Die Anleger gewichten reine Renditeüberlegungen klar höher als Umwelt- oder soziale Risiken – obwohl inzwischen die meisten Studien belegen, dass nachhaltige Anlagen langfristig bessere Renditen erzielen. Dennoch glauben 31% der Schweizer Private-Banking-Kunden immer noch, dass die Rendite von nachhaltigen Anlagen im Gegensatz zu traditionellen Anlagen generell tiefer sei.