22.11.2024, 13:09 Uhr
Die Kerninflation in Japan lag im Oktober bei 2,3 Prozent, das ist etwas weniger als noch im September. Aber minimal mehr als erwartet worden war.
Im Wettstreit zwischen den USA und China geht es nur vordergründig um Handelspolitik. Tätsächlich geht es laut einer Studie des Think Tanks Eurasia Group und Vontobel um die Vorherrschaft im digitalen Zeitalter. Europa könnte in diesem Konflikt zu den Verlierern gehören.
Die jüngst von Vontobel und der Eurasia Group veröffentlichte Studie mit dem Titel "The Next Digital Superpower" stellt die These auf, dass es im Handelskrieg zwischen China und den USA in erster Linie gar nicht um den Handel, sondern um die digitale Vorherrschaft geht. Von besonderer Bedeutung sei hier die Führerschaft bei sogenannten "dual-use Technologien" wie 5G. Die Nation, die hier die Nase vorn hat, ist im Vorteil. Nach Ansicht der Verfasser der Studie wird die Nation, welche die Schlüsseltechnologien bestimmt, seiner Wirtschaft einen klaren Vorsprung verschaffen. Angesichts dieser Dimension erscheint der aktuelle Streit um Zölle und Handelsbeschränkungen nur Mittel zum Zweck oder lediglich wie eine Ouvertüre zum grossen Spiel, so die Experten.
Die Autoren skizzieren drei Szenarien, wie sich der Wettstreit um die digitale Vorherrschaft entwickeln kann und welche Auswirkungen er auf die Weltwirtschaft mit sich bringen könnte. In dem wahrscheinlichtsen Szenraio, dass davon ausgeht, dass der Konflikt zwischen den USA und China andauern und an Schärfe gewinnen wird, ist Europa eher auf der Verliererseite. Da die USA und China eine direkte Konfrontation meiden werden, dürfte Europa Stellvertreterschauplatz für den Wettkampf um die Zukunft sein. Europa ist aber gegenüber Abkühlungen des globalen Wirtschaftsklimas besonders empfindlich. So scheint die Europäische Zentralbank (EZB) das meiste Pulver verschossen zu haben und die Wirtschaftsmotoren Europas sind auf Exportüberschüsse angewiesen. Zudem herrscht in der EU grosse Uneinigkeit zu Fragen rund um den Umgang mit China und zunehmend auch bezüglich der USA, heisst es in der Studie. Einzelne EU-Länder sind und werden immer zu Alleingängen ausscheren, wenn sie eigene Vorteile erwarten.
China wird in diesem Zukunftsszenario das Werben um Europa beziehungsweise um einzelne Staaten erhöhen. So könnte das Reich der Mitte westlichen Unternehmen den Zugang zu bisher verschlossenen Sektoren im Inland geben oder Zölle für Waren und Dienstleitungen von nichtamerikanischen Unternehmen senken. Andererseits dürfte China auf weiterhin offene Türen für seine Auslandsinvestitionen in Europa pochen, gerade wenn der Zugang zu amerikanischen Märkten und Technologie schwieriger wird. Europa wird sich mit Entscheidungen bezüglich diese Thematik nicht leicht tun.
Die USA werden nach Ansicht der Verfasser der Studie Europa nicht die Möglichkeit geben, neutral zu bleiben und seine eigene Vorteile zu suchen. Der Druck auf das Abendland wird zunehmen, wenn die USA Solidarität wünschen. Die wirtschaftlichen Konsequenzen wären für einzelne europäische Staaten und die Gemeinschaft insgesamt zu gross, als dass man die Interessen der USA zugunsten von China ignorieren könnte. Andererseits scheint es gemäss Studie aber auch unwahrscheinlich, dass sich Europa vollständig den Wünschen der USA unterwerfen kann. Die Bedeutung chinesischer Produkte für die europäische Infrastruktur ist bereits zu gross: Ohne die Technologie aus China ist beispielsweise 5G in Europa praktisch nicht umsetzbar.
Gewinner des Konflikts werden Vietnam, Indonesien, Thailand, Bangladesch, Taiwan, Malaysia und Mexiko sein – zumindest in der frühen Phase der Handelsstreitigkeiten. Chile, Argentinien und Brasilien könnten zudem davon profitieren, dass sich die USA im Zuge der selbstauferlegten Sanktionen selber als Zulieferer für China aus dem Rennen nimmt. Gleichzeitig werden die USA als Produktionsstandort wieder an Bedeutung gewinnen. Die Klimadebatte und die logistischen Kosten stehen gegen lange Transportwege. Neue Technologien wie 3D-Drucker reduzieren die Produktionskosten auch in Hochlohnländern auf ein wettbewerbsfähiges Niveau. Langfristig sollten von diesen Trends auch Lateinamerika als Nachbar der USA und Länder in Süd- und Südostasien als Anrainer Chinas profitieren.
Die Verschiebungen in den globalen Wertschöpfungsketten wird Investoren vor massive Herausforderungen stellen. Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass der US-Aktienmarkt in den Szenarien der "Anhaltenden Auseinandersetzung" und des "Wiederaufstiegs des Westens" leiden würde. Ein Grund zur Sorge ist, dass mehr als ein Drittel des Umsatzes der im S&P 500 börsengelisteten Unternehmen aus dem Ausland stammt. Diese Unternehmen würden eindeutig unter dem Verlust des Marktzugangs im Ausland leiden. Nur im eher unwahrscheinlichen Szenario "Dauerhafte Deeskalation" könnten US-Unternehmen verstärkt Zugang zu chinesischen Märkten erhalten, was ihre Ertragsbasis erhöhen würde.
Abschliessend zeigen die Autoren Massnahmen auf, wie den negativen makroökonomischen Auswirkungen national entgegengewirkt werden kann. Der als nationale Herausforderung empfundene Wettstreit mit China um die Schlüsseltechnologien der Zukunft könnte zu programmatischen Investitionsinitiativen in Forschung, Entwicklung und Bildung führen. Diese, kombiniert mit einer Deregulierung der Märkte und weiteren Steuersenkungen, könnten negative Effekte vermeiden. Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür ist die Enstehungsgeschichte des Silicon Valley.