Aktienmarktverluste aufgrund anhaltender Krise

18.03.2008, 09:02 Uhr

Dr. Thomas Steinemann, Chefstratege der Vontobel-Gruppe sieht Qualitätstitel vorn. Während er im festverzinslichen Bereich erstklassige Anlagen bevorzugt, setzt er im Aktienbereich auf nicht-zyklische Konsumgüter, alternative Energien und Cash.

Nachdem über das Wochenende bekannt wurde, dass die fünftgrösste US-Investmentbank Bear Stearns durch JP Morgan übernommen würde, reagierten die globalen Aktienmärkte mit heftigen Abgaben. Gleichzeitig senkte die US-Notenbank nur kurze Zeit vor der ordentlichen Sitzung des Offenmarktauschusses vom 18. März den Diskontsatz um 25 Basispunkte auf 3.25%. Die Übernahme der US-Investmentbank Bear Stearns durch JP Morgen kam am Markt trotz expliziter Zentralbankgarantien nicht gut an. Die Sorge, dass weitere Banken übernommen werden müssten, stand im Vordergrund. Der Preis von 2 US-Dollar pro Aktie bei einem Marktpreis von 30 US-Dollar für eine Aktie von Bear Stearns noch am Freitag letzter Woche ist sicherlich ein günstiger Preis, zumal die US-Notenbank für allfällige Verpflichtungen gerade stehen will. Diese Garantie der US-Notenbank sowie die vorzeitige Diskontsatzsenkung zeigen, dass die Geldbehörden entschlossen sind, alles Nötige in die Wege zu leiten, um eine Systemkrise zu verhindern.

Letzte Woche wurde zudem bekannt gegeben, dass die US-Notenbank in Zusammenarbeit mit der EZB und der SNB risikolose Schatzpapiere (quasi Cash) im Umfang von 200 Mrd. US-Dollar erstmals gegen hypothekengesicherte Wertpapiere ausgibt. Damit nimmt die US-Notenbank bereits ihre Rolle als "lender of last resort" wahr. Dass dies auch nötig ist, zeigt ein Blick auf die "TED-Spreads", welche das Funktionieren des Bankensystems anzeigen.

Wie weiter?

Aufgrund der Spannungen am Geld- und Kreditmarkt dürfte die US-Notenbank auch heute den Leitzins deutlich senken. Die Märkte erwarten eine Senkung um 75 bis 100 Basispunkte auf 2%. Die Notenbank wird zudem bekräftigen, dass sie entschlossen ist, alles Nötige zu unternehmen, um einen Kollaps des Finanzsystems zu verhindern und die Wirtschaft zu "reflationieren". Im Extremfall könnte dies heissen, dass nebst weiteren Zinssenkungen bis auf möglicherweise 1% die bei den Banken liegenden Wertpapiere, welche zurzeit keine Preise mehr haben, vom Fed übernommen würden.

Im Zuge der jüngsten Finanzmarktunruhen erfolgte einmal mehr eine "Flucht in die Qualität", sodass der CH-Franken, der japanische Yen, Gold und Staatsanleihen in der Gunst der Anleger stehen. Aber auch Rohwarenpreise wie Öl oder Weizen setzen ihren Höhenflug fort. Solange die Verunsicherung anhält, werden diese Anlageklassen weiterhin profitieren.

Zurzeit sehen wir von einer Änderung der aktuellen Anlagestrategie ab. Die stark gestiegenen Kreditspreads am Obligationenmarkt und Risikoprämien am Aktienmarkt weisen daraufhin, dass vieles an schlechten Nachrichten in den Preisen bereits enthalten ist.

Gemessen an historischen Vergleichen sind beide Anlageklassen bereits tendenziell überverkauft. Wir halten an unserem Szenario fest, wonach sich die US-Wirtschaft nach zwei schrumpfenden Quartalen in der zweiten Jahreshälfte stabilisieren wird und die Massnahmen der US-Notenbank sowie die Steuersenkungen durch das Finanzministerium Wirkung zeigen werden.

Dennoch wird die Verunsicherung noch vorderhand fortdauern. Weitere vorübergehende Kursverluste können damit nicht ausgeschlossen werden. Zwar bedarf es noch einiger Zeit, bis das Überangebot am US-Immobilienmarkt abgebaut sein wird; sobald jedoch der Markt von den ergriffenen geld- und fiskalpolitischen Massnahmen überzeugt ist, werden sich die Preise an den Finanzmärkten deutlich stabilisieren.

Wie gestalten sich in diesem Umfeld unsere Portfolios?

Im festverzinslichen Bereich profitieren wir von unserer auf erstklassige Qualität ausgerichteten nlagestrategie. Dabei wird mehrheitlich in AAA-Papiere investiert. Das Kredit- und Liquiditätsrisiko in unseren Portfolios ist deshalb aus heutiger Sicht gering. Unsere Obligationenportfolios weisen eine positive Performance aus. Dabei hilft auch die Untergewichtung im US-Dollar.

Im Aktienbereich haben wir Finanzwerte untergewichtet. Übergewichtet sind Titel aus den Bereichen Energie, Rohwaren, nicht-zyklische Konsumgüter und alternative Energien. Im Bereich unserer Value Fonds-Palette sind wir ebenfalls defensiv positioniert mit einem Übergewicht an nicht-zyklischen Konsumgütern und Cash.

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