23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
Der Tag des Brexit-Votums jährte sich kürzlich zum zweiten Mal. Während auf politischer Ebene kaum Fortschritte zu sehen sind, zeigen sich in der konjunkturellen Entwicklung Grossbritanniens die ersten Auswirkungen.
Die britische Wirtschaft sollte kurz nach der Abstimmung über den Austritt aus der EU in eine Rezession stürzen aber die Mehrheit der Prognostiker hatte Unrecht. Trotzdem zeigen sich in Grossbritannien mit einiger Verzögerung nun die ersten Auswirkungen des Brexit-Entscheids. So ist die britische Wirtschaft in den vergangenen Quartalen weniger schnell gewachsen als zuvor. Während 2015 und 2016 ein Wirtschaftswachstum von gegen 2 Prozent erzielt wurde, könnte es im laufenden Jahr auf 1,3 Prozent sinken.
Wirtschaftswachstum in den UK
Howard Cunningham, Fixed-Income Portfolio Manager bei Newton (BNY Mellon IM) hält fest: "Seit dem Brexit-Referendum ist das Vereinigte Königreich von der Spitze der G-7-Wachstumsliga nach unten gerückt. Das liegt zum Teil daran, dass sich die wirtschaftliche Erholung im Euroraum fortgesetzt hat und die USA einen fiskalischen Aufschwung erlebt haben, zum Teil aber auch daran, dass die britische Wirtschaft an Schwung verloren hat aber keineswegs zusammengebrochen ist."
Risikos sind im Anleihenmarkt vorhanden
Es stellt sich ausserdem die Frage, welchen Einfluss der Brexit in diesen zwei Jahren auf Anleihenmärkte des Vereinigten Königreiches hatte. "Die Antwort darauf ist nicht ganz eindeutig, da es sehr schwierig ist, den Anleihenmarkt isoliert zu betrachten", erläutert Garland Hansmann, Portfolio Manager bei Investec AM. Der Vermögensverwalter bevorzugt deshalb für seine Portfolios weiterhin Emittenten ausserhalb Grossbritanniens, die von den Folgen des Brexits weniger betroffen sind. Auch wenn negative Auswirkungen bisher nicht direkt sichtbar waren, sei das Risiko eindeutig vorhanden.
Als Beispiel nennt Hansmann den britischen Einzelhandel, wo grosse Teile der Anleihen sehr schlecht abgeschnitten haben. Anleihen von Unternehmen wie Iceland, Shop Direct, Matalan, Debenhams und New Look haben zum Teil erheblich an Wert verloren. Die britische Wirtschaft, die generell von den wirtschaftlichen Folgen des Brexit betroffen ist, belastet sicherlich auch diese Unternehmen. Der Experte ist sich sicher: "Hier hat der Brexit wahrscheinlich zumindest einen leicht negativen Einfluss auf den britischen Markt für Unternehmensanleihen und Kredite gehabt."
Geduld zahlt sich aus
Britische Aktien bleiben im Vergleich zu historischen Werten billig, meint Richard Buxton, Head of UK Equities bei Old Mutual Global Investors. Es könnte gemäss Buxton der Eindruck entstehen, dass Grossbritannien jetzt, wo sich Europa erholt und die Vereinigten Staaten von fiskalischen Impulsen profitieren, einer der am langsamsten wachsenden Staaten sein wird. Anlass zur Sorge könne auch sein, dass das Vereinigte Königreich nach dem Ausstieg aus der EU erheblich darunter leiden wird.
Was auch immer der Grund für die tiefen Aktienpreise sein möge, Fakt ist, dass britische Large-Cap-Aktien momentan ziemlich unbeliebt sind. Dennoch sieht der Experte nicht schwarz: "Das Wirtschaftswachstum im Vereinigten Königreich mag gedämpft sein, der Bullenmarkt altert, aber die Aktienbewertungen im Vereinigten Königreich sind nicht gedehnt, und der Markt wird dem geduldigen Anleger weiterhin Chancen bieten, selbst in britischen Large-Cap-Aktien."
Geldpolitische Haltung ist zu überdenken
Indes beobachtet die Bank of England (BoE) die Ereignisse des Brexit und die Reaktion der Wirtschaft genau. Nach dem Abbruch einer Zinserhöhung im Mai hat sich der Konsens drastisch von einem kurzfristigen Anstieg auf einen Anstieg bis zum Jahresende verschoben (63% Chance nach Märkten).
Der nächste BoE-Inflationsbericht ist im August fällig, was der BoE eine weitere Gelegenheit bietet, ihre politische Haltung zu überdenken. Azad Zangana, Senior European Economist and Strategist bei Schroders ist sich sicher, dass angesichts der jüngsten Schwäche sowohl in Grossbritannien als auch in Übersee der Leitzins auf Eis liegen bleiben dürfte: "Wir gehen davon aus, dass die BoE 2018 (November) und 2019 nach Ablauf der Brexit-Frist am 29. März noch einmal die Zinsen erhöhen wird."