23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
Branchen wie Konsumgüter und Gesundheit gelten als defensiv. Wer sein Portfolio defensiv ausrichten und breiter diversifizieren will, werde jedoch auch anderswo fündig. "Besonders der Tech-Sektor wird in dieser Hinsicht unterschätzt", meint Kent Hargis von AllianceBernstein.
Zwar zeichnen sich die bekanntesten Player der Tech-Branche durch eine hohe Volatilität aus. "Doch abseits der FAANG-Aktien – Facebook resp. heute Meta, Apple, Amazon, Netflix und Alphabet – gibt es viele hochwertige, profitable Technologieunternehmen, die hinter den Kulissen agieren", sagt Kent Hargis, Co-Chief Investment Officer - Strategic Core Equities des US-Vermögensverwalters AllianceBernstein.
Diese Gesellschaften würden als sogenannte «Enabler" die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft überhaupt erst ermöglichen, betont er. Hargis denkt dabei an Hersteller von Computerhardware, Zahlungsdienstleister, Cloud-Computing-Anbieter und Chiphersteller, die das Rückgrat der informationsbasierten Wirtschaft bilden. Sie stünden weniger im Rampenlicht, verfügten aber über tragfähige Geschäftsmodelle und regelmässige, solide Ertragsströme.
Als ein Beispiel nennt er Broadcom, ein weltweit führender Anbieter von Infrastrukturtechnologie mit einer Reihe von Halbleiter- und Softwarelösungen. Angesichts der wachsenden Bedeutung künstlicher Intelligenz sei das Unternehmen so positioniert, dass es von der Entwicklung vor allem als Anbieter von Handelssilizium für Hochgeschwindigkeitsnetzwerke profitieren könne, so der Experte.
Dank ihrer Fähigkeit, starke Preisschwankungen abzufedern, hätten diese hochwertigen Enabler 2022 den Informationstechnologiesektor insgesamt outperformt. Der Grund: "Sie weisen ein geringeres Beta auf als die grossen Technologieunternehmen und reagieren damit weniger empfindlich auf Bewegungen am Gesamtmarkt", erklärt Kent Hargis.
Tatsächlich weisen etwa ein Viertel der Technologiewerte im MSCI-World-Index einen Beta-Faktor unter eins auf und erreichen damit ähnliche Werte wie die traditionell defensiven Branchen. Für den CIO des US-Vermögensverwalters haten die aussichtsreichsten Tech-Unternehmen dieses Viertels jedoch einen weiteren entscheidenden Vorteil: eine verhältnismässig geringe Schuldenlast, was sie weniger anfällig auf Zinserhöhungen macht.
Anlegerinnen und Anleger, die sich diese defensiven Eigenschaften zunutze machen wollen, sollten bei der Unternehmensauswahl u.a. auf beständige Cashflows, Profitabilitätskennzahlen wie den Return on Investment (ROI) und eine gewisse Stabilität, "sprich eine im Vergleich zum Markt geringe Volatilität der Erträge, achten", empfiehlt Hargis.
Wettbewerbsvorteile, vor allem die Preissetzungsmacht, sind ebenfalls entscheidende Faktoren, gerade in Zeiten hoher Inflation. "Manche Unternehmen etwa bieten Dienstleistungen oder einzigartige Produkte an, die schwer oder gar nicht zu reproduzieren sind. Andere wiederum verfügen über stabile Netzwerke. Auch beliebte Marken oder günstige Produktionskosten sichern die Nachfrage", erläutert der Stratege.
Paychex beispielsweise ist ein Gehaltsabrechnungsdienst für kleine und mittelständische Unternehmen. Er profitiert von hohen wiederkehrenden Umsätzen, da die Kundenbindung aufgrund der hohen Wechselkosten hoch ist.
Die niederländische Informationsdienstleistungsgruppe Wolters Kluwer wiederum verfügt dank ihrer geschützten Datenbestände über ein robustes Geschäftsmodell. Als Herausgeber von Fachzeitschriften und Anbieter von gefragten Softwarelösungen basieren 80 Prozent des Geschäfts auf wiederkehrenden Umsätzen.
Auch ein marktbeherrschender Zahlungsabwickler wie Mastercard werde kaum einen Nachfragerückgang verzeichnen, selbst wenn es seine Gebühren inflationsbedingt anpasst, nennt Hargis ein weiteres Beispiel.
Die Marktvolatilität 2022 habe gezeigt, wie wichtig es sei, die Bewertungen im Blick zu behalten. Im Vorfeld des Abschwungs wurden viele Technologieunternehmen sehr teuer. Trotzdem wurde weiter investiert, da stetige Kursgewinne den (falschen) Eindruck erweckten, dass es sich um dauerhafte Gewinner handle. Als der Markt drehte, war der Absturz unvermeidlich.
Anleger sollten deshalb immer abwägen, ob die Bewertung einer Aktie der Realität oder Wunschdenken entspricht, "auch wenn das zugrunde liegende Unternehmen solide erscheint. Auf diese Weise kann das Ertragspotenzial verbessert und teure, anfällige Marktsegmente gemieden werden."
So lassen sich mit der richtigen Herangehensweise grundsätzlich auch im Tech-Sektor defensive Eigenschaften und Unternehmen finden, die stabile Erträge bei unterdurchschnittlichem Risiko auch in herausfordernden Zeiten bieten, schliesst CIO Hargis seine Analyse.