23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
Dr. Manfred Schlumberger von Frankfurt-Trust erklärt, warum die Anleihenmärkte steigen dürften und der Abwärtstrend in den Europäischen Börsen zusätzlich verstärkt wird.
Zwei Faktoren sind für die Entwicklung an den Aktienbörsen entscheidend: Die Zinsen und die Gewinne der Unternehmen. Was die Zinsen betrifft, so muss man insbesondere im Hinblick auf Europa optimistischer denn je sein. Zinserhöhungen der EZB darf man getrost auf Jahre hinaus ausschliessen. Im Gegenteil, Mario Draghi lässt in seinem verzweifelten Versuch, die Windmühlen der Deflationsgefahr zu bekämpfen, zunächst ABS-Anleihen und Covered Bonds kaufen. Ob dies die Kreditvergabe in (Peripherie-)Europa ankurbeln kann, ist jedoch zu bezweifeln. Dass die EZB zuletzt sogar bereit ist, unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen (pures QE; Quantitative Easing), kann man heute weniger denn je ausschliessen. Dies wird zwar kaum die Konjunktur beflügeln, aber Anleihenbesitzer noch glücklicher machen und an den Aktienbörsen ein - wenn auch vermutlich limitiertes - Kursfeuerwerk auslösen. Wegen des schwachen weltwirtschaftlichen Wachstums ausserhalb der USA und dem starken US-Dollar könnten auch die für Mitte nächsten Jahres erwarteten homöopathischen Zinserhöhungen der FED weiter nach hinten verschoben werden: Alles in allem also von der Zinsseite freie Fahrt für die Aktienbörsen.
Weltweit schwächelnde Konjunktur
Dummerweise lassen die schwachen Konjunkturentwicklungen in Europa, Japan und vielen Schwellenländern auch die Gewinnprognosen für die Unternehmen purzeln. Am besten sieht es hier auch weiterhin in den USA aus. Die stabilen Konjunkturzahlen lassen eine passable Berichtssaison für das 3. Quartal erwarten. Hierdurch wird jedoch die ambitionierte Aktienmarktbewertung - extrem ausgeprägt im US-Technologie-/Internetsektor - nicht wesentlich abgebaut. Kritisch ist zudem zu vermerken, dass das Gewinnwachstum vieler US-Unternehmen durch Aktienrückkäufe mittels Barreserven und billiger Kreditaufnahme ein gewisses "Facelifting" erfährt. Die nachlassende Marktbreite, rekordhohe Wertpapierkredite von Privatanlegern, eine Vielzahl von IPOs und der Einbruch bei den Small Caps des Russell 2000 mit den schwachen Konjunkturprognosen für den Rest der Welt als Katalysator zwingen nunmehr auch den Standardwerteindex S&P 500 in die Knie und haben ihn jüngst unter die wichtige 1.900er Marke gedrückt.
Korrektur an den Börsen nicht vorbei
Wesentlich dramatischer sieht die Lage an den europäischen Märkten aus. Der DAX scheint nachhaltig aus der Seitwärtsbandbreite zwischen 8.900 und 9.800 gefallen zu sein. Der Abwärtstrend auch in den europäischen Stoxx-Indizes wird durch massive Verkäufe ausländischer Investoren verstärkt, die zusätzlich mit Währungsverlusten wegen des schwachen Euro zu kämpfen haben. Das kurzfristige Sentiment bietet Raum für Gegenbewegungen an die Abbruchkanten (DAX 8.900, S&P 500 1.900), doch die mittelfristigen Indikatoren haben noch keineswegs extrem negative Niveaus erreicht: Die Kapitulation vor allem der institutionellen Aktienanleger lässt noch auf sich warten. Die Gewinnprognosen für europäische Unternehmen werden weiter nach unten angepasst. Die Abwertung des Euro, fallende Rohstoffpreise und weiterhin rekordniedrige Zinsen lassen zwar eine Trendwende bei den Gewinnen im nächsten Jahr erwarten. Solange jedoch der Bär an den Aktienmärkten tanzt, spielen diese positiven Faktoren keine Rolle. Und solange insbesondere wichtige Chartmarken wie die 1.900 beim S&P nicht wieder zurückerobert werden können, muss von einer Fortsetzung der aktuellen heftigen Korrekturbewegungen ausgegangen werden. Die mittelfristige "Alternativlosigkeit" der Aktienanlage wird uns vermutlich schon zum Jahresende wieder steigende Kurse bescheren - offen bleibt nur von welchen Niveaus aus. Die Party an den voreilig abgeschriebenen Rentenmärkten (ausser aktienmarktkorrelierten Segmenten wie High Yield) scheint dagegen in der Erwartung von Staatsanleihenkäufen der EZB und einer vorsichtiger werdenden FED noch ihrem Höhepunkt entgegen zu streben.