In den USA droht das Fiscal Cliff, im Euroland die Austeritätsfalle

Anton Brender, Chefvolkswirt von Dexia Asset Management
Anton Brender, Chefvolkswirt von Dexia Asset Management

Auch 2013 wird es kaum grosse Wachstumssprünge geben. In den USA dürfte das Wirtschaftswachstum etwa 2% betragen, sofern der Kongress die drohende Fiscal Cliff abwenden kann. In Europa kann bestenfalls mit einer Stagnation gerechnet werden. Auch in den Schwellenländern wird die Konjunktur vermutlich nur langsam wieder anziehen.

12.12.2012, 17:29 Uhr

Redaktion: sek


Ausser in den USA ist die Konjunktur seit Ende 2011 überall rückläufig, in der Eurozone ist sie zuletzt sogar geschrumpft. Der weltweite Abschwung ist aber nur zum Teil auf die Verschärfung der Krise in Europa zurückzuführen. Im Grunde genommen spiegelt er, wie schwer es der Wirtschaft fällt, wieder Fahrt aufzunehmen. Die Industrieländer haben Wachstumsprobleme, weil ihre Binnennachfrage aufgrund des Schuldenabbaus im öffentlichen wie im privaten Sektor noch einige Jahre schwach sein wird. Die Emerging Markets müssen lernen, auch dann zu wachsen, wenn sie sich nicht mehr wie bisher auf die Industrieländer verlassen können. Die notwendige Wachstumsverlagerung dürfte ein langsamer Prozess sein. 2013 wird die Konjunktur in den Emerging Markets vermutlich nur allmählich wieder anziehen und den reiferen Märkten daher auch nur wenig Unterstützung bieten. Vor diesem Hintergrund dürfte die Geldpolitik der Industrieländer-Notenbanken expansiv bleiben. Falls nötig werden sie wohl weitere Massnahmen zur geldpolitischen Lockerung treffen, zumal eine Aufblähung ihrer Bilanzen im aktuellen Umfeld nicht zu einer höheren Inflation führt.

USA: Auf dem Weg der Besserung – aber noch nicht gesund
Das US-Bruttoinlandsprodukt wächst noch immer um 2 Prozent. Der Schuldenabbau im privaten Sektor trägt erste Früchte und es gibt Zeichen für eine Erholung bei den Kreditaufnahmen durch Privathaushalte, obwohl die Kreditbedingungen noch immer streng sind. Wichtiger noch ist, dass der Wohnimmobilienmarkt wieder anzieht. Die Zahl der Baubeginne steigt rasch und die Hauspreise fallen nicht mehr. Da die Haushalte wieder mehr sparen, dürfte der Konsum parallel zu den Löhnen steigen. Dennoch steht die Erholung nach wie vor auf wackligen Beinen: Das weltweit rückläufige Wachstum belastet die Exporte und auch die Ausrüstungsinvestitionen sind in den letzten Monaten gefährlich zurückgegangen. Hinzu kommt, dass die Stundenlöhne trotz des einigermassen kontinuierlichen Beschäftigungswachstums nur schwach zugelegt haben, so dass sich der Zuwachs der Arbeitseinkommen in Grenzen hält. Vor diesem Hintergrund ist es nach Einschätzung des Chefvolkswirts von Dexia Asset Management, Anton Brender, „von entscheidender Bedeutung, dass die wiedergewählte US-Regierung einen Kompromiss zustande bringt, um die drohende Fiscal Cliff abzuwenden. Nur dann dürfte das Wachstum auch 2013 zirka 2 Prozent betragen.“

Euroraum: Die Spannungen haben nachgelassen, aber das Deflationsrisiko steigt
Im Euroraum sind die Verbraucher auch drei Jahre nach Beginn der Erholung eher zurückhaltend, insbesondere in den Peripherieländern. Während der Hang zum Sparen in den Kernländern etwas nachgelassen hat, ist der Trend in den Peripherieländern ungebrochen. Zuletzt führten die staatlichen Sparmassnahmen zwar zu Leistungsbilanzverbesserungen, doch angesichts der eher schwachen Weltkonjunktur war dies nur um den Preis niedriger Importe und einer geringeren Binnennachfrage möglich. In den Peripherieländern wirken die enorm hohen Staatsausgabenmultiplikatoren einem raschen Ausgleich der Staatshaushalte entgegen. Das Anleihenkaufprogramm der EZB (OMT) im Spätsommer brachte die Wende im Umgang mit der Krise. Florence Pisani, Volkswirtin bei Dexia Asset Management, ist der Meinung, dass „die Krise nicht unter Kontrolle zu bringen ist, solange die Wirtschaft schrumpft.“ Was das betrifft, sind die jüngsten Indikatoren nicht besonders ermutigend. Die Schwäche des Arbeitsmarkts belastet den Konsum und es wird immer weniger in Sachkapital investiert. Lediglich die Exporte in Länder ausserhalb des Euroraums bieten noch etwas Unterstützung. „In einem solchen Umfeld dürfte das Wachstum 2013 bestenfalls stagnieren. Das grösste Risiko besteht darin, dass einige wichtige Euroraumländer wie Italien oder sogar Frankreich in die Austeritätsfalle tappen könnten. Dies ist trotz der jetzt etwas flexibleren Sparpolitik nicht auszuschliessen“, so Florence Pisani abschliessend.

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