23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
Unabhängig davon, wie der Klimagipfel in Glasgow ausgeht – die Energiewende ist im Gang. Während in der Politik die Taten den lauten Worten bestenfalls hinterherhinken, macht die Wirtschaft mobil. Tilmann Galler von J.P. Morgan Asset Management sieht eine massive Umleitung von Ressourcen und Kapital voraus. Was sind die Gewinner dieser "Jahrhunderttransformation"?
Der Energieverbrauch zählt neben der Landwirtschaft zu den Hauptverursachern des CO2-Anstiegs. Kaum jemand bezweifelt, dass der Ausbau erneuerbarer Energien deshalb vorangetrieben werden muss. Gegenwärtig liegt ihr globaler Anteil bei 15%. Beim momentanen Tempo des Ausbaus könnte sich die Kapazität bis 2050 fast verdreifachen.
Dennoch würden die erneuerbaren Energieträger auch dann nur einen Anteil von rund 27% des Welt-Energiebedarfs abdecken; gemäss dem "International Energy Outlook 2021» wächst der globale Energiebedarf in den nächsten 30 Jahren um 50%. "Das bedeutet, dass ohne einen massiven Strukturwandel in der Energieerzeugung die CO2-Emissionen bis 2050 weiter steigen werden", sagt Ökonom Tilmann Galler von J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt.
Namentlich in den Schwellenländern Asiens, deren Stromproduktion stark auf fossilen Brennstoffen basiert, steigt der Energiebedarf rasant. "In den vergangenen zehn Jahren ist es zwar Europa und Japan gelungen, den Energiebedarf um 4 bis 6% zu reduzieren. Aber in den Emerging Markets waren die Steigerungen um das sechsfache höher als die Reduktionen, hält Galler fest.
Allein im letzten Jahr wurde in China fast doppelt so viel Kapazität an Kohlekraftwerken an das Netz gebracht wie in Europa und den USA vom Netz genommen wurde. Ohne Einbezug der grossen Schwellenländer können die Klimaziele nicht erreicht werden.
Der notwendige Strukturwandel in der Energiegewinnung erfordert enorme Investitionen. Die International Energy Agency beispielsweise geht davon aus, dass global für das Erreichen des 1,5-Grad-Klimaziels des Pariser Abkommens die jährlichen Ausgaben für erneuerbare Energien und zur Steigerung der Energieeffizienz von aktuell rund 700 Mrd. auf 2300 Mrd. US-Dollar steigen steigen müssen.
"Für Schwellenländer ist es jedoch kaum akzeptabel, dass ambitionierte Klimaziele sie am wirtschaftlichen Aufstieg und damit an mehr Wohlstand für ihre Bevölkerung hindern», wendet Tilmann Galler ein. Die Industrieländer stünden vor der Aufgabe, die Entwicklungsländer bei ihren Klimazielen finanziell stärker zu unterstützen. Gleichzeitig müssen für diesen gewaltigen Investitionsbedarf günstige Finanzierungsbedingungen gewährleistet werden.
Für Investoren sei es mit Blick auf die Umwälzungen in der globalen Energieversorgung sinnvoll, sich mehr in Bereichen zu engagieren, die zukünftig mit Liquidität geflutet werden, als in denen, die "trockengelegt" werden sollen.
Green und Sustainable Bonds, nachhaltig orientierte Aktienstrategien und Infrastruktur werden zu den Gewinnern dieser, wie Galler sagt, "Jahrhunderttransformation" gehören. Emissionen grüner Anleihen würden ein wichtiges Instrument sein, mit dem Regierungen neue klimaorientierte Ausgaben finanzieren werden, ist er überzeugt.
Zusätzlich erwartet die US-Grossbank weitere Anreize für Investitionen von privatem Kapital. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, "wären regulatorische Anreize, Portfolios zukünftig klimafreundlich auszurichten», meint Galler.
Ein weiterer Weg seien Public-Private-Partnership-Modelle unter Beteiligung des öffentlichen und privaten Sektors. Damit könne sichergestellt werden, dass Initiativen, deren Finanzierung für den Privatsektor allein zu riskant wäre, trotzdem realisiert werden können.