«Gute Zeiten für Konjunktur und Märkte»

Shannon L. Saccocia, Chief Investment Officer – Wealth, bei Neuberger Berman. (Bild pd)
Shannon L. Saccocia, Chief Investment Officer – Wealth, bei Neuberger Berman. (Bild pd)

«Ein wichtiger Grund für Optimismus ist die bemerkenswerte Stabilität von Wirtschaft und Märkten, an der auch die letzten drei Quartale wenig änderten. All das spricht für einen positiven, geradezu optimistischen Ausblick. Die Frage wäre dann nicht mehr, wie schlimm es kommt – sondern, wie gut es wird», schreibt Shannon L. Saccocia, Chief Investment Officer – Wealth, bei Neuberger Berman.

11.12.2025, 12:20 Uhr
Aktien | Anlagestrategie | Obligationen

Redaktion: sw

«Zwar sehen wir noch immer gute Gründe zur Vorsicht, zumal nach dem Government Shutdown noch immer US-Daten fehlen. Dennoch wird ein Goldilocks-Szenario immer wahrscheinlicher», erläutert die Expertin. In den USA und weltweit liess das Wachstum nicht so stark nach wie befürchtet, und die Inflation stieg nur leicht. Der mässige Anstieg des PCE-Kernindex letzte Woche habe das bestätigt.

Wenn sich die Wirtschaft wie erwartet bis Mitte nächsten Jahres stark erholt, dann aus mehreren Gründen: Dazu zählen die weitere Lockerung der US-Geldpolitik, die geplanten Ausgabenprogramme (die meisten gerade beschlossenen Kürzungen werden erst nach den Zwischenwahlen 2026 in Kraft treten), die soliden Haushalts- und Unternehmensfinanzen und nicht zuletzt das gute Marktumfeld mit hohen Aktienkursen, niedrigen Anleihen-renditen, engen Spreads und einem schwächeren Dollar. Die enormen KI-Investitionen dürften ebenfalls helfen.

Inflation könnte 2026 fallen

Ausserdem könnte die Inflation schon bald ihren Höhepunkt erreicht haben und nächstes Jahr wieder fallen. Schliesslich laufen die Basiseffekte der Zölle aus, und die KI-bedingten Produktivitätssteigerungen ermöglichen niedrigere Kosten und Effizienzgewinne.

Am Ende dürfte aber für risikobehaftete Wertpapiere und vor allem für Aktien alles gut werden. Zinssenkungen ausserhalb von Rezessionen waren für Aktien schon immer günstig. Dennoch sind zwischenzeitliche Verluste nicht auszuschliessen.

Worauf es ankommt

Politische Entscheidungen oder ein Fehler der Fed scheinen zurzeit die grössten Risiken zu sein, zumal sich die Mitglieder des Offenmarktausschusses alles andere als einig sind. Man ist sich uneins darüber, ob die US-Wirtschaft weitere Zinssenkungen braucht, um den schwachen Arbeitsmarkt zu stützen. Die von ADP Research erhobenen Daten für den privaten Sektor waren letzte Woche nicht besonders gut. Vielleicht sollte sich die Fed aber auch mit Zinssenkungen zurückhalten, weil die Inflation noch immer über dem Zielwert liegt und die Zölle sie weiter anheizen könnten.

Solche Meinungsverschiedenheiten haben natürlich Auswirkungen auf die Geldpolitik und vor allem auf den neutralen Zins. Als der Offenmarktausschuss im September letztmals Konjunkturprognosen veröffentlichte, hatten die 19 Mitglieder elf verschiedene Einschätzungen. Die Wachstumsprognosen reichten von 2,6 bis 3,9 Prozent, wobei 3,9 Prozent am besten zum derzeitigen Zinsniveau passen würde.

Interessant ist auch, ob und wie sehr sich ein Führungswechsel bei der Fed auf die Entwicklung des neutralen Zinses auswirkt. Notenbankchef Powell muss im Mai gehen. Vermutlich wird im Januar sein Nachfolger bekannt gegeben. Buchmacher handeln zwar seit vielen Monaten Kevin Hassett, Trumps Wirtschaftsberater und eine bekannte Taube, als Favoriten. Doch jetzt machen Gerüchte die Runde, dass das keineswegs ausgemacht ist.

Was tun?

Ein Fehler der Geldpolitik bleibt ein Risikofaktor – eine zu starke Zinssenkung, die die Inflation anheizt, oder eine zu schwache mit der Folge steigender Realzinsen, die zum Abschwung führt. Anhaltendes Wirtschaftswachstum könnte aber stabilisieren und verhindern, dass die Wirtschaft bei einer Fehleinschätzung nicht nur schwächer wird, sondern schrumpft.

Es sei schon paradox: Wenn die Fed die Zinsen zu stark senkt, könnte über die Finanzbedingungen spekuliert werden. Sie könnten dann noch lockerer werden, als es die Notenbank will. Umso wichtiger wird dann die Kommunikation, und umso genauer muss die Fed auf die Daten achten. Sie könnte damit die Inflationserwartungen steuern und so weit stabilisieren, dass die Realzinsen bei nachlassender Inflation nicht übermässig zulegen.

Für die Märkte können massvolle Zinssenkungen bei einem allmählich höheren Wachstum nur gut sein. Risikobehaftete Wertpapiere profitieren davon. Niedrige Kurzfristzinsen könnten die Finanzbedingungen lockern, und anhaltendes Wachstum kann die Unternehmensgewinne weiter steigen lassen, wenn der Zinsimpuls nachlässt. Das wäre vor allem für Aktien gut.

Wenn dann noch ein Fiskalimpuls hinzukommt, etwa, weil die Regierung durch niedrigere Steuern oder andere Massnahmen vor den Zwischenwahlen die Kaufkraft stärken will, könnten Wachstum und Kurse weiter zulegen. «Alles in allem glauben wir, dass zurzeit mehr für Zykliker und hochwertige Wachstumswerte spricht als dagegen. Sie profitieren von einer lockeren Geldpolitik und einer stärkeren Konjunktur. Und vielleicht hält das neue Jahr noch mehr Chancen bereit», so das Fazit.

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