23.12.2024, 08:37 Uhr
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Die Märkte warten: auf ein Ende der griechischen Tragödie und auf die Zinserhöhung der US-Notenbank. Was aber, wenn das Warten vergeblich ist? Lesen Sie hier den Kommentar von Guido Barthels und Yves Longchamp von Ethenea.
Derzeit treiben zwei Dinge die Kapitalmärkte um: Griechenland und die US-Notenbank. Während das griechische Problem eigentlich eher ein politisches Problem ist, stellt die US-Fed die Märkte arg auf die Probe.
Zuerst einmal zu Griechenland: Die neue griechische Regierung stolpert von einem Fettnäpfchen ins nächste und erinnert damit stark an das Theaterstück "Warten auf Godot" von Samuel Beckett. Wir tun dem Schriftsteller etwas unrecht, indem wir sein Meisterwerk von 1952 mit dem vorherrschenden Zirkus in der griechischen Politik vergleichen. Parallelen sind allerdings durchaus vorhanden. Schliesslich erinnert uns Athen täglich daran, dass die Einigung zwischen dem Schuldner (Griechenland) und seinen Gläubigern (dem Rest der Welt) quasi unmittelbar bevorsteht, sie letztlich allerdings genauso fernbleiben könnte wie besagter Godot.
Die (ökonomische) Dimension des Problems wird begreiflich, wenn man einen Blick auf einige Zahlen wirft: die gesamte griechische Wirtschaftsleistung 2014 machte lediglich 1,6 % der Wirtschaftskraft der EU und nur 0,3 % des Welt-BIPs aus. Die politische Dimension hingegen ist eine deutlich andere, ansonsten wäre die Verhandlungsposition der griechischen Regierung stark geschwächt. Ob es nun zu einem "Grexit" oder "Graccident" kommt oder weiterhin nur unsachgemässes Eingreifen vorliegt: Den griechischen Bürgern wird in jedem Fall ein Bärendienst erwiesen, solange ihnen vorgegaukelt wird, alles könne so weitergehen wie bisher.
Wenden wir uns nun dem zweiten Problem für den Kapitalmarkt zu: die US-Notenbank. Am 29. Mai 2015 wurde das Wachstum für Q1 2015 auf -0,7 % revidiert. Aktuell liegt die beste Prognose für Q2 bei 0,8 %1. Für den Fall, dass die Wachstumsraten so bleiben, wird es ziemlich schwierig werden, die von der Fed prognostizierten 2,5 % für das Gesamtjahr 2015 zu erreichen. Die Mehrheit der Volkswirte der grossen Banken allesamt hochgebildete, erfahrene Makroökonomen erwartet dennoch den sogenannten Lift-Off im September diesen Jahres. Man kann sich nur schwer vorstellen, dass diese Expertengruppe sich irren könnte. Allerdings ist es wahrscheinlich, dass die Fed, wie sie es auch in der Vergangenheit immer wieder bewiesen hat, cleverer agiert als allseits angenommen.
Wir wagen dennoch das Gedankenexperiment und nehmen einmal an, dass die Wirtschaft der USA nach mittlerweile sechs Jahren Aufschwung in eine Phase des Abschwungs getreten ist. Die Überraschungsindikatoren für die USA weisen beispielsweise Tiefstände auf, wie sie zuletzt inmitten der Rezession von 2008/2009 verzeichnet wurden. Trotz aller Einschränkungen kommt man kaum umhin, festzustellen, dass entweder die Erwartungen sehr positiv oder die ökonomischen Ausprägungen sehr negativ sind oder aber, was am wahrscheinlichsten ist, dass wir es mit einer Kombination aus beidem zu tun haben. Gerade Letzteres wäre typisch für eine Trendwende und würde damit die These unterstützen, dass die USA mittlerweile schwächeln.
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Fed im Falle einer Abschwächung nicht die allgemein erwartete ZinsÂanhebung durchführt und damit ähnliches Fingerspitzengefühl beweist wie bereits in den letzten Jahren.
Auch hier würden die Märkte also vergeblich auf Godot bzw. die ZinserÂhöhung warten, inklusive der entsprechenden Reaktionen auf die veränderten Gegebenheiten.
1 Quelle: GDPNow Federal Reserve Bank of Atlanta
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