20.12.2024, 14:24 Uhr
Das neue Diätmittel CagriSema von Novo Nordisk ist zwar besser als das alte Mittel, aber nicht besser als die Konkurrenz. Das führt zu einem Kurssturz weil mehr erwartet worden war.
Der Covid-bedingte Investitionsstau in der Gesundheitsindustrie löst sich allmählich auf. Der Nachholbedarf sowie bahnbrechende Innovationen eröffnen Anlegern neue Chancen. Auch die Übernahmeaktivitäten werden wieder Fahrt aufnehmen.
Im jüngsten Healthcare-Outlook von Bellevue Asset Management beleuchten die Portfoliomanager spannende Innovationen, welche zum Teil bahnbrechend sind. So berichtet Stefan Blum, Lead Portfolio Manager Bellevue Medtech & Services, von Produktneuheiten, bei denen noch dieses Jahr eine Zulassungsentscheidung erwartet wird. Dazu zähle der von Dexcom entwickelte Sensor G7, der den Blutzucker von Diabetespatienten in Echtzeit misst. Ebenfalls noch 2021 könnte die von Insulet entwickelte schlauchlose Insulinpumpe Omnipod 5 die US-Zulassung erhalten.
Der bereits zugelassene MitraClip G4 von Abbott ist gemäss Blum die erste minimalinvasive Transkatheter-Mitralklappenreparatur, mit der sich Mitralklappeninsuffizienz, aber auch undichte Herzklappen behandeln lassen. Als weiteren Bereich mit technologischen Fortschritten erwähnt er die Neurostimulation, bei der neurologische Krankheitssymptome durch auf Nervenbahnen geleitete Stromimpulse gelindert werden. Eingesetzt wird dieses Verfahren bislang vor allem bei der Behandlung von Schmerzen, Migräne und Epilepsie.
Blum erwartet, dass sich der Investitionsstau, der durch die verschobenen medizinischen Eingriffe während der Coronapandemie entstand, sich dank steigender Durchimpfungsraten bis zum Jahresende auflöst. Dementsprechend sollte sich die nichtzyklische Nachfrage für Medizintechnikprodukte weiter beschleunigen. Damit finden Medizintechnik wie auch Klinikdienstleister sehr gute Rahmenbedingungen vor, um in den nächsten Jahren beim Umsatz weiter im mittleren einstelligen Bereich und damit doppelt so stark wie der Gesamtmarkt zu wachsen. "Weil die meisten Unternehmen im historischen Vergleich günstig bewertet sind, werden auch die Übernahmeaktivitäten wieder an Fahrt gewinnen", betont er.
Christian Lach, Lead Portfolio Manager Bellevue Biotech, ist überzeugt, dass die mRNA-Technologie dank der Zulassung als COVID-19-Impfstoff erst der Anfang einer Reihe von bahnbrechenden Erfolgen sein wird. "Der Vorteil der mRNA-Botenmoleküle ist, dass sie wie eine Spezialsoftware immer denselben körpereigenen Produktionsprozess in Gang setzen, egal wie komplex der Bauplan für Antigene und Proteine ist", erklärt er. Ausgehend von Impfstoffen gegen andere Infektionskrankheiten könnte die mRNA-Technologie die Behandlung von Krebs und Autoimmunerkrankungen revolutionieren. Lach erwartet, dass in der Onkologie etliche zellbasierte Therapien und bispezifische Antikörper die Zulassung für die Behandlung von Blutkrebsarten und soliden Tumoren erhalten werden.
Mit Spannung verfolgt er, wie schnell neue Ansätze in der Gentherapie den Sprung zur Marktreife schaffen: "Das gilt vor allem für die Genom-Editierung, welche eine völlige Heilung bei Erbkrankheiten ermöglichen soll. Hier geht es darum, einen Gendefekt dauerhaft zu beseitigen, indem fehlerhafte Sequenzen aus dem DNA-Strang herausgeschnitten und durch neue Fragmente mit dem korrekten genetischen Bauplan ersetzt werden. CRISPR Therapeutics ist mit seinen klinischen Studien bei genetischen Bluterkrankungen am weitesten fortgeschritten."
Zu den grössten Wachstumsmärkten zählt Stefan Blum die Telemedizin, die Fernüberwachung für die medizinische Behandlung und die digitalen Behandlungsgeräte für Patienten mit chronischen Leiden wie Diabetes, Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen. Ein weiterer Wachstumsmarkt seien alle digitalen Lösungen, die eine effizientere und kostensparende Gesundheitsversorgung ermöglichen. Neue Produktzulassungen oder wichtige klinische Daten, wie sie beim robotergestützten Biopsiesystem ‹Ion› von Intuitive Surgical erwartet werden, würden die Kursentwicklung einzelner Unternehmen beflügeln. "Mittel- bis langfristig wird die Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung dieselben Dimensionen erreichen, wie sie bereits Alltag und Arbeitswelt umgestaltet. Im Vergleich zur klassischen Medizintechnik ist der Markt für digitale Gesundheit stärker reguliert. Dementsprechend hoch sind die Eintrittsbarrieren für neue Wettbewerber", unterstreicht der Anlageexperte.