23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
«Frankreich kommt um die Rechtspopulisten herum, handelt sich aber mit dem Ausgang der Parlamentswahl nur neue Probleme ein», schreibt die "Aargauer Zeitung". Im gleichen Stil äussern sich Finanzmarktexperten: Unsicherheit und Volatilität bleiben hoch.
Weder Absturz noch Jubel: Der französische Aktienindex CAC 40 fiel am Montag erst gegen Handelsende um 0,6% auf 7’627. In der Schweiz setzte der SMI seine freundliche Tendenz mit einem Plus um 0,4% auf 12'051 fort, und der Dax verharrte auf 18'472. Der Euro blieb mit 0,9714 Fr./€ stabil, und an der Zinsfront gingen die Renditen europäischer Staatsanleihen inklusive französicher Papiere etwas zurück.
Sturm im Wasserglas also, als mit Blick auf einen möglichen Kantersieg der Rechtsaussenpartei Rassemblement National (RN) der französische Bondmarkt in Aufruhr geriet und dem RN im zweiten Wahlgang jetzt die Flügel gestutzt worden sind? Nicht ganz, denn die Aussichten von Frankreichs Politik sind unklar.
Ohne absolute Mehrheit ist es schwierig, Gesetze zu verabschieden, und einer der Schwerpunkte in diesem Herbst ist die Verabschiedung des Haushaltsentwurfs für 2025. Eine Minderheitsregierung kann zwar einen Haushalt verabschieden, indem sie eine Abstimmung umgeht.
Diese Option birgt jedoch das Risiko, ein Misstrauensvotum auszulösen. Wenn eine Regierung ein Misstrauensvotum verliert, bleibt sie kommissarisch im Amt, bis eine neue Regierung ernannt wird. Die Verunsicherung bliebe erst recht gross.
Die UBS geht davon aus, dass der Markt im Vergleich zur Situation vor einem Monat immer noch eine gewisse politische Risikoprämie eskomptiert. Sie erwartet, dass die Erholung an den europäischen Aktienmärkten auf sehr kurze Sicht begrenzt bleibt. Ausländische Anlegerinnen und Anleger dürften das politische Umfeld in Europa immer noch als unsicher betrachten, folgert sie.
Anleihen hält die UBS für unattraktiv. «Unserer Ansicht nach
verschlechtern sich die fundamentalen Aussichten für französische Staatsanleihen durch eine hohe und steigende Schuldenquote, ein
erhöhtes Haushaltsdefizit und steigende Finanzierungskosten», begründet sie.
Die Wechselkurseffekte auf den Euro dürften sich in Grenzen halten – mit Nuancen: Falls eine Regierung der Linken an die Macht kommt und ihre Strategie umsetzt, dürfte EUR/USD unter 1.05 (aktuell 108) abrutschen, da expansive fiskalische Auswirkungen des Parteimanifests zu erwarten sind, während Frankreich mit einem Verfahren wegen des übermässigen Defizits rechnen müsse. Falls eine Regierung aus moderaten Parteien zustande kommt, wird nach Ansicht der UBS der EUR/USD-Kurs bei etwa 1.08 verharren.
Dass es keinen klaren Wahlsieger gab, hat für die deutsche Fondsgesellschaft DWS positive wie negative Aspekte. Die Märkte würden es positiv bewerten, dass kein Bündnis mit extremeren Positionen die Mehrheit erlangt hat. Negativ sei, dass in Ermangelung eines klaren Siegers das Parlament erst noch lernen müsse, von formellen oder informellen Koalitionen regiert zu werden.
«Die Märkte werden zunächst wenig mit den Wahlergebnissen anfangen können, da zunächst keine radikale Abkehr von der aktuellen Politik zu erwarten ist», kommentiert DWS. Es bleibe abzuwarten, ob Präsident Macron anerkenne, dass die Wähler nicht für ihn, sondern gegen den RN gestimmt hätten.
«An den Finanzmärkten überwiegt zunächst die Erleichterung, dass ein Rechtsrutsch in Frankreich vermieden werden konnte», befindet die Luzerner Kantonalbank. Die Märkte dürften zuerst einmal abwarten, welches politische Bündnis die Führung des Landes übernehmen und damit den künftigen wirtschaftspolitischen Kurs übernehmen werde.
«Nein, zu mehr Klarheit führt die vorgezogene Wahl für die wichtigere der beiden französischen Parlamentskammern nicht», schreiben die Analysten der Migros Bank. Sie ziehen eine Parallele zur politischen Situation in den USA: In Frankreich zeige sich, was die Demokraten in den USA bereits auf die harte Tour hätten lernen müssen: Nur gegen etwas zu sein, reicht definitiv nicht als Wahlprogramm.
Im Gegenteil, das Lotterbett, in das sich die Mitte und die Linke einzig aus dem Grund der Wahlverhinderung Le Pens gelegt haben, dürfte mittelfristig erst recht zum Sprungbrett für den RN werden.
Die Sorge um die hoch verschuldete und häufig wachstumsschwache zweitgrösste Volkswirtschaft in der Eurozone verschwindet also nicht. Und der politische Betrieb bleibt gelähmt und vor einer starken Rechtsaussen-Partei vor sich hergetrieben.
Ähnlich die Lage in Deutschland, was die Migros Bank zur Schlussfolgerung veranlasst: Die beiden wichtigsten Führungsmächte im Euroland bringen nur ein «Hauptsache nicht rechts» als Lösungsansatz zustande und präsentierten sich buchstäblich als «lame Ducks».
Die "Aargauer Zeitung" fasst es in einem Satz zusammen: «Einer lacht sich ins Fäustchen – im Kreml.»