04.10.2024, 15:09 Uhr
Während aktive ETFs in den USA weiterhin ein Riesenerfolg sind, ist ihr Anteil in Europa mit etwas mehr als 2% des gesamten ETF-Volumens von knapp zwei Billionen Euro noch überschaubar. Doch das Segment wächst...
«Die Hausse der europäischen Aktienindizes in den letzten Monaten wird von einer relativ kleinen Gruppe von Aktien getrieben. Drei Viertel der bisherigen Jahresperformance des Euro STOXX-Index stammen von einem Drittel der insgesamt zwölf Sektoren», beobachtet Mario Montagnani, Senior Investment Strategist bei Vontobel.
Die europäischen Aktienmärkte haben sich seit dem Tief Ende September 2022 allen Widrigkeiten zum Trotz ausgesprochen gut entwickelt. Das starke Kursplus ist laut Mario Montagnani vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen. «Zum einen hat Europa die beispiellose Energiekrise des vergangenen Jahres erfolgreich überwunden. Zum anderen setzte in den ersten drei Monaten dieses Jahres eine ausgeprägte Rotation in Qualitäts- und Wachstumsaktien ein.»
In Folge der Kreditkrise, die in den USA mit dem Kollaps der SVB begann, gaben Anleger grossen Unternehmen mit robustem Wachstums- und Qualitätsprofil, starker Cash-Generierung und sehr geringem Fremdkapitalanteil den Vorzug gegenüber Small Caps, Value und defensiven Werten. Ein Sektor, der diese Qualitäten biete, ist für ihn der Technologiesektor, in dem die USA in Bezug auf das Exposure und die Börsenkapitalisierung bei weitem dominieren. Diese Umschichtung spiegelt sich in den USA in der starken Performance des Nasdaq-Technologieindex wider, der im ersten Quartal in absoluten Zahlen um 24 Prozent zulegte und damit die beste Quartalsperformance seit 2009 erzielte.
Interessanterweise behauptete sich der europäische Aktienmarkt gleichzeitig gegenüber dem US-Markt und erreichte dabei fast die historischen Höchststände von 2007. Das ist bemerkenswert, da Technologiewerte in Europa ein wesentlich geringeres Gewicht haben. Bei genauerer Analyse zeigt sich, dass die starke Wertentwicklung des Euro STOXX-Index vor allem von der starken Performance einer relativ kleinen Anzahl von Unternehmen getrieben wird. Dabei handelt es sich jedoch um Aktien, die den Index nach Marktkapitalisierung dominieren.
Auf Sektorebene entfiel ein Drittel der Index-Performance von rund 15 Prozent seit Jahresbeginn auf Konsumgüterwerte. Dazu hat die Wiedereröffnung der chinesischen Wirtschaft seit Dezember letzten Jahres sicher einen grossen Beitrag geleistet. Den zweitgrössten Beitrag zur Index-Performance leistet mit 15 Prozent der Technologiesektor, dessen Gewicht in der EU aber deutlich geringer ist als in den USA. So profitierten etwa im Automobilsektor die Autoteile-Hersteller von einer günstigen Entwicklung des Endmarktes mit immer längeren Lieferzyklen und einer längeren Fahrzeug-Lebensdauer.
75 Prozent der bisherigen Jahresperformance des Euro STOXX-Index stammen von vier von insgesamt zwölf Sektoren. In diesen Sektoren erreicht die Bewertung inzwischen ein erwartetes KGV von 20, für den Gesamtindex liegt die Bewertung dagegen lediglich bei 12. Die Mehrheit der Sektoren hat zuletzt eine unterdurchschnittliche Performance erzielt, diese Sektoren handeln zu mittleren bis niedrigen KGVs und bieten demzufolge wahrscheinlich geringere Wachstumsaussichten.
Dagegen stehen die 20 bedeutendsten Aktien im Euro STOXX-Index für 55 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung der insgesamt 300 Unternehmen. Der Euro STOXX-Index ist damit zwar weniger stark polarisiert wie der US-Markt, wo beispielsweise zwei Aktien wie Microsoft und Apple mit ihrer Marktkapitalisierung von 4 Billionen US-Dollar den gesamten Russel 2000-Index übertreffen. Doch auch der europäische Markt zeigt deutliche Polarisierungstendenzen.
So macht die Performance der 20 wichtigsten Aktien fast 70 Prozent der absoluten Index-Performance von 15 Prozent seit Jahresbeginn aus. Der Beitrag der Luxuswerte wie dem Index-Schwergewicht LVMH, aber auch Hermes, Kering, L’Oréal und weiteren Luxusmarken hat seit Anfang des Jahres rund 40 Prozent zur Performance des Index beigetragen. Das ist eine ziemlich starke, aber auch hochgradig konzentrierte Leistung. Dies zeigt, dass das Thema der Wiederbelebung der chinesischen Wirtschaft von den Anlegern auf indirekte Weise aufgegriffen wurde, wobei die Aktien der Industrieländer stark vom chinesischen Konsum und insbesondere vom Luxussektor abhängig sind.