29.11.2024, 13:56 Uhr
«Die Inflation im Euroraum steigt, aber die Daten ermöglichen der EZB einen geldpolitischen Kurswechsel», schreibt Tomasz Wieladek, Chefvolkswirt für Europa bei T. Rowe Price in seinem aktuellen Marktkommentar.
Ausländische Investoren kaufen wieder in Europa, und auch die relative Stärke Europas nimmt zu, sagt Markus Zeiss, Aktienexperte der LBBW Asset Management. So habe sich der Stoxx Europe 600 gegenüber dem Standard-&-Poors-500-Index zuletzt deutlich verbessert.
Für den europäischen Aktienmarkt spricht laut Zeiss gleich eine ganze Reihe von Gründen. Nicht nur in den USA, auch in Europa deuteten die Frühindikatoren auf eine wirtschaftliche Erholung hin, die weiterhin lockere Geldpolitik in beiden Regionen tue ihr übriges. Zwar befindet sich die Investitionsgüternachfrage derzeit auf einem 13-Jahres-Tief. Nach Ansicht von Zeiss habe sie nun jedoch die Talsohle erreicht und dürfte bald wieder steigen. Vor diesem Hintergrund dürfte sich auch der europäische und deutsche Aktienmarkt weiterhin positiv entwickeln, selbst wenn es zu kleineren Korrekturen kommt.
Chance für positive Ergebnisüberraschungen in 2014
Die europäischen Aktien sind derzeit alles andere als euphorisch bewertet, schätzt Zeiss. Aktuell liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis im Stoxx Europe 600 bei 13,5 und damit im Rahmen des längerfristigen Durchschnitts. Angesichts der sich verbessernden Konjunkturaussichten stehen die Chancen für positive Ergebnisüberraschungen in 2014 relativ hoch. Damit hat auch der Aktienmarkt
noch Spielraum nach oben.
Weiteres Kurspotential bei Versorgern und Telekommunikationsanbietern Derzeit sei die Entwicklung bei zwei Sektoren, auf denen Anleger in den vergangenen Jahren eher zurückhaltend agierten, besonders interessant. Nach Ansicht von Christoph Keidel, Aktienexperte und Fondsmanager der LBBW Asset Management, zeichnet sich bereits seit einiger Zeit eine Stabilisierung bei europäischen Versorgern ab. Die Unternehmen leiden seit längerem unter dem Strompreisverfall an den Grosshandelsbörsen und sind durch Überkapazitäten sowie den Ausbau der erneuerbaren Energien zuletzt stark unter Druck geraten. Zwar sei keine Erleichterung bei diesen grundlegenden Herausforderungen in Sicht. Doch die Versorger hätten bereits Anstrengungen unternommen, um sich an die Lage anzupassen, und ihre Kosten drastisch reduziert. Für Investoren ist es sinnvoll, zumindest die aktuelle Untergewichtung im Versorgungssektor abzubauen, erklärt Keidel. Deshalb könnten sich auch die Kurse erholen.
Der Telekommunikationssektor gehört bereits in diesem Jahr zu den Top-Performern obwohl die Kursentwicklung nicht durch eine verbesserte Geschäftsentwicklung untermauert war. Harald Wölfle, Leiter Buyside-Equity-Research der LBBW Asset Management, sieht dennoch die Chance, dass die
Aufwärtsbewegung sich fortsetzt. Der Grund: In Anbetracht der massiv steigenden Nachfrage nach schnellen Breitbandanschlüssen und nachlassenden negativen Regulierungseffekten besteht die berechtigte Hoffnung, dass der langjährige negative Umsatztrend ab 2014/15 gestoppt werden kann. Darüber hinaus werden sich durch technische Neuerungen, wie etwa die Umstellung der Netze auf eine All-IP-Infrastruktur, langfristig Entlastungen auf der Kostenseite ergeben. Der Sektor sei zudem bei vielen europäischen Investoren noch immer untergewichtet, und auch amerikanische Investoren und Telekom-Unternehmen haben den europäischen Telekom-Sektor als attraktives Investment entdeckt. Nach den teilweise massiven Dividendenkürzungen können Anleger ausserdem mit weitgehend sicheren Dividendenrenditen um die fünf Prozent rechnen, bemerkt der Experte.