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"Die TER ist noch immer die zuverlässigste Kennzahl"

Thomas Merz, Leiter ETF Europa bei UBS
Thomas Merz, Leiter ETF Europa bei UBS

Thomas Merz, Leiter ETF Europa bei UBS, erläutert im Interview mit fondstrends seine bei der ZHAW erschienene Studie zur Replikationsqualität von Indizes.

17.03.2015, 08:00 Uhr
ETF

Redaktion: dab

Herr Merz, Sie haben eine neue Studie zur Qualität der Indexreplikation von ETFs in Europa durchgeführt. Was war der Auslöser dazu, gibt es nicht bereits genug Studien zum Thema?
Thomas Merz: Die Studie verfügt aufgrund des sehr breiten Datenmaterials über eine Aussagekraft, die bis dato kaum vorhanden war. Insgesamt wurden 131 europäische ETFs mit einer Gesamtanalagesumme von über 100 Mrd. Euro minuziös unter die Lupe genommen. Anhand der Daten der vergangenen neun Jahre wird erstmals untersucht, ob und wie stark ein Zusammenhang besteht zwischen der tatsächlich beobachteten Replikationsqualität und den allgemein bekannten und häufig in der Praxis angewandten Selektionskriterien für ETFs. Neu sind also sowohl der Erkenntnisgewinn als auch der Umfang meiner Untersuchung: Bislang sind nur zwei weitere Studien mit vergleichbarem Umfang publiziert worden.

ETFs schneiden durchschnittlich besser als der Index Minus die TER ab. Woran liegt das?
Das stimmt, aber die Resultate der Studie deuten darauf hin, dass dieser Befund je nach Art der Indexzusammensetzung und -Replikation variiert. Erstens ist die Total Expense Ratio (TER), also die Gesamtkostenquote, ein in die Vergangenheit gerichteter Kostenfaktor, welcher über die Zeit nicht konstant ausfällt und nicht zwingend den Kosten entsprechen muss, die dem Fondsvermögen aktuell entzogen werden. Ein weiterer Einflussfaktor, der kaum mit den üblich angewandten Selektionsheuristiken erfasst wird, ist die Prozessqualität des Replizierers. Auch die kleinste Unachtsamkeit, zum Beispiel auf Seiten der Depotbank, lässt die Kennzahl Tracking Error in die Höhe schnellen, ohne dass die eigentliche Nachbildungsqualität beeinträchtig worden wäre.

Gibt es Unterschiede zwischen physischen und synthetischen ETFs?
Ja, zwischen diesen beiden Replikationsarten sind Unterschiede auszumachen, wenn beispielsweise die TER als Einschätzung der Nachbildungsgenauigkeit herangezogen wird. Obschon die TER von physisch replizierenden ETFs im Durchschnitt leicht höher ist als bei synthetischen ETFs, fällt die maximal erreichte Überrendite mit 0,82 Prozent bei physischen ETFs deutlich besser aus als bei synthetischen ETFs mit 0,65 Prozent pro Jahr.

Der Tracking Error gilt für viele Selektoren als wichtige Kennzahl, um die Replikationsqualität zu beurteilen. Welche Kriterien haben Sie in der Studie berücksichtigt?
In der Tat wird dem Tracking Error als Kennzahl in Bezug auf die Abbildungsgenauigkeit oft viel Aufmerksamkeit geschenkt. Die Resultate aus der Studie zeigen nun aber deutlich, dass deren Aussagekraft mit Blick auf die Replikationsgüte kaum von Relevanz ist. Die mittels einer multivariaten Regressionsanalyse errechnete Erklärungskraft liegt für die Kennzahl Tracking Error bei Aktien-ETFs unter 10 Prozent, bei Obligationen-ETFs leicht über der 10 Prozent-Marke. Weit höher, mit einem Wert nahe von 50 Prozent, liegt die Erklärungskraft für die Kennzahl TER. Auch die übrigen, in der Studie berücksichtigten Kriterien, wie Fondsdomizil, Replikationsmethode, Wertpapierleihe, Autokorrelation der periodischen Abweichungsdifferenzen und Indexvolatilität sind mit Ausnahme der Autokorrelation der periodischen Abweichungsdifferenzen kaum von Bedeutung.

Und welche Kriterien sind gemäss Ihrer Studie für die Auswahl am wichtigsten?
Wie erwähnt, ist die TER noch immer die zuverlässigste Kennzahl, wenn es die Abbildungsgüte eines ETFs zu beurteilen gilt. Im Umkehrschluss heisst das aber noch lange nicht, dass die TER die einzige Zahl ist, die beim Auswahlentscheid zu Rate gezogen werden soll. Vor allem bei Obligationen-ETFs hat auch die TER lediglich eine Aussagekraft von durchschnittlich 37 Prozent. Dies macht deutlich, dass noch andere Einflussfaktoren eine wichtige Rolle spielen.

Es gibt viele so genannte Qualitätsindikatoren, zum Beispiel den „ETF Efficiency Indicator“ von Lyxor, oder die Kennzahl „Estimated Holding Cost“ von Morningstar. Kann man die getrost vergessen?
Wie auch meine Untersuchung zeigt, hängt die Abbildungsgüte bei passiven Anlagelösungen von verschiedenen Faktoren ab. Welche Kennzahlen wie genau berechnet werden, ist meist entscheidend für die Nachvollziehbarkeit solcher Untersuchungen. Um ein möglichst brauchbares Resultat mit Blick auf eine einfache und zielsichere Auswahl bei ETFs zu erhalten, habe ich mich in meiner Studie auf einfach zugängliche oder ohne grossen Aufwand berechenbare Kennzahlen fokussiert, was bei den oben genannten Ansätzen nicht unbedingt der Fall ist. Somit bietet diese Studie Handlungsanregungen, welche sowohl professionelle ETF-Selektionsteams als auch Privatinvestoren direkt umsetzen können.


Die Studie zur Replikationsqualität von Indizes finden Sie hier.

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