23.12.2024, 08:37 Uhr
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Der Ukraine-Krieg beschleunigt die Energiewende. Einige sprechen jetzt von "doppelter Dringlichkeit", sprich Klimaschutz und Energiesicherheit. Gerhard Wagner von der Zürcher Kantonalbank geht der Frage nach, ob nun eine Greenflation droht.
"Die Kritik gegen erneuerbare Energien verstummt in diesen Tagen. Krieg und Klimakrise zeigen auf, dass die Abkehr von (russischen) fossilen Energieträgern sowohl das Klima schützt als auch die Energiesicherheit erhöht", sagt Gerhard Wagner, Head of Sustainable Investments, Equities bei der Zürcher Kantonalbank. Dennoch frage man sich, wie teuer es für Wirtschaft und Gesellschaft kommt, wenn unser Wirtschaftssystem bis 2050 aufgrund des Klimaschutzes und der Energiesicherheit nahezu ohne fossile Energieträger auskommen soll. Seiner Ansicht nach stehen folgende Argumente im Raum, die scheinbar kaum vereinbar sind:
Hinsichtlich Solarenergie sei somit der Begriff Greenflation zweifelsohne falsch, betont Wagner. Ähnliches gelte für die Preisentwicklung von Windenergie oder von Batterien für die Elektromobilität.
Der Head of Sustainable Investments, Equities der ZKB weist auf die internationale Energieagentur (IEA) hin, die nun versuche, die Diskussion hinsichtlich Greenflation zu versachlichen, indem sie durch detaillierte Analysen zeige, welche Klimaschutzmassnahmen bzw. Klimaschutztechnologien inflationär und welche deflationär auf Energiepreise wirken. Die IEA erklärt, dass bis 2030 neben den bereits in Folge der UN-Klimakonferenz von Glasgow (COP26) geplanten CO2-Reduktionen zusätzlich noch 14 Gigatonnen (GT) CO2 eingespart werden müssen – ein fraglos enormer Kraftakt, so Wagner.
Allerdings: Rund 40% oder 5,6 GT liessen sich mit Technologien einsparen, die bereits kosteneffizient, d.h. deflationär wirken. Dazu gehören unter anderem Stromerzeugung aus Wind und Sonne, die Elektromobilität oder zahlreiche Energieeffizienz-Technologien.
Wie der Experte weiter ausführt, fussen die restlichen zu reduzierenden gut acht GT CO2 noch auf relativ teuren Technologien. In diesem Kontext ist der Begriff Greenflation insofern zutreffend, da sie für Konsumenten Energie verteuern. Dazu gehören zum Beispiel grüner Wasserstoff, die Speicherung von CO2 oder die Entfernung von CO2 aus der Luft. Mit zunehmender Massenproduktion sollten indes auch hier die Kosten sinken, meint Wagner.
Die IEA kommt zum Ergebnis: Wenn das globale Ziel bis 2050 ein Gleichgewicht zwischen der Menge der produzierten CO2-Emissionen und der der Atmosphäre entzogenen CO2-Emissionen («Net Zero Emission») konsequent angestrebt wird und somit die Erderwärmung vermutlich auf 1,5°C begrenzt werden kann, dann erhöhen sich die durchschnittlichen Energiekosten eines durchschnittlichen Haushalts bis 2030 im Vergleich zu 2016 bis 2020 nicht.
Allerdings, erläutert Wagner weiter, müssten in diesem Szenario Haushalte grosse Anfangsinvestitionen schultern (z.B. energetische Sanierung des Hauses), bei denen sie staatliche Unterstützung benötigen. Die Energiewende sei gemäss der IEA bis 2030 für die Haushalte somit kein Kostenproblem, aber eine Herausforderung bzgl. der verfügbaren liquiden Mittel für die notwendigen klimafreundlichen Investitionen.
"Vorausgesetzt die IEA hat mit ihrer Modellierung Recht, dann ergibt es ökonomisch Sinn, die Energiewende konsequent anzugehen. Das Schreckgespenst Greenflation wäre dann kein wirkliches Problem. Erfreulich wäre auch, dass die Abhängigkeit nach fossilen Energieträgern aus Russland und anderen Ländern sinkt und dies zu weniger Volatilität bei den Energiekosten führen sollte. Zuletzt darf aber auch nicht verschwiegen werden, dass die Abhängigkeit nach anderen Rohstoffen wie Kupfer, Lithium, Nickel, etc. durch die Energiewende steigt", kommentiert Wagner.