20.12.2024, 14:24 Uhr
Das neue Diätmittel CagriSema von Novo Nordisk ist zwar besser als das alte Mittel, aber nicht besser als die Konkurrenz. Das führt zu einem Kurssturz weil mehr erwartet worden war.
CO2-intensive Umweltsünder werden durch Anleger oftmals in einer Kurzschlussreaktion durch sauberere, grünere Alternativen ersetzt. Möglicherweise ist dies laut Thomas Leys von Aberdeen Standard Investments jedoch der falsche Ansatz.
Die Notwendigkeit einer raschen Dekarbonisierung und der Begrenzung der möglicherweise verheerenden Folgen der globalen Klimaerwärmung ist auf der Agenda von Regierungen, Unternehmen und Anlegern immer weiter nach oben gerückt. Den CO2-Fussabdruck eines Portfolios zu verringern, indem Unternehmen mit hohem Emissionsausstoss ausgeschlossen werden, erscheint zwar auf den ersten Blick vernünftig. Jedoch findet die so dringend erforderliche reale Emissionsverringerung, um das Ziel "Netto-Null bis 2050» zu erreichen, gemäss Thomas Leys, Investment Manager bei Aberdeen Standard Investments, dabei keine Berücksichtigung.
Zudem werden seiner Ansicht nach dadurch jene Bereiche von den Kapitalzuflüssen abgeschnitten, die am stärksten auf sie angewiesen sind, nämlich Umweltsünder, die ihren CO2-Ausstoss senken wollen und müssen. "Daher sollten sich zukunftsorientierte Anleger, die den Übergang zu einer emissionsfreien Wirtschaft unterstützen möchten, stattdessen darauf konzentrieren, wie sie die führenden Unternehmen bei der Dekarbonisierung aus den emissionsstärksten Sektoren ausfindig machen können», so der Aberdeen Standard Investments Experte.
Die Emissionsrankings der breiteren Aktien- oder Unternehmensanleihenindizes werden in der Regel stets von den folgenden fünf Sektoren angeführt: Energie, Grundstoffe, Automobile, Versorger und Investitionsgüter. Auf globaler Ebene entfallen auf diese Sektoren zwar über drei Viertel der Emissionen, aber nur ein Fünftel der Marktkapitalisierung, so der Experte. Bei Betrachtung von Climate Action 100+, einer globalen Gruppe für Anlegerengagement, werde diese Konzentration der Emissionen sogar noch deutlicher. So seien die durch die Gruppe beobachteten 167 Unternehmen für über 80% der Treibhausgasemissionen in der Industrie verantwortlich. Demnach können Anleger ihre Portfolioemissionen deutlich senken, indem sie lediglich ein paar Unternehmen meiden.
"Wie aber sollen diese Unternehmen ohne ausreichendes Kapital Fortschritte machen? Wie sollen Versorger bei der Stromerzeugung den Wandel von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien vollziehen? Wie sollen Automobilhersteller die Produktion von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren auf Elektroautos umstellen? Wie sollen Industrieunternehmen in die Elektrifizierung ihrer Prozesse investieren?», sind nur einige der Fragen, die sich Thomas Leys stellt. Die grüne Zukunft erfordert umfangreiche Investitionen, und Anleger sollten seiner Ansicht nach jene Unternehmen aus diesen Sektoren auswählen, die ehrgeizige und gleichermassen glaubwürdige Pläne zur Dekarbonisierung aufweisen. Dafür sollten sie bereit sein, einen aktuell hohen Emissionsausstoss zu akzeptieren, wenn sie von dem abwärtsgerichteten Emissionstrend der Unternehmen überzeugt sind.
Es gebe zahlreiche Beispiele für Unternehmen mit hohem Emissionsausstoss, die solide Verbesserungspläne verfolgen, darunter auch der globale Baustoffriese LaFarge Holcim. Der Konzern verzeichnet einen CO2-Ausstoss von über 148'000'000 Tonnen (Scope 1, 2 und 3) im Jahr 2019. Der durchschnittliche CO2-Ausstoss für den MSCI All Countries World Index belief sich dagegen auf 241'000 Tonnen, sodass LaFarge Holcim gemessen an den Emissionen im 98. Indexperzentil lag. Eine einfache Strategie mit Fokus auf einen geringen CO2-Ausstoss würde dieses Unternehmen meiden. Jedoch zeichnet sich LaFarge Holcim durch einen der aggressivsten Dekarbonisierungspläne innerhalb des Sektors aus.
So strebt das Unternehmen eine Zementherstellung mit der geringsten CO2-Intensität gemessen an seinen Mitbewerbern an und will bis 2030 seine Scope-1- und Scope-2-Emissionen pro Tonne Zement um 17,5% bzw. 65% senken (ausgehend von den 2018 verzeichneten Niveaus). Die Konzerninvestitionen untermauern diese Ziele: Die erste Netto-Null-Zementproduktionsanlage steht vor der Eröffnung und über die Hälfte der Forschungs- und Entwicklungsausgaben entfällt auf grünere Alternativen. CO2-bewusste Anleger sollten diese Pläne unterstützen, ungeachtet der derzeit hohen Emissionen.
Ein weiteres gutes Beispiel sei Energias de Portugal (EDP). Bis vor Kurzen handelte es sich aufgrund alter Kohleanlagen um einen der CO2-intensivsten europäischen Versorger. Allerdings positioniert sich der Konzern erfolgreich neu als Energieproduzent für CO2-armen Strom. Durch die Schliessung von Kohlekraftwerken und umfangreiche Investitionen in erneuerbare Energien will das Unternehmen seine Emissionen aus eigenen Aktivitäten zwischen 2015 und 2030 um 90% senken. Zudem steckt EDP seine Ziele noch einmal höher und verkürzte im Februar seine Frist für den Kohleausstieg um fünf Jahre auf 2025 und lässt nun nur noch 2% seiner Investitionsausgaben in fossile Brennstoffe fliessen (ausschliesslich zu Wartungszwecken). EDF wartet mit einer beeindruckenden Emissionsentwicklung auf.
"Leider können Anleger aber auch nicht einfach die Unternehmen mit den ehrgeizigsten Dekarbonisierungszielen auswählen», so der Experte. Nach Angaben der internationalen Energieagentur haben rund 40% der Unternehmen mit einem Netto-Null-Ziel noch keinerlei Einzelheiten zur Umsetzung bekannt gegeben. Das Ziel "Netto-Null bis 2050» sei rasch formuliert, jedoch liege der Teufel wie immer im Detail. Eine Analyse der Verpflichtungen der Unternehmen aus CO2-intensiven Sektoren durch die Transition Pathway Initiative ergab zudem, dass nur wenige Dekarbonisierungsziele ambitioniert genug seien. Nur wenn die Anleger die Glaubwürdigkeit der Ziele wie auch die Pläne für deren Umsetzung nachvollziehen können, seien sie in der Lage, Unternehmen mit hohem Emissionsausstoss zu identifizieren, die sich auf dem richtigen Weg befinden.
"Um Anlageportfolios aufzubauen, die das Netto-Null-Ziel unterstützen, müssen die Anleger über die aktuellen Emissionen der Unternehmen hinausschauen», sagt Leys. Auf die Emissionsentwicklung komme es an. Indem die emissionsstärksten Unternehmen aus einem Portfolio entfernt werden, erziele man zwar eine rasche Verbesserung, jedoch werden einige Sektoren von der dringend benötigten Finanzierung abgeschnitten und werde die reale Emissionsverringerung nicht berücksichtigt.
Mithilfe einer Analyse der Dekarbonisierungspläne von Unternehmen, um glaubwürdige Bestrebungen zugunsten der Energiewende zu ermitteln, können die Anleger grundlegende Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels finanzieren. Gleichzeitig erhalten sie somit ein Exposure bei Unternehmen, die beim Übergang zur emissionsfreien Wirtschaft eine Führungsrolle in ihren Sektoren einnehmen.