23.11.2024, 12:00 Uhr
Matt Quinlan, Portfoliomanager bei der Franklin Equity Group, erläutert die entscheidende Rolle, die Dividenden bei der Steigerung der Gesamtrendite und bei der Verringerung der Gesamtvolatilität für Aktienanleger...
Der Brexit kann im Frühjahr 2019 Büros und Shopping-Center auf der britischen Insel in Bedrängnis bringen. Doch es gibt gute Alternativen. Bei allem Optimismus an den europäischen Immobilienmärkten sollten potenzielle Gefahren aber im Blick behalten werden, warnt Vincent Bruyère, Senior-Portfoliomanager bei Degroof Petercam AM.
Herr Bruyère, am 29. März 2019 verlässt Grossbritannien die Europäische Union. Was bedeutet das für den britischen Immobilienmarkt?
Vincent Bruyère: Ob London es schafft, mit Brüssel einen mit entsprechenden Handelsverträgen unterlegten geordneten Brexit auszuhandeln, ist immer noch unklar. Wenn nicht, stünde ein No Deal-Brexit bevor, der das Vereinigte Königreich wirtschaftlich in weitreichende Bedrängnis bringen könnte. Wenn der Brexit das Wachstum auf der Insel tatsächlich bremst, wird sich dies zwangsläufig auch am britischen Immobilienmarkt niederschlagen.
Wie sieht es denn bei börsennotierten Unternehmen aus Grossbritannien derzeit aus?
Am Markt für Immobilienaktien wird das No Deal-Szenario zu einem gewissen Grad bereits eingepreist. Britische börsennotierte Immobiliengesellschaften notieren derzeit mit einem Abschlag von 20 bis 25 Prozent auf ihren inneren Wert.
Mit Blick auf den Brexit haben viele Banken angekündigt, ihre Europazentralen auf das Festland zu verlegen. Glauben Sie, dass Amsterdam, Luxemburg, Paris und insbesondere Frankfurt davon profitieren werden, dass Banker zukünftig Wohnraum an ihrem neuen Arbeitsstandort suchen?
Das halte ich für keine überzeugende Investmentstory. Das Potenzial, das von Umzügen britischer Bankmitarbeiter ausgeht, ist im Vergleich zur Grösse dieser regionalen Immobilienmärkte relativ gering. Wir setzen dennoch auf diese Städte, jedoch aus Gründen der jeweiligen fundamentalen Angebots-/Nachfragekonstellation.
Wenn der Brexit tatsächlich kommt und für einen Wachstumsrückgang auf der Insel sorgt, wird Grossbritannien dann für Immobilieninvestoren uninteressant?
Nein, grundsätzlich bleibt Grossbritannien als Immobilienstandort interessant, auch wenn es bald nicht mehr zur EU gehört. Investoren sind jedoch gut beraten, nach Nutzungsarten zu differenzieren. Nach dem Brexit werden die klassischen gewerblichen Immobiliensegmente wie Büros, Einzelhandel und Logistik sicherlich weniger attraktiv sein.
Gibt es Alternativen?
Durchaus wir tendieren schon jetzt zu Objekten alternativer Nutzungsarten wie Studentenwohnheime, privat genutzte Lagerflächen (Self-Storage) und Convenience-Shopping, das im Gegensatz zum dezentralen Erlebnis-Shopping auf die reine Deckung des täglichen Bedarfs bei den Verbrauchern vor Ort abzielt.
Wie beurteilen Sie insgesamt die Lage an Europas Immobilienmärkten?
Die europäischen Immobilienmärkte werden nach wie vor von soliden wirtschaftlichen Fundamentaldaten sowie langfristig weiter sinkenden durchschnittlichen Finanzierungskosten getragen. Während das Geschäfts- und Verbraucherklima sowie die Kreditvergaben neue Höchststände erreichen, sinkt die Zahl der Menschen ohne Job, und die Inflationsrate bewegt sich im gewünschten Zielkorridor der Europäischen Zentralbank - alles in allem gute Voraussetzungen für freundliche Immobilienmärkte.
Werfen wir einen Blick voraus. Welche Ergebnisse erwarten Sie für europäische börsennotierte Immobilienunternehmen in den kommenden 12 Monaten?
Auf Jahressicht erwarten wir bei europäischen Immobilienaktien einen durchschnittlichen Gesamtertrag zwischen 8 und 12 Prozent basierend auf einem Abschlag auf die Nettoinventarwerte von 5 Prozent, mit dem die Immobilienportfolios europäischer REITs derzeit bewertet werden. Mit jährlich durchschnittlich 4 Prozent sollten die Dividendenrenditen parallel attraktiv bleiben und den Gesamtertrag positiv beeinflussen.
Das hört sich ja recht positiv an. Können Anleger damit rechnen, dass dies so bleibt?
Auch in einem positiven Umfeld gilt es, wachsam zu bleiben und unerwartete Szenarien ins Kalkül zu ziehen, wie zum Beispiel eine deutliche Wachstumsabschwächung in Europa. Diese würde das Gespenst der Deflation wieder erwecken und zeitgleich zu sinkenden Mieten führen. Eine Gefahr für die Immobilienmärkte geht darüber hinaus von schneller und stärker als erwartet steigenden Zinsen aus, ohne dass das Wirtschaftswachstum entsprechend mitsteigt.
Das legt den Schluss nahe, dass bei europäischen Immobilienaktien weiterhin grosse Chancen, aber eben auch Risiken liegen. Was bedeutet dies für das aktive Fondsmanagement?
Manager von Immobilienaktienportfolios sollten Überraschungen im Hinterkopf haben und schnell reagieren können, wenn es brenzlig wird. In unseren Immobilienaktienfonds bei Degroof Petercam AM versuchen wir die Auswirkungen unerwarteter Ereignisse möglichst gering zu halten. Dafür ändern wir im Ernstfall die Portfolioallokation hinsichtlich Subsektoren, Unternehmensgrössen und Ländern.