BlackRock-Chef bekräftigt den Stakeholder-Kapitalismus

Larry Fink, Gründer, Präsident und CEO des weltgrössten Vermögensverwalters BlackRock (Bild: ZVG)
Larry Fink, Gründer, Präsident und CEO des weltgrössten Vermögensverwalters BlackRock (Bild: ZVG)

Immer zu Beginn eines Jahres wendet sich BlackRock-Chef Larry Fink an die CEOs der Unternehmen, in die der weltgrösste Vermögensverwalter für seine Kunden investiert ist. Im Zentrum seiner Ausführungen stehen unter anderem das wachsende Interesse von Aktionären an der Corporate Governance von börsennotierten Unternehmen. Daher gründet BlackRock nun ein Zentrum für Stakeholder-Kapitalismus.

19.01.2022, 05:00 Uhr
Nachhaltigkeit

Redaktion: rem

"Ich schreibe Ihnen als Treuhänder unserer Kunden, die uns ihr Vermögen zur Verwaltung anvertrauen. Dabei widme ich mich stets den Themen, die aus meiner Sicht von zentraler Bedeutung für langfristig beständige Erträge und somit Voraussetzung dafür sind, dass unsere Anleger ihre Ziele erreichen können", schreibt Larry Fink, Gründer, Präsident und CEO des weltgrössten Vermögensverwalters BlackRock, einleitend in seinem alljährlichen Brief an die CEOs. Mit diesem will er sie ermutigen, ihr Unternehmen mit einer langfristigen Perspektive zu führen, um für Aktionäre langfristig Renditen zu erwirtschaften.

Wirksamer Stakeholder-Kapitalismus

Erfolgreiche Unternehmen eint nach Meinung Finks, dass sie ein klares Ziel vor Augen haben und konsistente Werte verfolgen. Zudem würden sie anerkennen, wie essenziell der ständige Dialog mit ihren wichtigsten Stakeholdern ist und dass sie ihnen gerecht werden müssen. "Das ist das Fundament des Stakeholder-Kapitalismus", so der Blackrock-Chef. Es gehe dabei weder um Politik noch um eine soziale oder ideologische Agenda. Er sei Kapitalismus, angetrieben von Beziehungen von gegenseitigem Nutzen zwischen den CEOs und ihren Mitarbeitern, Kunden, Zulieferern und Gemeinschaften, ohne die ein Unternehmen nicht erfolgreich sein und gedeihen könne. Das sei die Kraft des Kapitalismus.

Dieser sei der Motor für Veränderung. Er habe die Kraft, jedem Einzelnen zu einer besseren Zukunft zu verhelfen, Innovationen zu fördern, Volkswirtschaften widerstandsfähig zu machen und einige der schwierigsten Herausforderungen zu lösen. Ein wirksamer Stakeholder- Kapitalismus ermögliche eine optimale Kapitalverwendung, dauerhaft rentable Unternehmen sowie eine langfristige Schaffung von Werten und deren Erhalt. "Das sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass faires Streben nach Gewinn immer noch das ist, was Märkte antreibt. Und langfristige Rentabilität ist für Märkte schlussendlich der Gradmesser für den Erfolg Ihres Unternehmens", betont Fink.

BlackRock sei der Überzeugung, dass Unternehmen besser abschneiden, wenn sie sich ihrer Rolle in der Gesellschaft bewusst seien und im Interesse ihrer Mitarbeiter, Kunden, Gemeinschaften und anderer wichtiger Stakeholder handeln.

Fink hebt hervor, wie stark die Pandemie die Rahmenbedingungen für nahezu jedes Unternehmen rasant verändert und die vom technologischen Fortschritt angestossenen Umwälzungen für unser Leben und die Geschäftswelt dramatisch beschleunigt hat. Zugleich habe die Pandemie das Vertrauen in traditionelle Institutionen untergraben und die Polarisierung in vielen westlichen Gesellschaften verschärft. Nie sei es für CEOs von grösserer Relevanz gewesen, Position zu beziehen und einen klar definierten Unternehmenszweck, eine kohärente Geschäftsstrategie sowie eine langfristige Perspektive zu haben, sagt Fink.

Die wichtigsten Themen im diesjährigen Brief

  • Eine neue Arbeitswelt: "Keine Beziehung wurde durch die Pandemie grundlegender verändert als die zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Arbeitnehmer auf der ganzen Welt erwarten mehr von ihren Arbeitgebern. Unternehmen, die ein besseres, innovativeres Umfeld für ihre Mitarbeiter schaffen, verzeichnen eine geringere Fluktuation und eine höhere Rentabilität."
  • Neue Kapitalquellen als Treiber der Disruption: "In den vergangenen vier Jahrzehnten hat die Verfügbarkeit von Kapital explosionsartig zugenommen und führt zu einer dynamischen Innovationslandschaft mit einer Fülle von disruptiven Start-ups, die versuchen, die Marktführer vom Sockel zu stossen. BlackRock möchte, dass sich die Unternehmen, in die wir im Auftrag unserer Kunden investieren, weiterentwickeln und wachsen. Denn nur so können sie auch in den nächsten Jahrzehnten attraktive Renditen generieren."
  • Kapitalismus und Nachhaltigkeit: "Der Wandel zu einer klimaneutralen Welt wird jedes Unternehmen und jede Branche fundamental verändern. Aber nicht nur junge, innovative Unternehmen können und werden ganze Branchen auf den Kopf stellen. Mutige etablierte Unternehmen können und müssen dies ebenfalls tun. Zugleich müssen Regierungen und Unternehmen dafür sorgen, dass Menschen weiterhin Zugang zu einer verlässlichen und erschwinglichen Energieversorgung haben."
  • Mehr Mitsprache für unsere Kunden bei Abstimmungen zu ESG: "Wir sehen ein wachsendes Interesse von Aktionären an der Corporate Governance von börsennotierten Unternehmen. Aus diesem Grund haben wir damit begonnen, mithilfe von Technologie mehr Kunden die Möglichkeit zu geben, unmittelbarer ihre eigenen Stimmrechte bei den Unternehmen ausüben zu können, in die sie ihr Geld investieren. Diese Möglichkeit bieten wir bereits bestimmten institutionellen Kunden an, zu denen Pensionskassen mit rund 60 Millionen Mitgliedern gehören. Wir arbeiten daran, dies zukünftig mehr Anlegern zugänglich zu machen. Unser Ziel ist es, dass sich jeder Anleger – und das schliesst Privatanleger mit ein – an der Stimmrechtsausübung beteiligen kann, wenn dies gewünscht ist."

Der Brief

Der diesjährige Brief von Larry Fink an die CEOs von Unternehmen, in die BlackRock im Auftrag seiner Kunden investiert.

Zentrum für Stakeholder-Kapitalismus: "Wir glauben auch, dass wir noch viel zu wenig darüber wissen, wie sich die Beziehungen eines Unternehmens zu seinen Stakeholdern auf seinen langfristigen Wert auswirken. Deshalb gründen wir ein Zentrum für Stakeholder-Kapitalismus (Center for Stakeholder Capitalism). Es soll ein Forum für Forschung, Dialog und Diskussionen sein und uns helfen, die Beziehungen zwischen Unternehmen und ihren Stakeholdern sowie den Einfluss des Stakeholder-Dialogs auf den Wert für Aktionäre zu untersuchen. In diesem Zentrum werden führende CEOs, Investoren, Politikexperten und Wissenschaftler ihre Erfahrungen und Erkenntnisse teilen und bündeln."

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