04.12.2024, 10:51 Uhr
«Während die Märkte von einer lockeren Geldpolitik beflügelt werden, drohen politische Umwälzungen in den USA sowie geopolitische Spannungen», schreibt Nicolas Forest, Chief Investment Officer bei Candriam in...
Im aktuellen Umfeld erscheint eine antizyklische Haltung angebracht, so LGT-Experte Mikio Kumada. So sind Märkte, die vor wenigen Monaten besonders negative Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten, anschliessend sehr gut gelaufen.
Den Notenbanken ist es gelungen, die Marktstimmung wieder zu entspannen. Die Bank of Japan stellt mit ihrer zögerlichen Haltung bisher die Ausnahme dar. Wir warnen aber vor einer zu positiven Sicht jener Märkte, die bereits stark zugelegt haben, und umgekehrt vor zu viel Negativität gegenüber Japan. Das derzeitige globale Marktregime spricht für einen antizyklischen Ansatz.
Die Aktienmärkte haben sich von der Panikattacke vom Januar deutlich erholt. Die globalen Aktienindizes schreiben wieder schwarze Zahlen - bezeichnenderweise dank der seinerzeit so ungeliebten Schwellenländer. Auf Basis der MSCI-Gesamtrenditeindizes in US-Dollar sind US-Aktien seit Anfang Jahr um 0.5% gestiegen und die Emerging Markets (EM) um 2.4%. Japan und die Eurozone, die Lieblinge des Vorjahres, bilden hingegen mit Verlusten von 5.4% bzw. 3% - bisher - die diesjährigen Schlusslichter.
Die jüngsten Notenbankaktionen, welche zunehmend den Einsatz negativer Leitzinsen einschliessen, entfalten unter dem Strich die gewünschte Wirkung. Die Marktspannungen haben sich gelegt, was sich mit der Zeit auch auf die Realwirtschaft auswirken sollte. Anlagen, die zusätzliche Risikoprämien bieten, wurden gestützt: Hochzins- und EM-Anleihen zählen somit zu den Top- Anlageklassen in diesem Jahr, mit Gewinnen von rund 7% bzw. 11% auf breiter Indexbasis (vgl. PDF, Tabelle auf Seite 3).
Das Loswerden obsessiver Ängste ist jedoch nicht mit einer echten Aufhellung des Ausblicks zu verwechseln. Bei der beschriebenen Erholung handelt es sich primär um die Korrektur der kurzfristig überzogenen Negativität zu Beginn des Jahres. Die Konjunkturindikatoren haben sich in der Zwischenzeit global nämlich eher abgeschwächt. Die jüngsten Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe sind beispielsweise in 15 von 23 Ländern zuletzt tiefer als im Januar ausgefallen, auch wenn die meisten Indizes weiter über der Wachstumsschwelle notieren (vgl. PDF, Seite 2). Die globalen Unternehmenserträge sind zwar etwas höher als vom Konsens prognostiziert, befinden sich aber insgesamt weiterhin in einer milden Rezession.
Das aktuelle Marktregime spricht für einen antizyklischen Anlageansatz
Im aktuellen Umfeld erscheint eine antizyklische Haltung angebracht. Märkte, die vor wenigen Monaten besonders negative Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten, sind anschliessend sehr gut gelaufen. Dass diese Märkte aber auch in den kommenden Monaten zu den Favoriten zählen werden, ist fraglich. Die derzeit besonders ungeliebten Märkte dürften besser abschneiden.
Japan bietet aktuell das typische Beispiel, besonders nachdem die BOJ in der vergangenen Woche erneut von einer Ausweitung ihres Lockerungsprogramms absah und damit die Märkte kurzfristig enttäuschte. Es folgte ein besonders scharfer Yen-Anstieg und Börsenkurssturz (wohl auch, weil die Entscheidung so kurz vor der Golden Week-Ferienwoche kam). Ungeachtet dieser Extremreaktion und des resultierenden Marktlärms scheint Japans Börse jedoch bereits die Grundlagen für eine Erholung gelegt zu haben: Trotz des unvermindert starken Yens stabilisiert sich der Nikkei 225 nämlich seit Mitte Februar stetig - jedes neue Zwischentief fällt höher als das vorherige aus. Zudem ist der aus 222 Small-Caps bestehende TSE MOTHERS-Index in diesem Jahr um 30% gestiegen - die beste Performance seit 2013, dem ersten Jahr der als Abenomics bekannten Reflationspolitik. Dass Aktien von binnenmarktorientierten, jüngeren Firmen derart positiv reagiert haben, widerspricht der weit verbreiteten These vom scheiternden Reflationskurs Tokios.
Diese Signale sind beachtenswert, gerade weil die News aus Japan seit Monaten so schlecht sind. Auslandskapital zieht sich seit einiger Zeit von der Tokioter Börse zurück, während wir immer wieder lesen und hören, dass die anhaltende Yen-Stärke Abenomics endgültig den Garaus machen werde. Dann wurde der Süden des Landes Mitte April auch noch von verheerenden Erdbeben erschüttert. Die Tatsache, dass der Markt begonnen hat, diese Nachrichtenkulisse zu ignorieren, verweist darauf, dass die Risiken in Bezug auf Japan inzwischen eingepreist wurden. So könnten japanischen Aktien in einigen Monaten wieder als Top-Performer dastehen.
Markit-Einkaufmanagerumfragen: Schwächeres Wachstum, aber keine Rezession
Ende April wurden die jüngsten globalen Einkaufsmanagerumfragen (PMI) von Markit veröffentlicht. Im Gegensatz zu den Börsen haben sich diese vorauslaufenden Konjunkturindikatoren seit Januar in sieben von zehn Fällen abgeschwächt (insgesamt 23 Länder). Zugleich ist aber auch klar, dass die Konjunkturängste vom Januar übertrieben waren. Erstens notieren die meisten nationalen PMIs (inklusive USA) weiter über dem Schwellenwert von 50, was anhaltendes (wenn auch bescheidenes) Weltwirtschaftswachstum signalisiert. Zweitens hat sich der Ausblick für die EM aufgehellt: Der PMI für verarbeitende Industrien der EM notiert nun wieder knapp über 50, während jener für die Dienstleistungen grosso modo stabil geblieben ist. Dabei galten die EM zu Jahresbeginn noch als die grossen Sorgenkinder. Dies zeigt einmal mehr, dass man nicht zu viel in die kurzfristigen Marktschwankungen hineinlesen sollte. Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass Japans Industrie-PMI in diesem Jahr einen deutlichen Rückgang erlitten hat. Dies kann sich allerdings relativ schnell ändern, sofern sich das globale Wachstum weiter stabilisiert (was wahrscheinlich scheint) und die Bank of Japan endlich zur Tat schreitet (was nur eine Frage der Zeit zu sein scheint).
Japan: Binnenmarkt-orientiertes Börsensegment erlebt Kursfeuerwerk
Mitte 2015 markierten die Aktienmärkte global ihre jüngsten Höchststände. Ein Börsencrash in China führte anschliessend zu Spekulationen über eine bevorstehende grosse Yuan-Abwertung, was die globale Talfahrt anschliessend beschleunigte. Der Nikkei 225 hat seit seinem Zyklushoch (24. Juni) rund 23% eingebüsst. Die Zunahme der globalen Risikoaversion lässt sich auch daran ablesen, dass der Yen im gleichen Zeitraum gegenüber einem in etwa gleich gewichteten Index aus neun frei konvertierbaren Gegenwährungen um knapp 19% und gegenüber dem USD um 15.5% gestiegen ist. Ein starker Yen bietet eine gute natürliche Absicherung in Zeiten erhöhter Volatilität, mindert zugleich aber auch den Wert der überseeischen Erträge und Vermögen (grösserer) japanischer Unternehmen und gilt daher als Gegenwind für Nippons Börse. Erwähnenswert ist allerdings, dass der Nikkei seit Februar in volatiler Weise steigt (jedes neue Zwischentief ist höher als das vorherige, siehe PDF Chart links, hellblaue Line), obwohl die JPY-Stärke anhält (goldene Linien). Der TSE MOTHERS (Small Caps) hat sich hingegen seit der BOJ-Entscheidung vom Januar (Einführung von Negativzinsen auf einen kleinen Teil der Überschussreserven der japanischen Banken) sehr gut entwickelt (siehe PDF, Chart rechts, dunkelblaue Linie). Das sind Indizien, dass die extremste Phase der einseitigen Yen-Stärke bald abklingen dürfte und die Anleger begonnen haben, von der einfachen «Short-Yen/Long-Nikkei»-Regel Abstand zu nehmen und den Markt wieder etwas differenzierter zu betrachten.