04.12.2024, 10:51 Uhr
«Während die Märkte von einer lockeren Geldpolitik beflügelt werden, drohen politische Umwälzungen in den USA sowie geopolitische Spannungen», schreibt Nicolas Forest, Chief Investment Officer bei Candriam in...
Nach drei Jahren «Abenomics» hat Japan wirtschaftliche Etappenziele erreicht und strategische Weichen gestellt. Preise, Löhne und Unternehmensgewinne steigen wieder. Solange die globale Wirtschaft nicht in eine grobe Schieflage gerät, bleibt für Mikio Kumada von LGT der Ausblick für japanische Aktien positiv.
Die meisten Medien berichteten, dass Japan im dritten Quartal 2015 wieder in eine Rezession geschlittert ist, weil das Realwachstum aufgrund des (notorisch volatilen) Lagerzyklus erneut negativ ausfiel. Das ist zwar faktisch korrekt, lenkt aber vom Kern der ganzen Geschichte ab: Die von Premierminister Shinzo Abe im März 2013 begonnene Reformpolitik («Abenomics») wirkt voll nach Plan.
Sowohl die von der Binnenkonjunktur abhängigen Preise für Güter und Leistungen als auch Löhne und Firmengewinne wachsen seit Jahrzehnten erstmals wieder stabil. So stieg Japans nominales Bruttoinlandsprodukt per Ende September im Vorjahresvergleich um 3.1%, nach 2.5% per Ende Juni - und nachdem es von 1992 bis 2012 im Schnitt leicht schrumpfte (siehe PDF, Seite 2). Die Wirtschaft wächst zu aktuellen Preisen inzwischen also deutlich über Potenzial - eine günstige Phase, um stärker auf Strukturreformen zu setzen, um das Momentum zu erhalten und das längerfristige reale Wachstumspotential zu erhöhen.
Die schwierigen Grundsatzentscheidungen wurden getroffen
In seinem ersten Amtsjahr konzentrierte sich Abe auf vergleichsweise einfache Massnahmen (Führungswechsel in der Notenbank, massive Geldmengenausweitung, Schock-Abwertung des Yen). 2014 und 2015 wurden schwierigere politische Prozesse angepackt. Anders als in der Geldpolitik gibt es bei Strukturthemen schliesslich mehrere Machtzentren (Industrie, Landwirtschaft, Ministerien, etc.), die zuerst «auf Linie» gebracht werden müssen. Der Premier konnte sich aber letztlich durchsetzen und zwischendurch auch zwei nationale Wahlen und eine innerparteiliche Abstimmung für sich entscheiden. Das Ergebnis:
Japans Markt- und Konjunkturausblick bleibt positiv
Da bis 2018 keine Unterhauswahlen mehr anstehen, bedeutet das alles auch, dass sich Tokio fortan stärker auf die Umsetzung der Reformen fokussieren kann. Die gerade abgeschlossenen Mega-Börsengänge der staatlichen Post und Postbank oder das jüngste Gesetz zur besseren Integration von Frauen im Arbeitsmarkt stellen erste Beispiele dafür dar. Eventuell kann Abe auch beginnen, an einer politischen Nachfolgeregelung zu arbeiten (damit der Reformprozess langfristig nicht wieder einschläft). Der boomende Tourismus und die Olympischen Spiele 2020 dürften in der Zwischenzeit die Bautätigkeit auf Trab halten und über die Innovationsschiene immer wieder für die notwendigen Stimmungsschübe sorgen. Auch die Notenbank dürfte nötigenfalls nochmals das Geldangebot ausweiten, was den Yen zumindest gegenüber einigen Währungen, insb. aber den US-Dollar, schwach halten würde.
Vor diesem wachstums- und börsenfreundlichen zyklischen und strukturpolitischen Hintergrund bietet Japans Börse mit ihren immer noch schuldenarmen Unternehmensbilanzen und vernünftigen Bewertungen weiter Aufwärtspotenzial. Der Nikkei 225 ist zwar seit seinem Zyklustief von 2012 insgesamt um rund 135% gestiegen. Doch damit ist Japans Aktienbarometer immer noch der einzige Index weltweit, der nur halb so viel wert ist wie vor 25 Jahren.
Jährliche Wachstumsrate des japanischen BIP zu aktuellen Preisen Japans Kerninflationsrate ist trotz des überraschend scharfen Einbruchs der Rohstoff- und Energiepreise Mitte 2014 und einmaliger Konsumsteuereffekte positiv geblieben. Die jährliche Veränderungsrate dieses Inflationsindex ist seit September 2013 immer positiv, während sie in den vorangegangenen 20 Jahren meistens leicht negativ war. Die Rohstoffbaisse hat das Erreichen des Inflationsziels nur zeitlich aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Wie die nächsten zwei Charts eindrücklich zeigen, hat die Belebung der Inflationserwartungen ihre Wirkung nicht verfehlt: Die Löhne und Unternehmensgewinne steigen, und die Wirtschaft wächst (siehe PDF, Seite 2, Grafik 1+2).
Unternehmensgewinne steigen ebenfalls ungebrochen weiter
Auch die Unternehmensgewinne wachsen weiter. Der nachfolgende Chart zeigt die japanischen Gewinne in Yen und die internationalen in USD. Die Differenz zwischen Japan und der restlichen Welt ist allerdings auch ersichtlich, wenn wir alles in USD umrechnen. Bemerkenswert ist dies auch deswegen, weil der Rohstoffpreiskollaps in allen anderen Märkten zu einer (grundsätzlich wohl temporären) Reduktion der aggregierten Unternehmensgewinne geführt hat. Japan ist in höherem Masse als andere Industrieländer von Rohstoffimporten abhängig und profitiert daher auch stärker von den tieferen Rohstoffpreisen. Die tieferen Energiepreise stützen zudem den von der Regierung erwünschte Lohnsteigerungsprozess (siehe PDF, Seite 2, Grafik 3).