"Internetnutzung wird 2017 die Marke von 130 Mio. übersteigen"

Hyung Jin Lee, Head of Asian Equities, Baring Asset Management
Hyung Jin Lee, Head of Asian Equities, Baring Asset Management

Hyung Jin Lee, Head of Asian Equities bei Baring Asset Management erläutert im Interview mit Fondstrends das Wachstumspotenzial in Asien.

08.03.2016, 11:41 Uhr

Redaktion: jog

Die globalen Aktien-Indizes gaben in den letzten Wochen nach. Als Hauptgründe werden unter anderem die Wachstumsabschwächung Chinas und die Gefahr einer Abwertung des Renminbi genannt. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein?

Hyung Jin Lee: Auf globaler wie regionaler Ebene gibt es unterschiedliche Risikofaktoren. Dazu gehören Chinas Wachstumsausblick, niedrigere Rohstoffpreise und die Aussicht auf höhere Zinsen in Industrieländern. Trotzdem ist Asien mit Blick auf die langfristigen, binnenwirtschaftlich getriebenen Wachstumsaussichten sowie die allmähliche Erholung der weltweiten Nachfrage, die weiter voranschreitet, nach wie vor gut aufgestellt. Demnach stellen die jüngsten Marktanpassungen eine Kaufgelegenheit für Anleger dar, die auf der Suche nach einem langfristigen und nachhaltigen Wachstumspotenzial in Asien sind.

Wie beurteilen Sie die wirtschaftlichen Reformen in China?

Ein einziger Grund lässt sich für die Marktrückgänge nicht festmachen. Sicherlich spielten jedoch die Entscheidung der US-Notenbank zur Anhebung der kurzfristigen Zinssätze, Sorgen über mögliche weitere Abwertungen des Renminbi und des Hongkong-Dollar sowie die beunruhigenden Auswirkungen des Anfang Januar eingeführten „Schutzmechanismus“ am chinesischen Markt eine wichtige Rolle.

Obwohl sich eine weitere Volatilitätsphase nicht ausschliessen lässt, ist die Marktschwäche unserer Einschätzung nach hauptsächlich auf die Anlegerstimmung zurückzuführen und basiert nicht auf Fundamentaldaten.

Wie schätzen Sie die Aussichten für Südkorea ein?

Korea wird Anlegern aus verschiedenen Gründen kräftige, langfristige Erträge bieten. Wir gehen für bestimmte Kernsegmente und Unternehmen von einer höheren Wertschöpfung und steigenden Margen aus. In der Vergangenheit führten niedrigere Faktorkosten in Korea zu einer Ausweitung der Gewinnspannen. Zukünftig dürfte die Rentabilität koreanischer Unternehmen sehr stark von den besseren Handelsbedingungen aufgrund der niedrigeren Rohstoffpreise profitieren. Darüber hinaus steht Korea kurz davor, sich neben Volkswirtschaften wie Deutschland und Japan einzureihen, wenn es darum geht, den globalen Märkten spitzentechnologische Fertigungskompetenz auf höchstem Niveau anzubieten. Wir investieren in dieses „Neue Korea“ und nicht in Branchen des „Alten Koreas“, deren Wettbewerbsfähigkeit gegenüber China und anderen Ländern nachlassen könnte. Der Aufstieg einer Aktienkultur sowie die expansive Geldpolitik, die von einer hohen Fremdwährungsliquidität unterstützt wird, dürften ebenfalls eine Rolle spielen. Seit der globalen Finanzkrise hat sich die Liquidität mit Blick auf Fremdwährungen in Korea erheblich verbessert. Die Devisenreserven sind derzeit viermal so hoch wie die kurzfristigen Auslandsverbindlichkeiten. Der verlängerte expansive geldpolitische Kurs der koreanischen Regierung dürfte unserer Einschätzung nach bei moderatem Inflationsdruck und einer möglichen Schwäche anderer wichtiger Währungen ausserhalb des US-Dollar auch weiterhin anhalten.

Des Weiteren tragen bessere Fundamentaldaten ebenfalls zu der positiven Entwicklung bei. Korea verfügt über hohe Leistungsbilanzüberschüsse sowie einen soliden Finanzhaushalt.

Chinesische Aktien sind im Baring Asia Growth Fund stark übergewichtet. Was ist der Grund?

Wir verfolgen eine von Qualität geprägte „Wachstum zu einem angemessenen Preis“- Anlagephilosophie (Growth at a Reasonable Price - GARP), nach der wir bisher „unerkannte Wachstumschancen“ über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren aufspüren und Portfolios mit echtem und hohem Überzeugungsgrad zusammenstellen. Dabei verwenden wir sowohl Wachstums- als auch Substanzwerte, um die Volatilität in Verbindung mit Strategien zu vermeiden, die sich an nur einem Anlagestil orientieren und um im Zeitverlauf bessere risikoadjustierte Erträge zu generieren. Dementsprechend ist die Vermögensaufteilung bei chinesischen Aktien das Ergebnis unseres Researches nach dem Bottom-up-Ansatz und nicht einer taktischen Allokation von oben nach unten.

In welchen Branchen sehen Sie das grösste Wachstumspotenzial in China?

Chinas Unternehmen bewegen sich in der Wertschöpfungskette nach oben. Vor diesem Hintergrund mögen wir Firmen, die von dem steigenden Konsum und der technologischen Ausstattung profitieren. Des Weiteren favorisieren wir die Marken des „Neuen Chinas“, die im internationalen Wettbewerb mithalten können.

Nach den ziemlich starken Aktienkursbewegungen der letzten Wochen haben wir die Gelegenheit genutzt, um von uns bisher favorisierte Unternehmen neu zu bewerten, deren Preis uns aktuell als zu hoch erscheint. Dazu zählt ein Versorgungsunternehmen, das Hongkong, Shenzen und Dongguan mit Wasser beliefert. Der Konzern profitiert von der zunehmenden Nachfrage als Ergebnis des Bevölkerungsanstiegs sowie davon, dass die Bedeutung von Umwelt und Wasserqualität immer mehr Anerkennung findet, allem voran durch die Behörden.

Darüber hinaus haben wir eine Vielzahl an chinesischen Unterhaltungskonzernen analysiert und für eine Investition ausgewählt. Unsere Analysen lassen darauf schliessen, dass die Einnahmen der Filmindustrie in China im nächsten Jahr die der USA übersteigen werden, da immer mehr Menschen das Kino besuchen und zunehmend mehr Filme in chinesischer Sprache erhältlich sind. Fünf der zehn erfolgreichsten Filme in China sind Inlandsproduktionen und unserer Einschätzung nach dürfte sich dieser Trend fortsetzen.

Die Zahl der E-Commerce-Kunden stieg in Südkorea und China in den letzten Jahren rasant an. Wie sehen Sie die Chancen, dass sich dieser Anstieg auch bald in Ländern wie Thailand, Indonesien oder Malaysia ereignet?

In Südostasien sorgen eine aufstrebende Mittelschicht, eine jüngere Bevölkerung und strukturelles Wachstum für eine Anregung zur Umgestaltung traditioneller Unternehmen sowie des Onlinehandels. Wir erkennen in Südostasien einen zunehmenden Trend bei der Nutzung des Internets. Insbesondere in Indonesien soll die Netzwerkdurchdringung bei mehr als 50% der Gesamtbevölkerung liegen und die Internetnutzung wird im Jahr 2017 die Marke von 130 Millionen übersteigen. Dies lässt das enorme Potenzial der entsprechenden Themen und Branchen erahnen.

Unserer Auffassung nach wird es von Wachstum gekennzeichnete Kernbereiche oder „Nischen“ geben, die von einer sich verändernden Wachstumsdynamik profitieren und die das Gesamtwachstum übertreffen werden. Als Beispiel dient hier ein malaysisches Unternehmen für elektronische Behördendienste, das für die Erschliessung neuer Einkommensströme auf eine bestehende Plattform aufbaut. Anfänglich arbeitete das Unternehmen mit der Erlaubnis zur elektronischen Ausstellung von Führerscheinen und etablierte anschliessend zusätzliche Einkommensströme durch den Online-Vertrieb von Autoversicherungen und durch das Anbieten von Verlängerungen der Arbeitserlaubnis für ausländische Arbeitnehmer. Dies deutet darauf hin, dass, dank des Internets, aktuell eine Umgestaltung traditioneller Unternehmen stattfindet und wir gehen davon aus, dass dieser Trend weiter anhalten wird.

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