16.12.2024, 09:10 Uhr
Mit dem «Climate Leaders Global Equities» und dem «Staatsanleihen Welt ESG» lancierte die Graubündner Kantonalbank (GKB) im Dezember 2024 zwei neue Anlageprodukte. Der Climate Leaders Aktienfonds ist laut...
Aayush Sonthalia, Portfolio Manager Emerging Markets Debt von PGIM Fixed Income, gibt einen Überblick über Chancen und Risiken von Zinsanlagen in Schwellenländern. Besonderen Fokus legt er im Interview auf die BRIC-Länder, die Rohstoffsituation und Chinas wirtschaftspolitische Absichten.
Welche Faktoren beeinflussen die globale Dynamik und welche Schwellenländer profitieren am meisten?
Aayush Sonthalia: Schwellenländer können von der globalen Dynamik profitieren. Ihr Anteil am globalen BIP wächst weiter, und sie spielen eine wichtigere Rolle in den Diskussionen über den Klimawandel und in multilateralen Organisationen wie der G20. Während China beim Nearshoring zu den Verlierern gehört, werden Länder wie Mexiko, Vietnam und Indien davon profitieren. Ferner werden Schwellenländer wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und die Türkei geopolitisch eine grössere Rolle spielen.
Welchen Einfluss haben die geopolitischen Spannungen auf Emerging-Markets-Zinsanlagen?
Im Grossen und Ganzen haben sich die Spreads in den Schwellenländern im laufenden Jahr als widerstandsfähig gegenüber geopolitischen Entwicklungen und Schlagzeilen erwiesen. Wenn wir davon ausgehen, dass die US-Zentralbank nicht mit weiteren massiven Zinserhöhungen eingreift und sich das weltwirtschaftliche Umfeld nicht wesentlich verschlechtert, bieten Schwellenländer in Zukunft sehr attraktive Total Returns.
Was sind andere Risiken?
Zu den Tail-Risiken gehören eine harte Landung in China, sollten die fiskalischen Stimuli den Vertrauensverlust nicht ausgleichen, ein enttäuschendes globales Wachstum, ein Rückgang des Welthandels und der Investitionen sowie ein ungünstiger Ausgang anstehender Wahlen in zahlreichen Industrie- und Schwellenländern in den nächsten sechs Quartalen.
Die BRICS-Länder haben 2023 viel Aufsehen erregt, auch auf dem letzten BRIC-Gipfel in Johannesburg. Welche Chancen ergeben sich daraus für Anleger?
Die Erweiterung der BRICS-Gruppe spiegelt den zunehmenden Wettbewerb zwischen den Grossmächten und die sich verändernde Wirtschaftslandschaft. Besonders China ist bestrebt, seinen wirtschaftlichen und geopolitischen Einfluss auf rohstoffreiche Entwicklungsländer auszudehnen. Es wird interessant sein zu sehen, welche Absicht China verfolgt.
Was denken Sie?
Wenn das Ziel darin besteht, die Verwendung des US-Dollars im Welthandel und den Einfluss des IWF und der Weltbank zu verringern und eine Alternative zur G7 zu schaffen, dann haben die BRICS+ noch viel zu tun. Hier geht es um Fragen der Transparenz, der Rechtsstaatlichkeit, der Institutionen und des Ungleichgewichts. Wenn das wahre Motiv Chinas darin besteht, eine potenzielle Absicherung gegen eine weitere Abkehr vom Westen zu schaffen, ist mit Widerstand einiger Mitgliedsländer dagegen zu rechnen im Wesentlichen als Spielball zu dienen. Es ist auch nicht klar, ob die Gruppe den Welthandel oder die Kapitalströme dominieren wird. Ohnehin werden die Verlagerung von Lieferketten – Stichwort Nearshoring – und Investitionen in die Energiewende die Investitionen eher antreiben als die Bildung des erweiterten Blocks.
Insbesondere LATAM bietet positive Signale, vor allem nach den Wahlen in Argentinien und Brasilien. Wie sollten sich Anleger in dieser Region positionieren?
Wir sind in Ländern wie Kolumbien und der Dominikanischen Republik übergewichtet. Zudem halten wir Quasi-Staatsanleihen und Unternehmensanleihen in Brasilien und Peru. In Panama sind wir angesichts der bevorstehenden Wahlen vorsichtig und auch bei Argentinien sind wir mittelfristig zurückhaltend.
Welches Potenzial bietet China und wie ist das Bewertungsverhältnis von Unternehmens-, Staats- und Quasi-Staatsanleihen in diesem Land?
Die chinesische Wirtschaft ist aufgrund der Covid-Krise und einer Korrektur im Immobiliensektor unter Druck geraten. Wir gehen aber davon aus, dass sich die Wachstumsrate bei 4,5 bis 5 Prozent stabilisieren wird. Die Regierung konzentriert sich darauf, die lokalen Behörden zu unterstützen und das Vertrauen wiederherzustellen. Dennoch haben wir China in unseren EM-Staats- und -Unternehmensportfolios untergewichtet, da die Bewertung von Investment-Grade-Anleihen angespannt ist und der High-Yield Immobilien- sowie der Industriesektor unter Druck steht.
Welche Auswirkungen werden steigende Zinsen, ein steigender Dollar und ein steigender Ölpreis auf EMD haben, und wie kann das Portfolio vor dem Hintergrund dieser Risiken ausreichend diversifiziert werden?
Die Preise für Metalle und Agrarprodukte haben ihre eigene Dynamik, und die Energiepreise, besonders für Öl, sind auf einem hohen Niveau. In diesem Umfeld konzentrieren wir uns in den Schwellenländern auf Produzenten mit einer niedrigen Kostenbasis. Das aktuelle Preisniveau sollte nicht zu Zahlungsbilanzproblemen führen, aber die Lage sollte weiter beobachtet werden. Anhaltend hohe Rohstoffpreise könnten die Inflation in den Schwellenländern beeinflussen, was derzeit aber nicht der Fall ist. Gleichzeitig können viele Rohstoffländer von der Energiewende letzten Endes aber auch profitieren.
Was ist währungsseitig zu beachten?
Emerging Market Debt ist keine einheitliche Assetklasse: Die einzelnen Länder sind von den Veränderungen des Welthandels, der Liquidität und der Wachstumsdynamik unterschiedlich betroffen. Verwerfungen können aber auch Chancen sein. Schwellenländer können von fundamentalen Faktoren wie Nearshoring und der Energiewende sowie von ausländischen Direkt- und Portfolioinvestitionen profitieren. Insgesamt spricht sehr viel für Investments in auf Hartwährung lautende Schwellenländer-Schuldtitel – seien dies Staats- oder Unternehmensanleihen. Bei Engagements in Lokalwährungen sind wir zurückhaltender, da Zinssenkungen bereits in die lokalen Währungskurven eingepreist sind und eine Outperformance schwierig werden könnte.
Wird der Einfluss des Ölpreises auf EMD bestehen bleiben oder werden andere Faktoren in Zukunft eine grössere Rolle spielen?
Öl wird für GCC-Staaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien sowie für einige lateinamerikanische Länder wie Kolumbien und Brasilien weiterhin eine Rolle spielen. Zu den Schwellenländern gehören im Übrigen auch Ölimporteure wie die Türkei und Indien. Der Gesamteinfluss des Erdöls wird im Laufe der Zeit an Bedeutung verlieren, da sich die GCC-Länder auf das Wachstum ihres Tourismus- und Dienstleistungssektors und den Übergang zu erneuerbaren Energien konzentrieren.
Welches Potenzial haben Märkte in der Nähe Europas wie Osteuropa, die Türkei und Nordafrika? Ist auch da ein zunehmender Trend zum Friendshoring, wie in Mexiko, zu beobachten?
Marokko ist ein Profiteur des Friendshoring. Das Land profitiert von einem Freihandelsabkommen mit den USA, einem gut positionierten Hafen und einer wachsenden Präsenz in der Automobilzulieferkette.
In welchen Sektoren fallen derzeit die meisten Neuemissionen an und welche Gründe gibt es dafür?
Aus technischer Sicht sind auf Jahre mit hohen Mittelabflüssen in der Regel positive Nettomittelzuflüsse erfolgt, verbunden mit einer starken Performance. In den letzten Jahren war die Emissionstätigkeit gering, was aus technischer Sicht für Schwellenländeranleihen spricht. Bei den Unternehmensanleihen in Hartwährung nahm die Emissionstätigkeit in Mittel- und Osteuropa, im Nahen Osten und in Afrika sowie in Lateinamerika zu. Die für das Gesamtjahr erwartete Nettokapitalaufnahme bedeutet jedoch einen Rückgang um mehr als 100 Mrd. USD, was die negativen Auswirkungen der Kapitalabflüsse, wieder ausgleicht. Die Nachfrage nach Neuemissionen war hoch. Wir haben uns selektiv an Erstemissionen beteiligt.