16.12.2024, 09:10 Uhr
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Sowohl Hochzinsanleihen wie auch Investment-Grade-Bonds weisen im aktuellen Umfeld gewichtige Nachteile auf. Den Sweet Spot in Sachen Spread- und Durationsrisiko könnten Anleger gemäss Laurent Gorgemans von Nordea Asset Management im Cross-Credit-Bereich finden.
Da europäische Unternehmensanleihen so hohe Renditen aufweisen wie seit vielen Jahren nicht mehr, richten die Anleger ihr Augenmerk derzeit auf den Kreditmarkt der Region. Doch obwohl alle Segmente europäischer Unternehmensanleihen im Vergleich zu den letzten zehn Jahren oder sogar verglichen mit einem längeren Zeitraum attraktive Renditeniveaus bieten, dürfen sich die Anleger angesichts der anhaltenden Herausforderungen nicht in Sicherheit wiegen. Das sagt Laurent Gorgemans, Global Head of Investment Management bei Nordea Asset Management.
«Hochzinsanleihen stehen heute verständlicherweise im Mittelpunkt des Interesses der Anleger, da die Renditen für Anleihen unterhalb der Investment-Grade-Kategorie nach dem deutlichen Anstieg im Jahr 2022 auch heute noch hoch sind», sagtGorgemans. So lagen die Renditen für High-Yield-Anleihen aus der EU per Ende September 2023 bei 7 bis 8 Prozent. «Viele der weniger hochwertigen Kredite in diesem Universum bleiben jedoch anfällig für Probleme, insbesondere angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheiten», ergänzt er.
Am anderen Ende des Spektrums sei es unwahrscheinlich, dass die Renditen für die hochwertigsten Emittenten im Investment-Grade-Bereich eine signifikante reale Rendite, also eine positive Rendite nach Abzug der Inflation, bieten. Tatsächlich liegen die Renditen im Investment Grade-Bereich in der EU gemäss Refinitiv bei etwa 4 bis 5 Prozent und damit auf dem Niveau des EZB-Einlagensatzes, während Anleihen mit einem Rating von AAA bis A im Bereich von 4 Prozent liegen.
Eine Möglichkeit für Anleger, sich aus diesem Zwiespalt erfolgreich herauszumanövrieren, besteht laut Gorgemans darin, das mittlere Band der europäischen Unternehmensanleihen zu isolieren – also die mit BBB, BB und B bewerteten Anleihen: «Wir sind der Ansicht, dass Unternehmensanleihen auf beiden Seiten der Grenze zwischen Investment Grade und High Yield – auch bekannt als Cross-Credit – am besten geeignet sind, um robuste reale Renditen zu erzielen und gleichzeitig ein kleines Polster zu bieten, falls es zu weiteren wirtschaftlichen Turbulenzen oder einer Verschlechterung der Stimmung kommt.»
Aufgrund seiner Verortung im Kreditspektrum ist der Cross-Credit-Bereich bekannt für Ineffizienzen, die sich aus tatsächlichen oder erwarteten Ratingänderungen ergeben. Während Rating-Änderungen zu Umschichtungen in der Anlegerallokation auf dem gesamten Markt führen, erhöht sich die Aktivität, wenn ein Investment-Grade-Emittent zum «Fallen Angel» wird, indem er in den High-Yield-Bereich fällt, oder ein Junk-Bond-Name zum «Rising Star» wird, indem er in den Investment-Grade-Bereich aufsteigt.
Von solchen Rating-Veränderungen waren in diesem Jahr besonders viele zu beobachten: Von Anfang Jahr bis Ende Juli 2023 wurden gemäss ICE und Analysen von Nordea Investment Funds europäische Unternehmensanleihen im Wert von mehr als 400 Milliarden Euro umgestuft, darunter 30 «Fallen Angels» und 11 «Rising Stars». Dieses Volumen ist im Vergleich zu den letzten zehn Jahren überdurchschnittlich hoch und liegt nur hinter dem von Covid dominierten Jahr 2020, in dem erwartungsgemäss besonders viele Unternehmen herabgestuft wurden, und der anschliessenden Heraufstufung vieler Kredite während des wirtschaftlichen Aufschwungs im Jahr 2021 zurück.
«Da die wirtschaftliche Volatilität auf absehbare Zeit anhalten dürfte, werden die Unterschiede zwischen den einzelnen Emittenten im Cross-Credit-Bereich weiterhin erheblich sein. Dies wird aktiven Anlegern, wie schon in der Vergangenheit, Chancen bieten», sagt Gorgemans. Ein Cross-Credit-Portfolio, das zu einem Drittel aus Anleihen mit BBB-Rating und zu zwei Dritteln aus BB- und B-Schuldtiteln besteht, hat eine annualisierte Rendite von 5 Prozent erzielt und liegt damit nahe am ICE Euro High Yield Index, der seit dem 31.12.2000 eine Rendite von 5,39 Prozent erwirtschaftete.
Das Ende der quantitativen Lockerung der Geldpolitik dürfte aktiven Cross-Credit-Anlegern weiteren Rückenwind geben. Die Zentralbanken waren in der Vergangenheit wichtige Käufer von Investment-Grade-Emittenten, wobei die Liquidität oft auf Hochzinsanleihen überschwappte. «Durch den Wegfall der unternehmensunabhängigen Nachfrage der Europäischen Zentralbank wird es wichtiger, solide Emittenten von potenziell schwächeren Namen zu unterscheiden», weiss Gorgemans.
Bei den Hochzinsanleihen haben die Unternehmen in ganz Europa die niedrigen Finanzierungskosten der letzten Jahre genutzt, um ihre Laufzeiten deutlich zu verlängern. Da die nächsten grossen Refinanzierungswellen 2025 und 2026 anstehen, könnte gemäss dem Experten es eine Weile dauern, bis die Ausfallraten in die Höhe schnellen. Allerdings steigen die Spreads in der Regel deutlich vor den Ausfallwellen an, was viele renditehungrige Anleger abschrecken könnte.
Auf der Suche nach einer ausgewogenen risikoadjustierten Rendite könnten Anleger auch erwägen, die Banken- und Versicherungsbranche zu meiden, weil diese erfahrungsgemäss ein hohes Beta aufweist. Auch wenn Banken und Versicherungen für einen aktiven Anleiheinvestor attraktive Möglichkeiten bieten, sind diese Titel anfällig für starke Kursschwankungen und plötzliche Preisanpassungen. Das wurde während der Turbulenzen im US-Regionalbankensektor sowie bei der Credit Suisse in Europa zu Beginn dieses Jahres deutlich sichtbar.
«Angesichts der nach wie vor auffällig interessanten Renditen zwischen 4 und 8 Prozent werden Unternehmensanleihen und andere festverzinsliche Anlagen im neuen Jahr wahrscheinlich die Nachfrage der Anleger anführen. Angesichts der Nachteile an beiden Enden des Spektrums ist es jedoch verständlich, wenn die Anleger zunehmend nach einem Sweet Spot in Sachen Spread- und Durationsrisiko suchen. Der Cross-Credit-Bereich kann genau dieser Sweet Spot sein», erklärt Gorgemans.