19.12.2024, 10:35 Uhr
Die schwedische Zentralbank hat ihren Leitzins schon zum fünften Mal in diesem Jahr gesenkt. Und weitere Schritte dürften folgen.
2022 war ein echtes Annus Horribilis für festverzinsliche Wertpapiere. Zweistellige Verluste waren keine Seltenheit. Für Jim Leaviss, CIO Public Fixed Income bei M&G Investments haben die Turbulenzen für einen Neustart bei Bonds gesorgt und damit neue Möglichkeiten eröffnet.
«Von Schwellenländeranleihen bis zu kurzlaufenden europäischen Papieren: Vielleicht zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt werden Anleiheinvestoren wieder angemessen für das Risiko bezahlt, das sie eingehen. Insbesondere Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating bringen mit ihrer attraktiven Kombination aus Rendite, Diversifizierung und Widerstandsfähigkeit gute Voraussetzungen mit, um das unsicherere wirtschaftliche Umfeld zu meistern», schreibt Jim Leaviss.
Die Inflation bleibe allerdings weiterhin ein Hauptfaktor für die Renditeentwicklung. Mit Ausnahme von Grossbritannien gehen die Teuerungsraten in den meisten Ländern zurück – «aber wir sind noch lange nicht über den Berg», fügt der CIO Public Fixed Income bei M&G Investments an.
Die spannende Frage sei: Nähert sich jetzt wirklich das Ende des Zinserhöhungszyklus? Die Fed hat sich erst einmal für eine Pause entschieden. Auch danach dürfte es nicht mit dem gleichen Tempo weitergehen wie zuvor. Denn wenn die Zentralbanken die Zinssätze weiter so schnell anheben wie bisher, führe das nicht selten zum Stillstand. Man habe das immer wieder gesehen – von der Long-Term Capital Management (LTCM)/Russland-Schuldenkrise im Jahr 1998 bis zur globalen Finanz- und Eurozonen-Krise ein Jahrzehnt später. All diese Ereignisse traten nach einem plötzlichen Zinsanstieg auf. «Aktuell sehen wir bereits erste Anzeichen für Unruhen an den Märkten, nachdem eine Reihe von Banken unter Druck kollabiert sind. Wir sind daher der Meinung, dass die Fed die Bremse ziehen muss, um erst einmal die Auswirkungen der jüngsten Turbulenzen zu analysieren», folgert Leaviss.
Unter den Staatsanleihen bevorzuge M&G Investments Emittenten, bei denen das nominale Bruttoinlandsprodukt schneller wächst als die Kreditkosten. Weil die Inflation das BIP erhöht hat, die Schuldenlast aber meist gleichgeblieben ist, war die Teuerung für viele Regierungen äusserst vorteilhaft. «Bei der Länderauswahl achten wir ausserdem darauf, wo Zinssätze und Inflation nach unserer Einschätzung am schnellsten zurückgehen werden. Unter den Industrieländern scheint uns die USA in diesem Prozess schon am weitesten zu sein», folgert der Spezialist. Tatsächlich geht derzeit die Geldmenge im Land deutlich zurück, und das führt normalerweise zu einer nachlassenden Inflation. Für US-Treasuries spreche auch eine stark inverse Renditekurve. Das war in der Vergangenheit ein sehr zuverlässiger Indikator für eine Rezession in den USA.
Die Fed hat auf dieses Umfeld reagiert. Die Europäische Zentralbank muss angesichts der nach wie vor hohen Kerninflation wahrscheinlich noch etwas länger an der Zinsschraube drehen. «Wir bleiben daher zurzeit etwas vorsichtiger bei europäischen Staatsanleihen und favorisieren Papiere aus den USA», so das Fazit.
Auch bei Anleihen aus Schwellenländern gebe es weiterhin interessante Titel. Diese Nationen haben im Allgemeinen das stärkste langfristige Wachstumspotenzial und profitieren von einer jungen Bevölkerung sowie von einem niedrigen Verhältnis zwischen Staatsverschuldung und BIP. Die Bewertungen seien attraktiv, da die Renditen von Schwellenländeranleihen deutlich über der Inflation liegen. In diesem Zinszyklus haben die Zentralbanken der Volkswirtschaften grösstenteils früh gehandelt, sodass die Inflation dort recht schnell zurückgehen sollte. Das verleihe der Anlageklasse einen gewissen Schwung, «auch wenn sie nicht ohne Risiken ist und man hier immer sehr selektiv vorgehen sollte. Wir sehen derzeit in etlichen Bereichen attraktive Möglichkeiten, insbesondere in Lateinamerika und Südostasien», folgert Leaviss.