19.12.2024, 10:35 Uhr
Die schwedische Zentralbank hat ihren Leitzins schon zum fünften Mal in diesem Jahr gesenkt. Und weitere Schritte dürften folgen.
Obwohl die Nachfrage nach alternativen und risikobehafteten Wertpapieren steigt, will die Fed die Zinsen senken. Joseph Amato von Neuberger Berman rät Anlegern, darauf zu achten, wo die aktuell von den Zinsen getriebene Stimmung für günstige Bewertungen sorgt.
Die Märkte spielen verrückt: Der S&P 500 hat letzte Woche die 3'000-Punkte-Marke geknackt und griechische Staatsanleihen lagen kurzzeitig unter den US-Titeln mit gleicher Laufzeit. All das nur ein gutes Jahr nach dem Ende der Hilfsprogramme sowie kurz nach der Emission der ersten griechischen Anleihe seit der Schuldenkrise. "Die internationalen Finanzmärkte hielten viele Rekorde und Extreme bereit, weil die Investoren einmal mehr darauf setzten, dass die US-amerikanische Notenbank die Zinsen erstmals seit über einem Jahrzehnt senkt", sagt Joseph Amato, Chief Investment Officer Equities bei Neuberger Berman. Die Nachfrage nach risikoreichen Anlagen scheine unersättlich, und doch scheine der Drang ungebrochen zu sein, die stotternde Wirtschaft mit niedrigeren Zinsen zu stützen.
Trotz der zuletzt sehr guten US-Arbeitsmarktdaten rechnen die Märkte mit einer weiteren Leitzinssenkung um 25 Basispunkte im Juli. Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell verkündete, dass sich der Ausblick des Offenmarktausschusses durch die Arbeitsmarktzahlen "nicht ändern" würde und "viele» Mitglieder jetzt noch mehr Argumente für eine expansive Geldpolitik sähen. An den Märkten hielt man die Zinssenkung daraufhin für nahezu sicher – und bewertete eine Senkung um 50 Basispunkte mit einer Eins-zu-vier-Wahrscheinlichkeit. "Gegenüber den Erwartungen vom letzten Herbst ist das in der Tat eine 180-Grad-Wende", stellt Amato fest.
Diese Wende lasse den S&P 500 ebenso weiter steigen wie krisenanfällige Staatsanleihen, Emerging-Market-Titel und andere risikobehaftete Wertpapiere. Doch seien zum Beispiel Small Caps, High-Beta-Aktien und nicht-amerikanische Märkte hinter defensiveren Anlagen zurückgeblieben - und nirgendwo seien die Renditen negativer als bei deutschen Staatsanleihen.
"All das mahnt zur Vorsicht", betont Amato und findet, dass eine höhere Risikoaversion eine durchaus passende Antwort auf die schwächeren Einkaufsmanagerindizes dieses Jahres, die niedrige Inflation, auf die fallenden Wachstumsprognosen, die politische Unsicherheit und die zunehmenden Handelskonflikte wäre. Nach mittelmässigen Unternehmensergebnissen im ersten Quartal werden für die noch junge neue Berichtssaison kaum Änderungen erwartet. Vermutlich würden der Konsum- und der Technologiesektor die Schwäche der Automobil- und Industriebranche ausgleichen.
Derzeit lasse sich die Marktentwicklung nicht mit der Konjunktur erklären - weder die hohen Kurse der "sicheren Häfen", noch das hohe Niveau von Aktienindizes und die eher niedrigen Kurse risikoreicherer Aktien.
"Alles scheint sich um die Zinsen zu drehen: Fast alle Wertpapiere mit laufenden Erträgen und selbst alle Titel mit einer gewissen Duration sind so bewertet, als könne es nur aufwärts gehen."
Amato verweist auf eine alte Börsenweisheit, die Investoren davor warnt, sich mit der Fed anzulegen: "Don’t fight the Fed." Heute scheinen in seinen Augen die Märkte nicht gegen die Fed zu kämpfen, sondern sie förmlich zu noch niedrigeren Leitzinsen anzustacheln.
Es könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Notenbanken eine Zinspause einlegen und die Leitzinsen unverändert lassen. "Wir haben akzeptiert, dass eine Zinssenkung bevorsteht. Wir rechnen indes noch immer mit einem kurzen Zinssenkungszyklus der Fed, obwohl die Märkte anscheinend einen längeren vermuten", lautet die Einschätzung der Experten von Neuberger Berman.
Ihre Empfehlung: Investoren sollten daher genau darauf achten, wo die aktuell von den Zinsen getriebene Stimmung für günstige Bewertungen sorgt, die sie nutzen können. Dazu gehörten demnach insbesondere High-Beta-, Small-Cap- und prozyklische Aktien, die nicht vollständig an den zurückliegenden Marktentwicklungen teilgenommen haben. Auch an den globalen Rentenmärkten sehen wir attraktive Wert- und Ertragspotenziale. Aus diesem Grund verfolgen wir stärkere Investments direkt unter der Oberfläche – in Sub-Assetklassen.