22.11.2024, 13:09 Uhr
Die Kerninflation in Japan lag im Oktober bei 2,3 Prozent, das ist etwas weniger als noch im September. Aber minimal mehr als erwartet worden war.
Die Juni-Inflation in den USA suggeriert mit 3% ein schnelles Absinken. «Gegenüber dem Vorjahreswert, der noch bei 9,1% gelegen hatte, ist die Teuerung geradezu in sich zusammengefallen», konstatiert BlackRock-Stratege Martin Lück. Trotzdem hätten die Fed Funds Futures wohl recht, die einen 25 Basispunkte-Schritt für diesen Mittwoch einpreisen. Ein offensichtlicher Widerspruch, weshalb?
«Auch unter der Motorhaube zeigt sich der Preisauftrieb deutlich gebremst», kommentiert Kapitalmarktstratege Martin Lück den aktuellen US-Teuerungsverlauf. Er verweist etwa auf die um die Wohnkosten bereinigten Dienstleistungspreise, auch ‘ Super Core Inflation‘ genannt, die im Juni nur noch um 0,1% im Monatsvergleich gestiegen sind.
Im laufenden Monat dürfte der Teuerungsrückgang aufgrund von Basiseffekten gebremst werden, räumt auch Lück ein. Gleichzeitig betont er: «Dass die Inflation auf dem Rückweg ist, dürfte dennoch unübersehbar bleiben.»
Gleichwohl habe der Markt gemessen an den Fed Funds Futures, die für die US-Notenbanksitzung von morgen Mittwoch mit einer Wahrscheinlichkeit von über 90% einen weiteren Zinsschritt um 25 Basispunkte einpreisen, vermutlich recht. Das Fed könne nicht mehr zurück, es habe sich innerhalb weniger Monate schon einmal gedreht. Ein weiteres Mal könne seiner Glaubwürdigkeit schaden, erklärt Lück.
Schauen wir zurück: Am 3. Mai hatte Fed-Chef Jerome Powell überraschend angekündigt, die Notenbank sei nach dem an diesem Tag vollzogenen Zinsschritt aller Voraussicht nach mit ihren Zinssteigerungen fertig.
Die weitere geldpolitische Straffung, die angesichts der nach wie vor zu hohen Inflation nötig sein würde, könne, argumentierte Powell, jetzt von den Finanzmärkten selbst erledigt werden. Wenn sich ein Notenbanker derart klar positioniert, den Märkten also Entwarnung gibt, dann ist mit grosser Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass sich das Institut auch daran hält. «So hat es die über ein gutes Jahrzehnt antrainierte Logik der Forward Guidance stets verlässlich suggeriert: Was die Zentralbank ankündigt, das tut sie auch.» konstatiert Lück.
Doch hatten der Mai-Beschluss und Powells anschliessende Presseerklärung stark unter dem Eindruck der Regionalbankenkrise in den USA gestanden, hellte sich in den darauffolgenden Monaten der Konjunkturhimmel entgegen der kräftigsten Zinsverteuerung seit Jahrzehnten deutlich auf. Vor allem der Arbeitsmarkt wartete mit positiven Datensätzen auf.
So schwärmten die Mitglieder des Offenmarktausschusses (FMOC) aus und bereiteten Märkte und Öffentlichkeit auf einen weiteren Zinsschritt vor. Daher wird wohl diesen Mittwoch der US-Leitzins um einen weiteren Viertelpunkt in den Zielbereich von 5 bis 5,25% steigen, «auch wenn vermutlich nicht einmal das Fed selbst dies für notwendig hält», wendet BlackRock ein.
Ein Fehlentscheid? So weit will der US-Vermögensverwaltungsriese nicht gehen. Er verweist darauf, dass bisher Bremsspuren beim Konsum, der für über zwei Drittel der aggregierten Nachfrage steht, überschaubar sind. Wirkungsverzögerungen geldpolitischer Straffung sind lang und variabel. Doch inzwischen spricht Stratege Lück zufolge einiges dafür, dass die Realwirtschaft die Schocktherapie des Fed besser verkraftet als viele befürchtet hatten.
Die wahrscheinlichsten Einfallstore für mögliche negative Auswirkungen höherer Zinsen seien die Immobilienmärkte, allen voran die Gewerbeimmobilien, sowie die Konsumentenkredite. Das gelte es weiter aufmerksam zu beobachten. Für endgültige Entwarnung einer Rezession in den USA «ist und bleibt es zu früh.»
Einen Tag nach dem Fed dürfte auch die EZB den nächsten Schritt um 25 Basispunkte verkünden. Und die Wahrscheinlichkeit, dass es der letzte sei, könnte geringer sein als in den USA. So stark wie in den USA sei die Gesamtinflation bisher nicht gefallen. Und zudem habe die EZB den Zinserhöhungszyklus später begonnen, so Lück.
Das Leitzinsniveau im Euroraum sei deshalb erst seit Anfang 2023 restriktiv. Die spannende Frage bei der EZB am Donnerstag sei, ob sie im September eine Pause einzulegen gedenke. «Einiges spricht dafür», hält BlackRock fest.
Ganz in Wartestellung bleibe dagegen die Bank of Japan. Zwar gelte es als ausgemacht, dass sich die Bank unter dem neuen Gouverneur Kazuo Ueda früher oder später von der Politik der Zinskurvensteuerung verabschieden werde. Allerdings müsse dafür, sagte Ueda kürzlich, die Aussicht bestehen, dass sich auf Sicht der nächsten 18 Monate der Inflationsausblick bei 2% stabilisiere.
«Beim BoJ-Treffen am Freitag dürften also die Inflationsprognosen der Notenbankvolkswirte im Mittelpunkt stehen», schliesst Kapitalmarktstratege Lück seinen zinspolitischen Ausblick.