22.11.2024, 13:09 Uhr
Die Kerninflation in Japan lag im Oktober bei 2,3 Prozent, das ist etwas weniger als noch im September. Aber minimal mehr als erwartet worden war.
Weil die US-Wirtschaft konjunkturell und strukturell überlegen ist, wertet das den Dollar auf. Europa droht demgegenüber ein Teufelskreis aus Inflation, Zinserhöhungen und Währungsabwertungen. Die günstige Bewertung europäischer Aktien könne irgendwann zu neuen Käufen führen, meinen die Experten von Axa Investment Managers. Doch eine Wende ist vorläufig nicht in Sicht.
Die US-Notenbank Fed lässt keinen Zweifel daran, dass der Leitzins noch längst nicht da steht, wo sie ihn haben möchte. Über ihren Dot Plot, die Zinserwartungen der Fed-Verantwortlichen, signalisiert sie zurzeit einen Anstieg auf 4,6% im nächsten Jahr. Im Juni war sie noch von 3,8% ausgegangen.
In den beiden letzten Offenmarktausschusssitzungen dieses Jahres kann sich daher viel tun - es fehlen an den für 2023 erwarteten 4,6% und selbst an den zum Jahresende erwarteten 4,4% noch über 100 Basispunkte (BP). Fest steht: Die Zeit der langsamen Straffung ist vorbei, sagen Gilles Moëc, Chefökonom und Leiter Research, sowie Chris Iggo, CIO von Axa Investment Managers und Leiter des Axa IM Investment Instituts, in einem gemeinsamen Papier.
Die jüngsten Konjunkturdaten waren oft überraschend gut. Im vierten Quartal rechnet Axa IM aber mit wesentlich schwächeren Zahlen – vor allem wegen der strafferen Finanzbedingungen. Manchen Indikatoren zufolge sind sie heute so straff wie seit der Finanzkrise 2008/2009 nicht mehr. Moëc und Iggo glauben deshalb, dass die Fed die Zinsen im November und im Dezember nur um 50 Basispunkte auf 4,25% anheben wird.
Nach den klaren Ansagen der Fed wurden auch für den Euroraum wieder grössere Zinsschritte erwartet. Wenn die Fed den Leitzins stärker als erwartet anhebt, muss die EZB folgen, um den Euro zu stabilisieren und einen Inflationsimport zu verhindern. Durch die starken Zinserhöhungen entsteht der Eindruck eines Wettrennens zwischen den Notenbanken, erklären die beiden. Am Ende strafften sie die Geldpolitik womöglich zu stark, weil jede einzelne Notenbank die Auswirkungen der anderen auf die Weltkonjunktur nicht ausreichend berücksichtigt. "Nicht Ignoranz gegenüber der Geldpolitik der anderen ist dafür der Grund, sondern die Befürchtung, dass zu grosse Zinsdifferenzen der eigenen Währung schaden und einen Inflationsimport bewirken", so die führenden Köpfe in der Wirtschafts- und Anlageeinschätzung bei Axa IM
Es liegt nahe, die Entwicklung der Währungsmärkte für ein Abbild der länderspezifischen Konjunkturerwartungen zu halten. Demzufolge trauen die Investoren der US-Wirtschaft zurzeit am meisten zu. Gegenüber dem Euro, dem Yen und dem Pfund notiert der US-Dollar auf einem Mehrjahreshoch. "Unsere Ursachenanalyse spricht dafür, dass sich daran in absehbarer Zeit nichts ändert", betonen Moëc und Iggo.
Alle grossen Volkswirtschaften leiden unter politischer Unsicherheit, fahren sie in ihrer Einschätzung fort. Es sei noch immer nicht sicher, wann die Inflation besiegt sei und ob die Politik etwas gegen die andauernde Energiekrise und die Rezessionsrisiken ausrichten könne.
In den letzten Wochen habe an den Märkten aber eine neue Phase begonnen. Man akzeptiere jetzt, dass die weltweiten Angebotsschocks in den letzten drei Jahren eine Nachfragedämpfung erforderten. Die Geldpolitik müsse also stärker gestrafft werden als bislang erwartet, und das Wachstum müsse sinken. Solange das nicht geschehen sei, "drohen Anleihen, Credits und Aktien Verluste."
Axa IM warne schon länger davor, dass die derzeitige Lage Anleihen und Aktien gleichermassen schade. Zwar scheinen manche Märkte im Langfristvergleich wieder günstiger bewertet zu sein. Doch sorgen die aktuellen Entwicklungen für steigende Zinsen und niedrigere Gewinnerwartungen. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Kurse.
Es sei zwar nicht leicht zu messen, doch die Märkte hätten offensichtlich mehr Vertrauen in die Fed als in andere Notenbanken. Auch der starke US-Arbeitsmarkt und die soliden Unternehmens- und Haushaltsfinanzen würden den Dollar unterstützen. Ganz anders im Euroraum aus, in Grossbritannien und in gewisser Weise auch in Japan. Gibt der Euro weiter nach, steigen die Inflationserwartungen. "Wenn das die EZB in ihren Bemühungen um Preisstabilität stärker berücksichtigt, droht ein Teufelskreis", befürchten Moëc und Iggo.
Die Währungsmärkte neigen zu Übertreibungen. Auch deshalb dürfte es noch eine Weile dauern, bis der US-Dollar nachgibt und sich die Stimmung für das Pfund und den Euro bessert. Britische und europäische Aktien sind zurzeit deutlich günstiger als amerikanische, und aufgrund der Wechselkursänderungen gilt das erst recht. Doch sei nicht zu unterschätzen, dass manche britischen Unternehmen mit Einnahmen in US-Dollar schon jetzt interessante Übernahmeziele seien.
Wenn die Renditen europäischer Wertpapiere steigen und die Währungen nachgeben, dürften die Anlageströme kehren. Dazu müssten die Zinserhöhungen aber erst stoppen, und das ist vorerst nicht abzusehen.