19.12.2024, 10:35 Uhr
Die schwedische Zentralbank hat ihren Leitzins schon zum fünften Mal in diesem Jahr gesenkt. Und weitere Schritte dürften folgen.
Mit dem aktuell sich verlangsamenden Wachstum und dem starken Anstieg der Inflation sind laut Thomas Heller von der Schwyzer Kantonalbank derzeit stagflationäre Ansätze zu beobachten. Von einer Stagnation oder Kontraktion bei der Konjunktur könne man jedoch nicht sprechen und die derzeit erhöhte Inflation sei stark von Basis- und Sondereffekten geprägt.
Steigt die Inflation über das von einer Notenbank angestrebte Niveau – im Fall der EZB und der Fed 2% –, kann sie mit einer restriktiveren Geldpolitik dagegen angehen. Sie kann die Zinsen erhöhen und die Liquiditätszufuhr drosseln. Das sollte den Preisanstieg dämpfen. Droht ein wirtschaftlicher Abschwung, kann sie mit Zinssenkungen und dem Öffnen der Geldschleusen der Wirtschaft unter die Arme greifen.
Wie Thomas Heller, Chief Investment Officer und Leiter Research der Schwyzer Kantonalbank, weiter erklärt, wird es knifflig, wenn beides zusammen eintritt, also die Inflation anzieht und sich gleichzeitig die Konjunktur abkühlt. Eine solche sogenannte "Stagflation" (eine Wortkreation aus den Begriffen Stagnation und Inflation) ist der Alptraum für eine Notenbank. "Denn was soll sie tun? Bekämpft sie die Inflation mit einer restriktiven Geldpolitik, würgt sie die Konjunktur erst recht ab. Bleibt sie expansiv, um die Konjunktur zu stützen, droht die Teuerung aus dem Ruder zu laufen", gibt Heller zu bedenken.
Mit der aktuellen Wachstumsverlangsamung und dem starken Anstieg der Inflation seien derzeit stagflationäre Ansätze zu beobachten. Entwickelt sich daraus eine ausgewachsene Stagflation? Dass die Konjunktur an Dynamik verliere, sei angesichts der rasanten Erholung aus der letztjährigen Rezession nachvollziehbar und kein Grund zur Sorge. "Und wir sprechen von einer Verlangsamung, nicht von einer Stagnation oder Kontraktion", sagt der CIO. Kein einziger der vom Finanzinformationsportal Bloomberg befragten Ökonomen rechne im kommenden Jahr mit einem BIP-Rückgang in den grossen Volkswirtschaften (USA, China, Eurozone, Japan). Ein gewisses Risiko gehe zwar von den Lieferengpässen in verschiedenen Bereichen aus (am bekanntesten ist wohl die Chipknappheit), die sich als hartnäckiger erweisen, als ursprünglich vermutet. Dennoch sollte sich dieses Problem eher entschärfen als vergrössern.
Wie Heller weiter erläutert, ist die derzeit erhöhte Inflation stark von Basis- und Sondereffekten geprägt. Einige davon wirkten nächstes Jahr in die andere Richtung, der daraus resultierende Teuerungsdruck werde abnehmen. Die Inflation dürfte seiner Meinung nach nächstes Jahr trotzdem über der 2%-Marke zu liegen kommen. Das (neue) symmetrische Inflationsziel von Fed und EZB erlaube dies jedoch explizit und werde die Währungshüter nicht zum Handeln zwingen. Natürlich gebe es auch hier Risikofaktoren, welche die Teuerung hoch halten oder sogar anheizen können. Etwa die bereits genannten Lieferengpässe, die gegenwärtige Rohstoffknappheit oder ein signifikanter Anstieg der Wohnkosten in den USA, welche ein Drittel des amerikanischen Warenkorbes ausmachen. "Wahrscheinlicher scheint jedoch, dass sich die Inflation von den aktuellen langjährigen Höchstständen zurückbildet. Eine echte Stagflation wird sich aus heutiger Sicht aus dieser Gemengelage nicht entwickeln", sagt Heller.