Wird der UN-Klimagipfel zum Treffen der letzten Chance?

Können sich die Staaten an der UN-Klimakonferenz von Anfang November zu klaren Massnahmen durchringen? (Bild: Shutterstock.com/Sepp_Photography)
Können sich die Staaten an der UN-Klimakonferenz von Anfang November zu klaren Massnahmen durchringen? (Bild: Shutterstock.com/Sepp_Photography)

Sechs Jahre nach dem Pariser Abkommen findet ab dem 1. November in Glasgow die 26. UN-Klimakonferenz (COP26) statt. Für Jean-Philippe Desmartin, Leiter nachhaltige Investments von Edmond de Rothschild AM, ist es nicht zu spät, die 2015 vereinbarten Verpflichtungen zu erfüllen. Doch brauche es nicht eine Energiewende, sondern eine "Energierevolution".

25.10.2021, 16:40 Uhr
Nachhaltigkeit

Redaktion: Hanspeter Frey

Ziel des Pariser Abkommens vor sechs Jahren ist es, den globalen Temperaturanstieg auf unter 2 Grad Celsius zu halten und wenn möglich auf 1,5 Grad zu begrenzen. Doch statt rigoros zu handeln, kommen viele Regierungen nicht über Absichtserklärungen hinaus und lassen es bei unausgegorenen bis überzogenen Plänen bewenden.

Privathaushalte und Unternehmen wünschten sich mehr finanzielle Anreize und einen verbindlichen Rechtsrahmen, um noch mehr in nachhaltige, klimaschützende Projekte zu investieren. Das Ziel einer menschengemachten globalen Erderwärmung von deutlich unter 2 Grad Celsius verglichen mit den vorindustriellen Werten rückt vor diesem Hintergrund in immer weitere Ferne.

Zwei jüngere Berichte, der eine von der Internationalen Energieagentur (IEA) vom Mai und der andere vom Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) vom letzten Sommer, verdeutlichen das Ausmass und die Dringlichkeit konkreter Schritte im Kampf gegen den Klimawandel. Die globale Temperatur wird sich den Prognosen zufolge in den nächsten 100 Jahren in jedem Fall um mindestens 1 Grad Celsius erhöhen, unabhängig davon, welche Massnahmen in Zukunft ergriffen werden.

Sofern die Länder mit den höchsten CO2-Emissionen nicht unmittelbar handelten, werde die globale Oberflächentemperatur um 2,7 Grad steigen, warnt das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Spät, aber nicht zu spät

Es sei noch nicht zu spät, um das Ruder rumzureissen und die 2015 eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, sagt Jean-Philippe Desmartin, Leiter für nachhaltige Investments von Edmond de Rothschild Asset Management. Um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, bedürfe es aber nicht einer Energiewende, sondern einer Energierevolution.

Zwei Themen stehen für den Finanzmanager dabei zuoberst auf der Agenda: erstens eine hohe Transparenz hinsichtlich der Einhaltung der nationalen Verpflichtungen der Länder, die am meisten Treibhausgase ausstossen. Das sind China, die USA, Indien, Japan und auch die europäischen Länder. Noch besser sei eine Ausweitung der Verpflichtungen. Wenige Tage vor Beginn der Konferenz in Glasgow ist von diesbezüglicher Bereitschaft jedoch so wenig wie nichts zu spüren.

Die zweite Priorität sind die Finanzen. 100 Mrd. US-Dollar jährlich seien von den Industrienationen aufzubringen, um die Schwellenländer bei den Investitionen in die Energie- und Umweltwende zu unterstützen. Diese Mittel wurden an der letzten Konferenz zugesagt, werden aber nur teilweise erfüllt. Desmartin spricht von 80%, wobei Fortschritte regelmässig angezweifelt werden könnten, wie er erklärt.

Und eine wichtige Massnahme fehlt: eine globale CO2-Bepreisung. Sie wird seit Jahren gefordert, hat es aber nicht ins Pariser Abkommen geschafft. "Leider ist davon auszugehen, dass sie trotz ihrer immensen Bedeutung auch nicht auf der COP26 behandelt wird", hält Desmartin fest.

Alle Grossen an Bord

Gleichwohl gibt der Nachhaltigkeitschef von Edmond de Rothschild AM die Hoffnung auf eine substanzielle Begrenzung der Erderwärmung nicht auf. Die gute Nachricht sei, dass noch alle grossen Nationen an Bord seien, auch die USA, trotz des von Ex-US-Präsident Donald Trump gelebten Widerstands, wenn nicht der Leugnung des menschengemachten Klimawandels.

Alle Entscheidungsträger seien sich im Klaren darüber, dass wir uns unabhängig von der Pandemie oder ihrem Ende in einer Klimanotlage befinden, äussert sich der Nachhaltigkeitsexperte optimistisch.

Die COP26 sei nicht die letzte Chance, aber ein entscheidender Schritt, um das Ziel des Pariser Abkommens, den Temperaturanstieg auf unter 2 Grad Celsius und wenn möglich auf 1,5 Grad zu begrenzen, gemeinsam zu erreichen.

Der Asset Managers Edmond de Rothschild AM selbst stützt seine Klimastrategie auf die Grundlage der TCFD-Methodik des Financial Stability Boards und das Szenarios für nachhaltige Entwicklung der IEA. Sie wurde Anfang 2020 aktualisiert und wird Anfang 2022 erneut überarbeitet. Sie unterstützt die Politik des Dialogs und Engagements für Klimaschutz, die sich in der Praxis auf einige Dutzend europäische Unternehmen konzentriert, wie das Unternehmen festhält.

Anlagepolitische Konsequenzen

In ihrer Anlagestrategie hat die unabhängige, familiengeführte Gruppe die Investitionen in risikoreiche Sektoren zum Beispiel durch den Ausschluss von Kraftwerkskohle reduziert. Die Ausarbeitung der Öl- und Gaspolitik befindet sich in der Abschlussphase. Verstärkt wurden währenddessen Investitionen in Unternehmen, die Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel bieten wie Energieeffizienz und erneuerbare Energien.

Eigenen Angaben zufolge beschäftigt sich das Unternehmen zudem eingehend mit der Frage, was es bedeutet, sich als Investor durch konkrete Massnahmen zu einem Net-Zero-2050-Ziel zu verpflichten. Man darf gespannt sein, zu welcher Schlussfolgerung das Institut kommen wird.

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