Klimawandel fordert viele Geschäftsmodelle heraus

Bild: Pixabay
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Der Morningstar Nachhaltigkeits-Atlas zeigt, welche Länder die nachhaltigsten Unternehmen haben. Die Analyse enthält auch die Messung der Karbon-Intensität und des Karbon-Risikos auf Länder- und auf Fondsebene. Der Klimawandel könnte nicht nur physische Vermögenswerte, sondern sogar auch das Geschäftsmodell insgesamt gefährden.

29.04.2019, 10:09 Uhr
Nachhaltigkeit

Redaktion: rem

In der aktuellen Fassung des "Morningstar Sustainability Atlas" wurde per Ende Februar 2019 die Nachhaltigkeits-Bilanz von 46 Morningstar Länder-Indizes festgehalten. Sie decken sowohl Schwellenländer wie auch Industrieländer ab und machen 97 Prozent der globalen Aktienkapitalisierung aus, wie das Finanzinformations- und Analyseunternehmen anlässlich der Veröffentlichung schreibt. Bei der Länderübersicht kommt das identische Verfahren zum Einsatz, mit dem Morningstar auch Investmentfonds (einschliesslich ETFs) auf ihre ESG (Umwelt, Soziales und Governance)-Bilanz prüft.

Um die Nachhaltigkeit auf Indexebene zu vergleichen, werden die "Portfolio Sustainability Scores", die sich aus den jeweiligen ESG-Scores abzüglich der "Controversy Scores" zusammensetzen, gemessen. Der Portfolio Sustainability Score ist hier also die um Skandale und Kontroversen bereinigte ESG-Bilanz der 46 Länderindizes.

Skandinavien und die Niederlande an der Spitze

Unverändert schneiden europäische Indizes in der Sustainability-Bilanz weltweit am besten ab. Per Ende Februar 2019 führt Finnland mit einem Score von 59,7 Punkten (von 100 maximal möglichen) das Feld an, gefolgt von den Niederlanden mit 59,22 Punkten, Dänemark (58,66) und Norwegen (57,66). Die Region D-A-CH (Deutschland, Österreich, Schweiz) fällt ein wenig ab, und nur der Morningstar Deutschland-Index landet im ersten Nachhaltigkeitsquintil. Die Indizes für Österreich und die Schweiz befinden sich mit Scores von 54,2 bzw. 54,12 Punkten im zweiten Quintil.

Die beste Nachhaltigkeits-Bilanz ausserhalb Europas weist gemäss dem Sustainability Atlas der Morningstar Kolumbien Index auf, was auf den ersten Blick erstaunt. Die Benchmark hat bereits seit Jahren eine überdurchschnittliche Sustainability-Bilanz, weil die beiden Schwergewichte Bancolumbia und Grupo Sura, zwei Finanzkonzerne, besonders gute Scores aufweisen. Auch Portugal kommt wegen der Dominanz weniger gut bewerteter Unternehmen in den Rankings weit nach vorn.

Grafik: Der Morningstar Sustainability Atlas im Überblick

Die Untersuchung ist nach Nachhaltigkeits-Scores sortiert und der Übersicht halber in Quintilen zusammengefasst, die entsprechend farblich gekennzeichnet sind. Länderindizes im nachhaltigsten Quintil sind dunkelgrün markiert, gefolgt von einem hellgrünen Cluster. Das mittlere Quintil ist gelb koloriert, gefolgt von den orange- und rotmarkierten Quintilen, welche die globalen Schlusslichter bilden. Quelle: Morningstar)
Die Untersuchung ist nach Nachhaltigkeits-Scores sortiert und der Übersicht halber in Quintilen zusammengefasst, die entsprechend farblich gekennzeichnet sind. Länderindizes im nachhaltigsten Quintil sind dunkelgrün markiert, gefolgt von einem hellgrünen Cluster. Das mittlere Quintil ist gelb koloriert, gefolgt von den orange- und rotmarkierten Quintilen, welche die globalen Schlusslichter bilden. Quelle: Morningstar)

Schwach schneiden nach wie vor die Indizes Russlands, Chinas und der meisten nahöstlichen Staaten ab. Qatar ist der am wenigsten nachhaltige Markt. Doch nicht nur Schwellen- und Entwicklungsländer schneiden schlecht ab. Die USA landen erneut im zweitschlechtesten Index-Quintil, wie auch Kanada und Japan.

Im Einzelnen ist der Morningstar Portugal Index aus Umweltsicht weltweit an der Spitze. Dänemark ist mit Blick auf Einhaltung sozialer Kriterien top, und die Niederlande landen mit Blick auf Corporate Governance, also bei den Grundsätzen der guten Unternehmensführung, ganz weit vorn.

Das Gewicht von Kontroversen sei für die Gestalt des Atlas nicht zu unterschätzen, so Morningstar. Länder wie die Schweiz und Spanien kommen zwar auf sehr gute ESG Scores, die Kontroversen um Schlüsselunternehmen trüben die Bilanz indes ein; beide Länderindizes weisen die meisten Kontroversen auf. Das Ergebnis für die USA wird ebenfalls durch Kontroversen verschlechtert.

Die Karbon-Intensität und das Karbon-Risiko

Seit Mai 2018 berechnet Morningstar die Carbon Metrics auf Fondsebene. Sie ermöglichen es Investoren, die Umweltauswirkungen und Risiken des Klimawandels für ihre Portfolios zu untersuchen. Die Fonds mit den besten Werten erhalten die Morningstar Low Carbon Designation, was darauf hindeutet, dass sie die Unternehmen im Portfolio mit dem Ziel identifizieren, den Übergang zur kohlenstoffärmeren Wirtschaft zu gewährleisten.

Die Carbon Metrics sind auch im Nachhaltigkeits-Atlas berücksichtigt. Für Indizes wurden die gewichteten Durchschnittswerte der Bestandteile berechnet. Hier werden zwei Kennzahlen untersucht: Kohlenstoffintensität und Kohlenstoffrisiko. Die Daten spiegeln hier den Stand per Ende Dezember 2018 wider.

Wie die untere Heat Map anzeigt, gehören Peru und Ägypten zu den am wenigsten CO2-intensiven Aktienmärkten. Der Grund: Hier dominieren Banken, Telecoms und Immobilienfirmen, die nur einen kleinen CO2-Fussabdruck aufweisen. In Europa zeigt das Karbon-Barometer überwiegend niedrige Werte, wobei Schweden und Belgien am besten abschneiden. Das kohlenstoffintensivste Land ist die tschechische Republik, was nicht überrascht, da ein Versorgungsunternehmen, CEZ, den Index dominiert.

Graphik: Die Karbonintensität im Blick

Quelle: Morningstar
Quelle: Morningstar

Carbon Risk, die ausgefeiltere Karbon-Kennzahl, bewertet, ob bzw. inwiefern das Geschäftsmodell eines Unternehmens durch den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft gefährdet ist. Unternehmen mit niedrigem CO2-Risiko sind am besten gerüstet, um zu gedeihen, wenn sich die Welt von fossilen Brennstoffen verabschiedet hat.

Die Risiken sind laut Morningstar mannigfaltig. Der Klimawandel könnte nicht nur physische Vermögenswerte, sondern sogar auch das Geschäftsmodell insgesamt gefährden. Unternehmen können auch von der Politik oder der Regulierung, welche sie zur Senkung von Treibhausgasemissionen drängen, betroffen sein; Anlagen, bei denen die Nutzung fossiler Brennstoffe im Vordergrund steht, könnten zu sogenannten Stranded Assets mutieren, also als totes Kapital abgeschrieben werden. Auch kann eine veränderte Wahrnehmung der Öffentlichkeit die Marken von Unternehmen schädigen.

Beim Carbon Risk werden bestimmte Wirtschaftssektoren per se als riskant eingestuft. Energie wird bei weitem als die riskanteste Branche eingestuft, gefolgt von Versorgern, Rohstoffherstellern und Industrieunternehmen. Am unteren Ende des Risikospektrums finden sich die Branchen Gesundheit und Technologie.

Schweiz mit geringem Kohlestoffrisiko

Wie die untere Graphik zeigt, weisen westeuropäische Märkte wie die Schweiz, die Niederlande, Dänemark, Spanien und Frankreich ein geringes Kohlenstoffrisiko aus. In Asien ist das vor allem bei Japan und Korea der Fall, und bei Südafrika ist das Risiko ebenfalls relativ gering. Auf den ersten Blick überrascht, dass die USA als grosser Emittent von Treibhausgasen ein niedriges Risikoniveau aufweisen. Hier ist der Grund in den hohen Gewichtungen von Gesundheits- und Technologieunternehmen in dem Morningstar USA Index zu suchen.

Auf der anderen Seite steht Russland, bei dem fast 60 Prozent seiner Marktkapitalisierung im Bereich Energie zu verorten ist. Entsprechend zeigt dieser Markt das höchste CO2-Risiko überhaupt. Ebenfalls mit einem erheblichen Kohlenstoffrisiko behaftet sind die energieintensiven Märkte Polen und Chile. Australische Unternehmen leisten gute Arbeit beim Management von Karbonrisiken.

Graphik: Das Karbonrisiko im Fokus

Quelle: Morningstar
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