Ist der Zug zur Abmilderung des Klimawandels abgefahren?

Morgan Williams, Head of SI Data Engineering bei Robeco (Foto pd)
Morgan Williams, Head of SI Data Engineering bei Robeco (Foto pd)

Die Möglichkeit der Schadensbegrenzung zur Abmilderung des Klimawandels nehmen ab und es stellt sich die Frage, ob man sich nicht mehr auf die Anpassung und Widerstandsfähigkeit konzentrieren sollte, schreibt Morgan Williams, Head of SI Data Engineering bei Robeco.

11.11.2024, 13:14 Uhr
Nachhaltigkeit

Redaktion: cwe

Der Hurrikan Helene traf Ende September, als die New Yorker Klimawoche (NYCW) zu Ende ging, auf die Küste Floridas. Er richtete grosse Verwüstungen an und forderte viele Menschenleben. Seine Zerstörungskraft entlang der Ostküste und der Zeitpunkt, zu dem eine der grössten Klimainvestitions-Konferenzen stattfand, reichten aus, um die Anpassung an den Klimawandel in den Mittelpunkt eines globalen Treffens zu rücken, das sich normalerweise mit der Abmilderung des Klimawandels beschäftigt.

"Als nachhaltige Investoren stehen wir vor der doppelten Herausforderung, Rendite zu erzielen und gleichzeitig einen gerechten Übergang zu gewährleisten. Das eigentliche Dilemma besteht jedoch darin, herauszufinden, wie wir angesichts der derzeit begrenzten Anlagemöglichkeiten die Aspekte der Klimaanpassung wirksam in die Portfoliokonstruktion einbeziehen können. Wir haben viele Lösungen für erneuerbare Energien, aber wie können wir vorbeugend gegen Hurrikane in Florida vorgehen?" fragt sich Morgan Williams, Head of SI Data Engineering bei Robeco.

Abmilderung – eine verpasste Chance?

Seit Jahren ist die Abmilderung des Klimawandels – bei dem Kapital in Unternehmen fliesst, die auf die Verringerung von Treibhausgasemssionen abzielen – ein Schwerpunkt bei nachhaltigen Investments. Und das zu Recht, denn es ist nach wie vor die beste Option, um den Temperaturanstieg auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

Aber für viele ist dieser Zug abgefahren. "Unsere bisherige zögerliche Reaktion bedeutet, dass wir den Anschluss verpasst haben und keine echte Chance haben, den Klimawandel abzumildern," schreibt Williams. Der globale Temperaturanstieg droht auf über 2,7°C anzusteigen und damit den Wert zu überschreiten, der zur Abwendung einer Katastrophe erforderlich ist. In vielen Gesprächen auf den Veranstaltungen der NYCW wurde anerkannt, dass Schadensbegrenzung allein nicht mehr ausreicht und dass mehr Gewicht und Geld auf die Anpassung und Widerstandsfähigkeit konzentriert werden sollte.

Widerstandskraft ist eindeutig erforderlich für eine Erholung

Dürren, Überschwemmungen, Wirbelstürme und Waldbrände sind heute an der Tagesordnung, und ihre Häufigkeit und Schwere werden sich weiter verstärken. Die bevorstehende Ankunft des Hurrikans Helene im Laufe der Woche hat noch einmal verdeutlicht, dass der Klimawandel nicht mehr nur ein entferntes Risiko ist, sondern eine eindeutige und aktuelle Gefahr.

"Wir müssen unsere Sozial-, Wirtschafts- und Umweltsysteme verändern, um die negativen Effekte des Klimawandels zu minimieren und sicherzustellen, dass sich diese Systeme schnell von klima- und wetterbedingten Störungen erholen können. Eine solche Entwicklung erfordert ein hohes Mass an Innovation und die Mobilisierung von viel Kapital. Zum Glück ergeben sich daraus zahlreiche Möglichkeiten in einer Vielzahl von Sektoren," schreibt Williams.

Wie können sich Nachhaltigkeitsinvestoren anpassen?

Gegenwärtig konzentriert sich die überwiegende Mehrheit der Anbieter von Klimalösungen auf Klimaschutzbemühungen wie die Dekarbonisierung. Dagegen weisen weniger als 1% der Titel im Anlageuniversum positive Scores in Bezug auf Anpassung und Resilienz auf.

"Es liegt auf der Hand, dass die Umlenkung von Mitteln in Anpassungsmassnahmen unsere Anlagemöglichkeiten einschränkt und die Gefahr birgt, dass Kapital von den Bemühungen zur Emissionssenkung abgezogen werden. Wir verfolgen einen ausgewogenen Ansatz, um die Auswirkungen unserer Anlagen auf das Klima zu maximieren, denn beide Strategien sind für die Bekämpfung des Klimawandels elementar und ergänzen sich häufig," meint Williams.

Biodiversität, eine natürliche und vielschichtige Lösung

In den letzten Jahren ist die Biodiversität auf der Finanzagenda immer weiter nach oben gerückt und stand während der NYCW im Mittelpunkt vieler Diskussionen. Neben der Förderung und dem Schutz von Prozessen wie der Pflanzenproduktion, die für das Überleben der Menschheit von entscheidender Bedeutung sind, sind Ökosysteme auch für die Eindämmung und Anpassung an den Klimawandel elementar. Wälder, Regenwälder und Ozeane dienen als natürliche Kohlenstoffsenken, die CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen. Gleichzeitig wirken Feuchtgebiete und Mangroven wie natürliche Schwämme, die starke Regenfälle absorbieren und zerstörerische Überschwemmungen verhindern.

Trotz einer Vielzahl von Allianzen und einer Reihe neuer Akronyme wie TNFD, BII und MSA macht die Integration naturbezogener Belange auf den Finanzmärkten nur langsame Fortschritte. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Finanzmarktteilnehmer einen einheitlichen Massstab fordern, ähnlich dem Carbon Footprint, der als Ausgangspunkt für Klimaanalysen verwendet wird.

Die Bemühungen um die Entwicklung eines solchen Massstabs sind laut Williams zwar gut gemeint, gingen aber möglicherweise am Kern der Sache vorbei, und wir verpassten möglicherweise eine wichtige Erkenntnis aus jüngsten Erfahrungen mit der Entwicklung von Klimamassnahmen.

"Die Einbeziehung der Natur in unsere Anlagestrategien ist für eine nachhaltige Zukunft von entscheidender Bedeutung. Indem wir sowohl CO2-reduzierende als auch naturverbessernde Massnahmen ergreifen, können wir die Dekarbonisierung vorantreiben und gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft stärken," ist Williams überzeugt.

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