22.11.2024, 08:36 Uhr
Von Juli bis September legte das Bruttoinlandsprodukt zum Vorquartal um 0,1 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt in einer zweiten Schätzung mitteilte. Ende Oktober hatte die Behörde anhand vorläufiger Daten...
Vergangenen Sommer sprach Candriam von einem «Dreifach-Walzer» in der Zinspolitik. In der aktuellen Phase spreche sehr viel für Value-Aktien, heisst es in einer aktuellen Studie.
Trotz einer deutlichen Erholung seit Oktober verzeichnen die europäischen Aktienmärkte, im Jahr 2022 eine Korrektur um 9,5%. Zwar beendeten europäische Aktien 2022 mit einer relativen Outperformance gegenüber den USA (-13,4 %) und den Schwellenländern (-15,1 %)1, doch nichtsdestotrotz gab das Jahr Anlass zur Sorge.
Gleichwohl ist die Marktstimmung zu Beginn dieses Jahres optimistischer als zu Beginn des Herbstes 2022. «Auch wenn das Szenario eines Konjunkturabschwungs nach wie vor am wahrscheinlichsten ist, scheinen die Anleger bereits einen Silberstreif am Horizont zu sehen», heisst es im Ausblick von Candriam.
«Im Nachgang zu unserem Artikel vom Juli 2022, in dem wir unsere Überzeugung äusserten, dass sich europäische Aktien in einem Walzer mit drei Takten entwickeln würden, können wir nun Bilanz zu dieser ersten Phase ziehen: ‘Die Value-Phase’. Zur Erinnerung: In dieser 1. Phase rechneten wir mit einer Erhöhung der Zentralbankzinsen und einer Normalisierung der langfristigen Zinsen im Einklang mit den langfristigen Inflationserwartungen. Dieses
«Rerating» der langfristigen Zinsen wirkte sich ungünstig auf die Bewertungen der Unternehmen aus, und zwar in erster Linie auf Qualitäts-, respektive Wachstumswerte, was dem Rückgang des Abzinsungssatzes des zukünftigen freien Cashflows zuzuschreiben war. Somit verzeichneten Value-Aktien eine Outperformance.»
«Unserer Einschätzung nach liegt der Höhepunkt der Inflation grösstenteils hinter uns – jedenfalls in den USA, wo bereits gewisse Rückgänge zu beobachten sind, heisst es bei Candriam. Europa scheine bereits den gleichen Weg einzuschlagen. Somit sei im kommenden Jahr auf beiden Seiten des Atlantiks mit einem immer deutlicheren Inflationsrückgang zu rechnen. «Dabei wäre es jedoch alles andere als klug, ein Deflationsrisiko bis 2024 gänzlich auszuschliessen, zumindest in den USA und in bestimmten Segmenten.»
«Nachdem unser Hauptszenario erheblicher Zinserhöhungen durch die Zentralbanken eingetreten ist, gehen wir nun davon aus, dass die Leitzinsen im ersten Quartal einen Höchststand erreichen und wahrscheinlich bis zum Jahresende auf diesem Niveau bleiben werden. Gleichzeitig beobachten wir, dass die verschiedenen Initiativen - in erster Linie die Reduzierung ihrer Bilanzsumme, aber auch ihre Zinserhöhungen - die wirtschaftliche Abschwächung tatsächlich angeheizt haben.» In den USA schwäche sich die Konjunktur bereits deutlich ab und diese Entwicklung dürfte sich fortsetzen. Denn zum einen schrumpfe der Markt für Wohnimmobilien aufgrund des starken Anstiegs der Hypothekenzinsen stark und zum anderen wirke sich dies erheblich auf kleine und mittlere Unternehmen aus, die mit ihren sehr kurzfristigen Finanzierungen durch die hohen Finanzierungskosten gezwungen sein würden, Mitarbeiter zu entlassen. «Da sich diese kleinen Unternehmen hauptsächlich durch die Aufnahme von Fremdkapital finanzieren und einen höheren Finanzierungsbedarf haben als grössere Unternehmen, werden sie bei den Kosten und damit auch beim Personal den Rotstift ansetzen müssen. Demzufolge dürften die Arbeitslosenzahlen in den USA in den nächsten Quartalen schneller steigen», folgert die Studie. «Dies könnte möglicherweise eine stärkere und länger anhaltende Rezession zur Folge haben als erwartet. Von dieser starken Abschwächung der US-Konjunktur wird im Nachgang unweigerlich auch Europa betroffen sein.»
Vor dem Hintergrund der nicht neutralen Auswirkungen dieses 1. Walzertakts auf die US-amerikanische, aber auch auf die europäische Wirtschaft dürften – zusätzlich zu den aktuellen Margenproblemen – weiterhin ernsthafte Ertragsrisiken zutage treten. Bei manchen Unternehmen werden die Gewinne nachvollziehbarerweise sinken, andere werden standhalten. Die grossen Gewinner aber werden diejenigen sein, denen es gelingt, von den an Dynamik gewinnenden Nischen zu profitieren.
In dieser 2. Phase sei die Ausrichtung auf Qualitätsunternehmen (solide Bilanz und Rentabilität, starke Wertschöpfung mit Generierung von freiem Cashflow, Stabilität der Erträge) eine attraktive Strategie, um Enttäuschungen bei den Gewinnen im Zusammenhang mit dem Konjunkturabschwung zu umgehen. «Wir bevorzugen somit defensive Werte, unabhängig davon, ob die Unternehmen im Inland tätig sind oder internationale Reichweite haben.»
Auf Ebene der Sektoren erfüllten Basiskonsumgüter und das Gesundheitswesen diese Bedingungen. Eine sorgfältige Titelauswahl sei jedoch nach wie vor entscheidend, um diejenigen Unternehmen zu identifizieren, die den Markt positiv überraschen können.
Ausserdem sollten Unternehmen mit hoher Innovationskraft in der Lage sein, diesen Anforderungen nach Prognosesicherheit und strukturellem Wachstum gerecht zu werden, indem sie die Konkurrenz noch weiter hinter sich lassen.
«Ein grosser Zahl dieser Unternehmen ist in Nischen tätig, insbesondere in den Sektoren Energiewende, neue Gesundheitstechnologien, Digitalisierung oder Automatisierung der Wirtschaft – alles Sektoren, die wir in unserer Strategie, die in innovative Titel investiert, bevorzugen.»
Dieser 2. Walzertakt dürfte auch mit einer Entspannung bei den langfristigen Zinsen in den USA einhergehen, die mit der Konjunkturabschwächung in Einklang steht. Tatsächlich dürften die langfristigen Inflationserwartungen in den nächsten 12 bis 18 Monaten sinken – und Europa dürfte diesem Beispiel folgen.
Und nicht zuletzt sollte man die schrittweise Wiedereröffnung Chinas im Auge behalten, die sich auf die Rohstoffpreise, insbesondere für LNG und auf die europäischen Finanzen auswirken könnte. Einige zyklische Konsum- und Industriewerte, die stark in China engagiert sind, könnten dadurch sehr kurzfristig Unterstützung erhalten. «Das ändert jedoch nichts an den Problemen der Immobilienkrise und der hohen Verschuldung, mit denen China in den kommenden Jahren weiter zu kämpfen haben wird und die sich unmittelbar auf das Wachstumspotenzial des Landes auswirken werden.»
Um abzuschätzen, wann der 3. Walzertakt beginnt, der vor allem für Zykliker und Small Caps, aber auch für die Märkte im Allgemeinen grünes Licht bedeutet, müssen wir uns zunächst mit dem berühmten «Pivot» der US-Notenbank befassen.
Zur Erinnerung: Wie wir in unserem oben erwähnten Artikel dargelegt haben, ist historisch gesehen festzustellen, dass die Marktentwicklung und insbesondere die Kurse zyklischer Werte die neue Phase eines Konjunkturzyklus 6 bis 12 Monate vorwegnehmen. In gleicher Manier wie die Geldpolitik der Fed den Konjunkturabschwung und die Baisse an den Märkten ausgelöst hat, wird sie auch der Auslöser für den nächsten wirtschaftlichen Aufschwung sein.
Die Flexibilität bei der Liquiditätszufuhr und die Änderung der Haltung der US-Notenbank – der «Pivot», also der Wendepunkt, ab dem die Fed die Zinsen nicht mehr erhöhen wird – wird einen neuen Zyklus einleiten, den 3. Walzertakt. Damit die US-Notenbank ihren Kurs so grundlegend ändert, braucht es nach Aussage der Fed zwei wesentliche Voraussetzungen: erstens einen deutlichen Rückgang der Kerninflation3 auf 3 oder sogar 2 % und zweitens einen flexiblen Arbeitsmarkt und damit ein viel grösseres Arbeitskräftereservoir. Dies dürfte unweigerlich mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit in den USA um +1 % oder sogar +2% einhergehen.
Da all diese Faktoren zusammenkommen müssen, rechnen wir nicht mit einem «Pivot» der Fed vor der zweiten Jahreshälfte 2023 oder sogar dem Jahresende. In der Zwischenzeit bestehe die erste grosse Herausforderung dieses Jahres darin, weiterhin einige kurzfristige Gegenbewegungen in Kauf zu nehmen, denn «die Volatilität dürfte aufgrund der zahlreichen Ängste der Anleger auf hohem Niveau bleiben.» Die zweite Herausforderung werde darin bestehen, Wendepunkte zu finden, an denen man sich langfristig auf attraktiven Niveaus positionieren könne.