22.11.2024, 08:36 Uhr
Von Juli bis September legte das Bruttoinlandsprodukt zum Vorquartal um 0,1 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt in einer zweiten Schätzung mitteilte. Ende Oktober hatte die Behörde anhand vorläufiger Daten...
Die Anleger setzen zuletzt auf die Widerstandsfähigkeit der US-Wirtschaft und eine anhaltende Expansion der Weltwirtschaft. «Allerdings bleiben die Konjunkturaussichten angesichts des bröckelnden Vertrauens der Unternehmer sehr ungewiss», schreibt Marc-Antoine Collard, Chief Economist – Director of macroeconomic research bei Rothschild & Co Asset Management in seinem Monthly Macro Insights.
In Grossbritannien ist der PMI-Index nach der leichten Erholung der letzten sechs Monate auf 48,6 Punkte eingebrochen, und die Auswirkungen der höheren Zinsen machen sich mehr und mehr bemerkbar. Mehrere Unternehmen haben signalisiert, dass ihre Zuversicht durch das unsichere Wirtschaftswachstum und die hartnäckige Inflation getrübt wird, zumal der Subindex «Auftragseingänge» auf seinen tiefsten Stand seit drei Jahren gesunken ist.
In der Eurozone ist der Vertrauensindex der Europäischen Kommission auf 93,3 Zähler eingebrochen. Dieser Wert wurde zuletzt im 3. Quartal 2022 registriert, als die Sorge um die Energieverknappung nach der russischen Invasion in die Ukraine ihren Höchststand erreicht hatte, und zuvor während der Schuldenkreise in der Eurozone zu Beginn der 2010er Jahre. Diese Verschlechterung spiegelt den Rückgang des PMI-Index auf 47 Punkte und somit den drastischen Einbruch des Vertrauens der Unternehmen im Dienstleistungssektors wider. Mehrere Faktoren sind für den starken Rückgang der Indizes verantwortlich, unter anderem die enttäuschende Wirtschaftsaktivität in China und die zunehmende Bremswirkung der restriktiven Geldpolitik. So verlangsamte sich die Wachstumsdynamik der Kredite an private Haushalte aufgrund der höheren Kreditkosten – insbesondere für Immobilien – erheblich. Auch das Wachstum der Unternehmenskredite blieb im Abwärtstrend. Die jüngste Umfrage der EZB über die Kreditausreichung der Banken zeigte, dass sich die Bedingungen für die Vergabe von Unternehmenskrediten weiter verschärft haben. Gleichzeitig signalisierte eine Rekordzahl an Finanzinstituten einen Rückgang der Kreditnachfrage seitens der Unternehmen.
In China ist zu befürchten, dass die Schwäche des Immobiliensektors auch die restliche Wirtschaft erfassen könnte, auch wenn die Signale aus der Einkaufsmanager-Umfrage vom August nicht eindeutig ausfielen. Das Vertrauen der Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor fiel im Juli laut S&P Global überraschend von 54,1 Punkten auf ein Achtmonatstief von 51,8 Zählern. Gleichzeitig sind die Erwartungen an die künftige Konjunkturentwicklung auf den niedrigsten Stand seit November gesunken. Der Index für das verarbeitende Gewerbe stieg jedoch von 49,2 Punkten im Vormonat auf 51 Zähler und schürt die Hoffnung auf die Rückkehr des Vertrauens und eine regere Wirtschaftsdynamik infolge der in den letzten Wochen angekündigten Ankurbelungsmassnahmen. So hatte die People's Bank of China eine Senkung der Zinsen für Immobilienkredite und der Anforderungen an den Eigenanteil mit dem Ziel beschlossen, die Abschwächung des Immobiliensektors zu bremsen.
Anders als in China und Europa deuten die Konjunkturdaten in den Vereinigten Staaten auf eine widerstandsfähige Wirtschaft hin. Der Konsum blieb im Juli robust, und die Nachfrage nach Arbeitskräften blieb insgesamt positiv, wobei die Schaffung von 187 000 neuen Stellen im August nach 157 000 im Vormonat eine deutliche Zunahme markiert. Dieser Anstieg wäre womöglich noch höher ausgefallen, wenn er nicht durch den Streik in Hollywood und den Konkurs einer grossen Spedition gebremst worden wäre.
Allerdings sank das Vertrauen der Unternehmen im August in den unteren Bereich der für die Zeit nach der Finanzkrise gewohnten Werte und deutet darauf hin, dass die Risiken eines entgegen den Erwartungen niedriger ausfallenden Wachstums gestiegen sind. Darüber hinaus zeigt die jüngste Umfrage der Federal Reserve bei Leitern von Kreditabteilungen, dass ein Grossteil der Banken die Kreditbedingungen für Privathaushalte verschärft hat.
Allerdings kommt der Kreditvergabe eine entscheidende Rolle bei der Stützung des Konsums zu, da die Sparquote der Haushalte stark zurückgegangen ist. In den letzten drei Jahren ist in den USA zudem die Rückzahlung von Studienkrediten in Höhe von insgesamt 1,7 Billionen US-Dollar ausgesetzt worden, was Millionen von Menschen einen finanziellen Spielraum verliehen hat. Seit dem 1. September müssen jedoch wieder die Zinsen gezahlt werden und zudem müssen ab dem 1. Oktober auch fast 43 Millionen Menschen das Kapital zurückzahlen.
Neben den geografischen Diskrepanzen war die Konjunktur von einer sehr markanten sektoriellen Dichotomie geprägt – ein schwaches verarbeitendes Gewerbe und eine robuste Aktivität im Dienstleistungssektor, die dem Optimismus der Anleger in Bezug auf ein widerstandsfähiges globales Wachstum Auftrieb verlieh. Diese Dichotomie schwächte sich im August allerdings aus unterschiedlichen Gründen ab.
Einerseits kamen aus dem Dienstleistungssektor deutliche Anzeichen für eine Verschlechterung, andererseits hielt die Verlangsamung im verarbeitenden Gewerbe an, denn der PMI-Index verharrt seit einem Jahr unter der Marke von 50 Punkten. Die Augustdaten signalisieren jedoch eine Abschwächung der Kontraktion. Die leichte Erholung im August von 48,6 Punkten auf 49 Zähler ist jedoch fast ausschliesslich China zuzuschreiben. Ohne China wäre der PMI-Index für das verarbeitende Gewerbe insgesamt wieder auf ein Niveau gesunken, das mitnichten auf eine Erholung des Sektors hindeutet, zumal die Subindizes für die künftige Produktion und das Verhältnis Neuaufträge zu Lagerbeständen weiterhin auf einem Niveau oszilliert, das eine rückläufige Produktion signalisiert.
Die Anleger sind zwar weiterhin optimistisch in Bezug auf die wirtschaftlichen Aussichten für die nächsten Monate, doch die jüngsten Geschäftsklimaumfragen erhärten – zumindest vorerst –- kein derartiges Szenario.
Wenn sich die Abwärtsrisiken für das Wachstum konkretisieren und so das Szenario einer widerstandsfähigen Weltwirtschaft der Investoren zunichte machen, wie schnell würden die Zentralbanken intervenieren, um die Wirtschaft zu stützen?
Der jüngste Rückgang der Inflation ist ermutigend, beruht aber hauptsächlich auf dem Rückgang der Basiseffekte bei Rohstoffen. Dagegen bleiben die Preise für Dienstleistungen und die Lohninflation hoch und unflexibel. Daher werden die Zentralbanken im Vergleich zu Präzedenzfällen der Vergangenheit womöglich langsamer auf einen Anstieg der Arbeitslosenquoten reagieren – vor allem, um ihre Glaubwürdigkeit zu wahren.
Alles in allem erweist sich das Szenario der Investoren, die von einem relativ schmerzlosen Rückgang der Inflationsraten auf die Ziele der Notenbanken ausgehen, als äusserst ungewiss. Diesbezüglich hat uns die Geschichte eines gezeigt: Anfang der 1980er Jahre sah sich der damalige Fed-Chef Paul Volcker gezwungen, zur Bekämpfung der Inflation die Arbeitslosigkeit zu erhöhen – ein kurzfristiges Opfer für langfristige Gewinne.