30.10.2024, 10:01 Uhr
Im dritten Quartal 2024 wurde so viel Gold gekauft wie noch nie. Das lag vor allem an zwei Käufergruppen. Das zeigen Zahlen des Branchenverbands World Gold Council (WGC).
De Schweiz sieht sich mit einem «unterdurchschnittlichen Wachstum» konfrontiert. Der Inflationsdruck lässt nach, auch in Europa. Zusammen mit der ausgeprägten Zinssenkung in den USA ergibt sich ein günstiges Umfeld für Edelmetall mit neuen Goldpreisrekorden.
Für Edelmetallexperte Christian Brenner, Geschäftsführer philoro Schweiz, hat sich das Umfeld für Edelmetalle in jüngster Zeit vorteilhaft entwickelt. Die Schweiz sei von einem «unterdurchschnittlichen Wachstum» geprägt und die Inflation tiefer als erwartet. Er verweist darauf, dass im zweiten Quartal die Wirtschaft in den USA stärker gewachsen sei als die der Schweiz, dass aber Deutschland eine leichte Schrumpfung seiner Wirtschaft hinnehmen musste. Gebremst werde die Schweizer Exportwirtschaft nach wie vor durch die schwachen Entwicklungen der Weltwirtschaft und den hohen Frankenkurs.
Brenner verweist auf die Leitzinssenkung der Schweizerischen Nationalbank SNB, die dritte Lockerung seit März. «Der Inflationsdruck in der Schweiz ist gegenüber dem Vorquartal nochmals deutlich zurückgegangen. In den nächsten Quartalen können weitere Zinssenkungen erforderlich werden, um die Preisstabilität in der mittleren Frist zu gewährleisten», verlautete die SNB.
Auch in Europa ist die Inflation im August im Euroraum wieder gesunken und liegt mit 2,2 Prozent (nach 2,6% im Juli) neuerlich näher an der angestrebten Zwei-Prozent-Marke. 2023 lag die Inflationsrate im August noch mit 5,2 Prozent deutlich höher. In der gesamten EU wurden von Eurostat 2,4 Prozent für August gemeldet, gegenüber 5,9 Prozent im Vorjahr. Die Europäische Zentralbank senkte die Leitzinsen am 12. September um 25 Basispunkte auf 3,5 Prozent.
Die Vereinigten Staaten konnten nach einem Plus von 2,9 Prozent im Juli den Augustwert der Inflation mit 2,5 Prozent wieder näher an die geforderte Zwei-Prozent-Marke bringen. Im Mittelpunkt des Interesses stand im Monat September die lang erwartete Zins-Entscheidung der US-Notenbank Fed. Die Senkung der US-Leitzinsen am 18. September um 0,5 Prozentpunkte auf 4,75 bis 5 Prozent ist dann doch kräftiger ausgefallen, als von manchen Beobachtern erwartet.
Die Börse reagierte mit Kurssprüngen, 10-jährige US-Staatsanleihen blieben verhalten, der Goldpreis zog heftig an. Notenbankchef Jerome Powell hatte auch mit Blick auf das Doppelmandat der Fed darauf verwiesen, dass sich die Notenbank angesichts der Fortschritte im Kampf gegen die Teuerungswelle nicht mehr zu «100 Prozent» auf die Inflation fokussieren müsse. Die Zentralbank soll neben Preisstabilität auch Vollbeschäftigung fördern.
Für Brenner bilden diese Konjunkturdaten ein gutes Umfeld für Edelmetalle. Mitangetrieben durch die Zinssenkungen der Zentralbanken hat der September denn auch zu einem neuerlichen Höhenflug beim Goldpreis geführt. Am 26. September notierte Gold mit 2'676.86 US-Dollar pro Unze, fast 40 Prozent mehr als im Vorjahr (1'915,94 US-Dollar). In Euro sind das 2'399.42, fast 33 Prozent mehr als 2023. Am 20. September stieg der Goldpreis in Schweizer Franken auf einen vorläufigen Rekordwert von 2'230.69. Mit dem Goldpreis gibt es eine Rallye anderer Rohstoffwerte, die auf die steigende Nachfrage aus China zurückgeführt wird, ausgelöst durch Zinssenkungen der People’s Bank of China.
Nach Aussagen des World Gold Council (WGC) ist die Nachfrage nach Gold in China weiter gestiegen. Die börsennotierten Goldfonds verzeichneten im zweiten Quartal einen Zufluss von 25 Tonnen. Investitionen in Goldmünzen und -barren erhöhten sich im zweiten Quartal auf 80 Tonnen und lagen damit um 62 Prozent über dem Vorjahreswert. Die Senkung der Leitzinsen und das angekündigte Konjunkturpaket der chinesischen Institutionen scheinen zusätzliche Effekte für den Goldankauf in China zu geben. Sowohl an den Aktien-Börsen gab es einen neuen Rekord, auch die Nachfrage nach Gold nahm deutlich zu.
Gemäss den internen Statistiken des Edelmetallhändlers philoro ist in der Schweiz die Zahl an Kunden, die Gold in physischer Form kaufen und verkaufen, bereits über einen längeren Zeitraum hinweg mehrheitlich ausgeglichen. Weil die Schweizer Händler von Privatkunden derzeit viele Münzen und Barren aus Gold ankaufen, müssen sie weniger Neuware bestellen. In der Statistik des World Gold Council, das nur den Bedarf nach Neuware berücksichtigt, wurde im zweiten Quartal dieses Jahres in der Schweiz deshalb ein Rückgang des Bedarfs um 37 Prozent gegenüber dem Vorjahr ausgewiesen. Der Bedarf nach Neuware betrug hierzulande demnach 5,1 Tonnen.