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Nachhaltigkeit wird immer mehr zum Standard

René Nicolodi, Leiter Satellite Solutions Asset Management bei der ZKB
René Nicolodi, Leiter Satellite Solutions Asset Management bei der ZKB

Immer mehr Grossanleger integrieren ESG-Kriterien in ihre Anlagestrategien. Auch auf Kundenseite steigt die Nachfrage nach nachhaltigen Anlagelösungen ständig an.

02.02.2015, 08:59 Uhr

Von René Nicolodi*

Kritiker nachhaltiger Anlagestrategien werden nicht müde, das Verschwinden dieser Anlagekategorie vom Markt zu prophezeien. Nachteile bei Risiko und Rendite sind oft die Hauptargumente. Dem gegenüber steht die Tatsache, dass in Europa und neuerdings auch in Amerika das Volumen nachhaltiger Anlagen mit hohen zweistelligen Wachstumsraten zugenommen hat – in der Schweiz in den letzten zehn Jahren von etwa 3 Mrd. CHF auf über 56 Mrd. CHF. Das ist weit schneller als der traditionelle Investmentmarkt. Folglich ist neben den bestehenden traditionellen Produkten ein breites Angebot an nachhaltigen Anlagelösungen entstanden. Natürlich stellt sich die Frage, ob dieser positive Trend weiterhin anzuhalten vermag.

70% wenden ESG-Aspekte bei Mandatsvergabe an
Die UN-Initiative Principles for Responsible Investment (UNPRI) bejaht dies in ihrem Jahresbericht 2014 klar. Zur Initiative bekennen sich heute mehr als 1300 Grossanleger mit total 45 Billionen USD verwalteten Vermögen. Aus dem Bericht gehen drei Kernargumente für nachhaltige Anlagen hervor: Erstens habe sich die Berücksichtigung von Umwelt-, Sozial-und Governance-Kriterien (ESG) bei der Vergabe von externen Mandaten institutioneller Investoren zunehmend zum Standard entwickelt. Immerhin wenden mittlerweile knapp 70% der UNPRI-Investoren, hauptsächlich ausländische Pensionskassen, ESG-Aspekte bei der Auswahl ihrer Vermögensverwalter an.

Zweitens habe sich im akademischen Bereich zunehmend die Meinung etabliert, dass eine Integration von ESG-Aspekten eine logische Weiterentwicklung von professionellen und gut strukturierten Anlageprozessen darstellt. Empirische Studien zeigen, dass eine ESG-Integration das Rendite-/Risikoverhältnis auf Unternehmens- und Portfolioebene positiv beeinflussen kann. Wichtig ist dabei das Zusammenspiel einer optimalen Integration von ESG-Faktoren und weiteren ökonomischen Entscheidungsfaktoren.

Drittens unterstreicht das zu Beginn erwähnte Volumenwachstum in nachhaltige Anlagestrategien das Bedürfnis auf Kundenseite. Laut einer nationalen Umfrage bei Versicherten wünschen sich diese eine stärkere Berücksichtigung von ESG-Aspekten mit finanzieller Relevanz in der Anlagestrategie und möchten transparent darüber informiert werden.

Regulatorische Anforderungen nehmen zu
Einen weiteren Effekt auf die Ausrichtung von Anlagestrategien in Richtung Nachhaltigkeit stellt die Erkenntnis dar, dass langfristige gesellschaftliche Herausforderungen – allen voran der Klimawandel und die Ressourcen-Problematik – zwingend aus einer globalen marktwirtschaftlichen Perspektive heraus angegangen werden müssen. So nehmen auf nationaler und internationaler Ebene regulatorische Anforderungen für Unternehmen und institutionelle Investoren zu, um mehr Transparenz bezüglich ESG-Faktoren herzustellen.

Die bessere Verfügbarkeit quantitativer Daten zu ESG-Aspekten erlaubt heute auch deren Anwendung bei der Konstruktion von indexierten oder indexnahen nachhaltigen Anlagelösungen, was mit dem Wunsch von Investoren nach kosteneffizienten Lösungen und dem daraus folgenden Passivierungstrend vereinbar ist. Aber auch aktive Vermögensverwalter können mit ESG-Information in verschiedenen Anlagekategorien Chancen und Risiken erkennen und sich mit aktiven Anlageentscheiden entsprechend positionieren: Wer will schon nicht in Unternehmen investieren, die zukunftsträchtige Technologien entwickeln? Umgekehrt führt die Verletzung von Menschenrechten oder Verwicklung in Korruption zu Risiken, für die ein Investor nicht entschädigt wird.

ESG-Informationen werden nicht effizient verarbeitet
Es kann angenommen werden, dass ESG-Informationen heute am Markt nicht effizient verarbeitet werden, damit mittel- und langfristig Mehrwert geschaffen werden kann. Voraussetzung für die erfolgreiche Verarbeitung von ESG-Information in Anlageentscheide ist aber eine langjährige Erfahrung sowie ein damit verbundenes Verständnis für ESG-Daten und deren Einfluss auf Unternehmens- und Portfolioebene. Ohne dieses interne Fachwissen stellt die Integration von ESG-Daten in den Anlageprozesse oft eine reine Marketingübung dar. Externe Ratingagenturen sind bisher kaum in der Lage, diese firmenspezifische Information zur Verfügung zu stellen.

Das Verständnis von Nachhaltigkeit ist und war aus kulturellen und historischen Gründen schon immer subjektiv geprägt. Die vorangehenden Ausführungen zeigen aber, dass erfahrene Anbieter von nachhaltigen Anlagelösungen sich heute viel flexibler an individuellen Investorenbedürfnissen ausrichten. Die Zeit der nachhaltigen Anlagen dürfte also noch lange nicht abgelaufen sein, auch wenn sich die Grenze zwischen sogenannten nachhaltigen Anlagestrategien als separatem Anlagebereich und den restlichen traditionellen Anlagestrategien zukünftig verwischen dürfte.

* Der Autor ist Leiter Satellite Solutions Asset Management bei der Zürcher Kantonalbank.

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